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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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Von der ursprünglichen Gleichheit
welcher ihre Gesandten den königlichen gleich behandelt
werden, zugestanden.

Es fragt sich übrigens: welchen Rang ein Staat
einnehmen müsse, welcher aus der Monarchie in eine
Republick und umgekehrt verwandelt worden ist? Da
die Regierungsform in Rücksicht der äussern Verhältnisse
einige Rechte weder geben noch nehmen kan, so wird er
füglich seinen alten Platz behaupten d]. Das that auch
England, als es unter Cronwell eine Art von Repulick
formirte e]. Doch dürfte heutzutage, bey dem durch das
Herkommen einmal eingeführten Grundsatze, daß die
Republicken den Monarchien weichen, vielleicht darüber
Streit entstehen. Ickstadt glaubt daher auch, daß eine
Republick, welche einen Monarchen bekomt, den übri-
gen Republicken nunmehr vorgehn müsse f].

Warum ein Erbreich dem Wahlreiche vorgehn solte,
sehe ich keinen Grund. Gleichwohl scheint Real dieser
Meinung zu seyn, indem er, bey Gelegenheit des kaiser-
lichen Ranges äussert, daß der Kaiser ein Wahlfürst
sey, welcher eigentlich schon aus diesem einzigen Grunde
mit einem Erbfürsten von gleicher Würde keinen Rang-
streit haben solte.

Die mehr oder minder eingeschränkte Gewalt, wor-
auf einige Nazionen und Schriftsteller sich beziehen, und
den Souverainen, welche damit begabt sind, darum einen
höhern Rang anweisen, weil sie Gott am nächsten kom-
men, giebt dem Regenten zwar ein größeres Ansehn und
mehrere Rechte gegen die Unterthanen; aber der Rang
ist nicht nach den Gerechtsamen des Regenten über seinen
Staat, sondern nach den Verhältnissen gegen Auswär-
tige zu beurteilen.

Von gleichem Werth ist der Grund des Vorranges,
den man aus dem Ansehn der Stände nimt, welche ein
Regent beherscht. Er diente hauptsächlich um den Vor-
rang des römischen Kaisers zu bestärken, weil die teut-

schen

Von der urſpruͤnglichen Gleichheit
welcher ihre Geſandten den koͤniglichen gleich behandelt
werden, zugeſtanden.

Es fragt ſich uͤbrigens: welchen Rang ein Staat
einnehmen muͤſſe, welcher aus der Monarchie in eine
Republick und umgekehrt verwandelt worden iſt? Da
die Regierungsform in Ruͤckſicht der aͤuſſern Verhaͤltniſſe
einige Rechte weder geben noch nehmen kan, ſo wird er
fuͤglich ſeinen alten Platz behaupten d]. Das that auch
England, als es unter Cronwell eine Art von Repulick
formirte e]. Doch duͤrfte heutzutage, bey dem durch das
Herkommen einmal eingefuͤhrten Grundſatze, daß die
Republicken den Monarchien weichen, vielleicht daruͤber
Streit entſtehen. Ickſtadt glaubt daher auch, daß eine
Republick, welche einen Monarchen bekomt, den uͤbri-
gen Republicken nunmehr vorgehn muͤſſe f].

Warum ein Erbreich dem Wahlreiche vorgehn ſolte,
ſehe ich keinen Grund. Gleichwohl ſcheint Real dieſer
Meinung zu ſeyn, indem er, bey Gelegenheit des kaiſer-
lichen Ranges aͤuſſert, daß der Kaiſer ein Wahlfuͤrſt
ſey, welcher eigentlich ſchon aus dieſem einzigen Grunde
mit einem Erbfuͤrſten von gleicher Wuͤrde keinen Rang-
ſtreit haben ſolte.

Die mehr oder minder eingeſchraͤnkte Gewalt, wor-
auf einige Nazionen und Schriftſteller ſich beziehen, und
den Souverainen, welche damit begabt ſind, darum einen
hoͤhern Rang anweiſen, weil ſie Gott am naͤchſten kom-
men, giebt dem Regenten zwar ein groͤßeres Anſehn und
mehrere Rechte gegen die Unterthanen; aber der Rang
iſt nicht nach den Gerechtſamen des Regenten uͤber ſeinen
Staat, ſondern nach den Verhaͤltniſſen gegen Auswaͤr-
tige zu beurteilen.

Von gleichem Werth iſt der Grund des Vorranges,
den man aus dem Anſehn der Staͤnde nimt, welche ein
Regent beherſcht. Er diente hauptſaͤchlich um den Vor-
rang des roͤmiſchen Kaiſers zu beſtaͤrken, weil die teut-

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[208[210]/0236] Von der urſpruͤnglichen Gleichheit welcher ihre Geſandten den koͤniglichen gleich behandelt werden, zugeſtanden. Es fragt ſich uͤbrigens: welchen Rang ein Staat einnehmen muͤſſe, welcher aus der Monarchie in eine Republick und umgekehrt verwandelt worden iſt? Da die Regierungsform in Ruͤckſicht der aͤuſſern Verhaͤltniſſe einige Rechte weder geben noch nehmen kan, ſo wird er fuͤglich ſeinen alten Platz behaupten d]. Das that auch England, als es unter Cronwell eine Art von Repulick formirte e]. Doch duͤrfte heutzutage, bey dem durch das Herkommen einmal eingefuͤhrten Grundſatze, daß die Republicken den Monarchien weichen, vielleicht daruͤber Streit entſtehen. Ickſtadt glaubt daher auch, daß eine Republick, welche einen Monarchen bekomt, den uͤbri- gen Republicken nunmehr vorgehn muͤſſe f]. Warum ein Erbreich dem Wahlreiche vorgehn ſolte, ſehe ich keinen Grund. Gleichwohl ſcheint Real dieſer Meinung zu ſeyn, indem er, bey Gelegenheit des kaiſer- lichen Ranges aͤuſſert, daß der Kaiſer ein Wahlfuͤrſt ſey, welcher eigentlich ſchon aus dieſem einzigen Grunde mit einem Erbfuͤrſten von gleicher Wuͤrde keinen Rang- ſtreit haben ſolte. Die mehr oder minder eingeſchraͤnkte Gewalt, wor- auf einige Nazionen und Schriftſteller ſich beziehen, und den Souverainen, welche damit begabt ſind, darum einen hoͤhern Rang anweiſen, weil ſie Gott am naͤchſten kom- men, giebt dem Regenten zwar ein groͤßeres Anſehn und mehrere Rechte gegen die Unterthanen; aber der Rang iſt nicht nach den Gerechtſamen des Regenten uͤber ſeinen Staat, ſondern nach den Verhaͤltniſſen gegen Auswaͤr- tige zu beurteilen. Von gleichem Werth iſt der Grund des Vorranges, den man aus dem Anſehn der Staͤnde nimt, welche ein Regent beherſcht. Er diente hauptſaͤchlich um den Vor- rang des roͤmiſchen Kaiſers zu beſtaͤrken, weil die teut- ſchen

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 208[210]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/236>, abgerufen am 21.11.2024.