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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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Von der ursprünglichen Gleichheit
§. 21.
Spanien.

Dieses Reich verlangte ehemals den Rang vor allen
christlichen Nazionen. Besonders hatte es mit Frank-
reich unaufhörliche Rangstreitigkeiten. Spanien gründe-
te sich zwar, besonders unter Kaiser Karl V. auf die
Größe der Monarchie und die Vielheit der Königreiche,
die so weitläuftig wären, daß auch die Sonne nie dar-
inn unterginge; auf den von Papst Alexander VI. dem
Könige Ferdinand I. und seinen Nachfolgern ertheilten
Titel eines catholischen Königs; auf Kaiser Maxi-
milians, als Haupt der Christenheit, Entscheidung zu
Spaniens Vorteil und auf den Besitz zu der Könige
Karl I. und Philip II. Zeiten. Allein Frankreich wolte
diese Gründe nicht gelten lassen und es kam daher zwi-
schen den beiderseitigen Gesandten mehrmalen zu blutigen
Auftritten, weil ieder den Rang mit Gewalt zu behaup-
ten suchte.

Als in der Folge die Kron Spanien in Philip V.
an einen Prinzen aus dem Hause Burbon gelangte, such-
ten beide Theile alle Rangstreitigkeiten möglichst zu ver-
meiden. So nahm z. B. 1726 der französische Bot-
schafter in Wien an eben dem Tage seine Abschieds-Au-
dienz, als der Spanische seinen Einzug hielt, und 1742
auf dem Wahltage zu Frankfurt reißte der spanische Ge-
sandte, um den Rangstreitigkeiten mit dem französischen
bey den Krönungsfeierlichkeiten auszuweichen, unter
einem schicklichen Vorwande weg a]. Im Jahr 1761
erfolgte endlich der in folgendem §. zu erwähnende Ver-
gleich.

a] Mosers Versuch des europ. V. R. 1. B. 3. K. §. 6.
S. 55.
*] Crustus, L. III. c. 4. p. 415. c. 5. p. 451. Stosch, S.
383. Zwanzig, 1. Th. Tit. 5. Europäischer Herold,
Von der urſpruͤnglichen Gleichheit
§. 21.
Spanien.

Dieſes Reich verlangte ehemals den Rang vor allen
chriſtlichen Nazionen. Beſonders hatte es mit Frank-
reich unaufhoͤrliche Rangſtreitigkeiten. Spanien gruͤnde-
te ſich zwar, beſonders unter Kaiſer Karl V. auf die
Groͤße der Monarchie und die Vielheit der Koͤnigreiche,
die ſo weitlaͤuftig waͤren, daß auch die Sonne nie dar-
inn unterginge; auf den von Papſt Alexander VI. dem
Koͤnige Ferdinand I. und ſeinen Nachfolgern ertheilten
Titel eines catholiſchen Koͤnigs; auf Kaiſer Maxi-
milians, als Haupt der Chriſtenheit, Entſcheidung zu
Spaniens Vorteil und auf den Beſitz zu der Koͤnige
Karl I. und Philip II. Zeiten. Allein Frankreich wolte
dieſe Gruͤnde nicht gelten laſſen und es kam daher zwi-
ſchen den beiderſeitigen Geſandten mehrmalen zu blutigen
Auftritten, weil ieder den Rang mit Gewalt zu behaup-
ten ſuchte.

Als in der Folge die Kron Spanien in Philip V.
an einen Prinzen aus dem Hauſe Burbon gelangte, ſuch-
ten beide Theile alle Rangſtreitigkeiten moͤglichſt zu ver-
meiden. So nahm z. B. 1726 der franzoͤſiſche Bot-
ſchafter in Wien an eben dem Tage ſeine Abſchieds-Au-
dienz, als der Spaniſche ſeinen Einzug hielt, und 1742
auf dem Wahltage zu Frankfurt reißte der ſpaniſche Ge-
ſandte, um den Rangſtreitigkeiten mit dem franzoͤſiſchen
bey den Kroͤnungsfeierlichkeiten auszuweichen, unter
einem ſchicklichen Vorwande weg a]. Im Jahr 1761
erfolgte endlich der in folgendem §. zu erwaͤhnende Ver-
gleich.

a] Moſers Verſuch des europ. V. R. 1. B. 3. K. §. 6.
S. 55.
*] Cruſtus, L. III. c. 4. p. 415. c. 5. p. 451. Stoſch, S.
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[230/0256] Von der urſpruͤnglichen Gleichheit §. 21. Spanien. Dieſes Reich verlangte ehemals den Rang vor allen chriſtlichen Nazionen. Beſonders hatte es mit Frank- reich unaufhoͤrliche Rangſtreitigkeiten. Spanien gruͤnde- te ſich zwar, beſonders unter Kaiſer Karl V. auf die Groͤße der Monarchie und die Vielheit der Koͤnigreiche, die ſo weitlaͤuftig waͤren, daß auch die Sonne nie dar- inn unterginge; auf den von Papſt Alexander VI. dem Koͤnige Ferdinand I. und ſeinen Nachfolgern ertheilten Titel eines catholiſchen Koͤnigs; auf Kaiſer Maxi- milians, als Haupt der Chriſtenheit, Entſcheidung zu Spaniens Vorteil und auf den Beſitz zu der Koͤnige Karl I. und Philip II. Zeiten. Allein Frankreich wolte dieſe Gruͤnde nicht gelten laſſen und es kam daher zwi- ſchen den beiderſeitigen Geſandten mehrmalen zu blutigen Auftritten, weil ieder den Rang mit Gewalt zu behaup- ten ſuchte. Als in der Folge die Kron Spanien in Philip V. an einen Prinzen aus dem Hauſe Burbon gelangte, ſuch- ten beide Theile alle Rangſtreitigkeiten moͤglichſt zu ver- meiden. So nahm z. B. 1726 der franzoͤſiſche Bot- ſchafter in Wien an eben dem Tage ſeine Abſchieds-Au- dienz, als der Spaniſche ſeinen Einzug hielt, und 1742 auf dem Wahltage zu Frankfurt reißte der ſpaniſche Ge- ſandte, um den Rangſtreitigkeiten mit dem franzoͤſiſchen bey den Kroͤnungsfeierlichkeiten auszuweichen, unter einem ſchicklichen Vorwande weg a]. Im Jahr 1761 erfolgte endlich der in folgendem §. zu erwaͤhnende Ver- gleich. a] Moſers Verſuch des europ. V. R. 1. B. 3. K. §. 6. S. 55. *] Cruſtus, L. III. c. 4. p. 415. c. 5. p. 451. Stoſch, S. 383. Zwanzig, 1. Th. Tit. 5. Europaͤiſcher Herold, 2.

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/256>, abgerufen am 24.11.2024.