Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.Von der ursprünglichen Gleichheit §. 15. b]. Stilschweigende Verträge. Der Existenz stilschweigender Verträge ist schon in Die meisten europäischen Nazionen haben den Besitz Der heutige Besitz des Ranges unter den Mächten in Der Besitz ist auch, obgedachtermassen, der einzige Staats,
Von der urſpruͤnglichen Gleichheit §. 15. b]. Stilſchweigende Vertraͤge. Der Exiſtenz ſtilſchweigender Vertraͤge iſt ſchon in Die meiſten europaͤiſchen Nazionen haben den Beſitz Der heutige Beſitz des Ranges unter den Maͤchten in Der Beſitz iſt auch, obgedachtermaſſen, der einzige Staats,
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Von der urſpruͤnglichen Gleichheit
§. 15.
b]. Stilſchweigende Vertraͤge.
Der Exiſtenz ſtilſchweigender Vertraͤge iſt ſchon in
der Einleitung einige Erwaͤhnung geſchehen, und ſie ſoll
bey der Materie von Vertraͤgen noch einleuchtender gezeigt
werden. Auf dieſe komt bey dem Range das meiſte an.
Die ſtilſchweigende Einwilligung muß hierbey iedoch, wie
in allen Faͤllen deutlich und keiner andern Auslegung un-
terworfen ſeyn. Wenn z. B. ein Regent, welcher weiß
und ſieht, daß ein anderer von Natur ihm Gleicher einen
Vorrang uͤber ihn ſucht und einnimmt, dazu ſtilſchweigt,
und ſeine Rechte der Gleichheit durch nichts ſicherſtellt,
welches er doch thun konte und ſolte, iſt da wohl an deſſen
Einwilligung zu zweifeln? Ein durch Gewalt oder Liſt —
deren man ſich hierbey zu bedienen ehemals kein Beden-
ken trug a] — erlangter Beſitz hingegen kan keinesweges
ein Recht hervorbringen.
Die meiſten europaͤiſchen Nazionen haben den Beſitz
auch als den Hauptgrund des Vorranges angeſehn. Die
franzoͤſiſchen Geſandten gaben auf dem Niemwegiſchen
Friedenskongreß den uͤbrigen zu erkennen, daß es bey
dem Ceremoniel nicht auf Raiſon, Macht und Wuͤrde,
ſondern einig und allein auf den Beſitz ankomme, und
die ſchwediſche Mediateurs aͤuſſerten beim Ryßwikiſchen
Frieden ein Gleiches b].
Der heutige Beſitz des Ranges unter den Maͤchten in
Europa ſchreibt ſich groſſenteils noch von den ehemaligen
Kirchenverſamlungen her. Der daſelbſt, nach den Ver-
dienſten um die Kirche und dem Erkentnis des Papſtes,
genommene Sitz ward ſehr oft auch bey andern Gelegen-
heiten beobachtet, woraus durch mehrmalige Wiederho-
lung nach und nach ein Beſitzrecht entſtand.
Der Beſitz iſt auch, obgedachtermaſſen, der einzige
rechtmaͤſſige Entſcheidungsgrund bey dem Range eines
Staats,
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