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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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Von der ursprünglichen Gleichheit
yen gebührt. Roussets Behauptung ist daher nicht ganz
richtig, wenn er sagt, daß aller ehemaliger Streit dieses
Hauses entschieden sey, nachdem es 1720 das Königreich
Sardinien erlangt habe. Beide Eigenschaften sind zwar
in der Person des Königs vereinigt, so daß sich die Ver-
schiedenheit nicht bey allen Handlungen genau bestimmen
läßt, doch sind auch Fälle möglich, wo besonders dessen
Gesandte blos als herzoglich savoysche betrachtet werden
müssen z. B. auf den teutschen Reichstagen etc. Hier ist
die Rede blos von dem Königreich Sardinien.

Rousset glaubt, daß es als ein neues Königreich vor
keiner Krone den Rang verlangen könne, weil die regie-
rende Familie ehemals nur den königlichen Titel in gewis-
sem Betracht geführt hatte. Einen Vorrang vor andern
Königen zu behaupten wird Sardinien selbst sich wohl
nicht beigehn lassen, die Gleichheit mit ihnen kan man
demselben aber mit Recht schwerlich absprechen.

Als Sardinien indes 1748 dem Aachner Frieden bei-
trat, ward in den Accessions- und Acceptationsurkunden
mit der Kaiserin-Königin in Ungarn und Böhmen
zwar gewechselt, weil dies aber zwischen den übrigen
Mächten, nämlich Frankreich, Grosbritannien und Spa-
nien in Rücksicht Sardiniens nicht war beobachtet wor-
den; so traten die Kaiserlich-Königlichen Minister nach-
her unterm 6. December mit einer Declaration und Ver-
wahrung hervor, daß diese ihre Alternation mit Sardi-
nien zu ganz und gar keiner Folge gereichen möge, weil
die Kaiserin-Königin von Ungarn und Böhmen dieselbe
blos zu Beschleunigung des Friedensgeschäfts beliebt habe.
Allein Sardinien erklärte diese Declaration, zumal da
man vorher nichts erinnert hätte, in einer Gegennote vom
9. December für null und nichtig, indem diese Abwech-
selung gar nichts Ausserordentliches, sondern dem Herkom-
men mehrerer Tractaten gemäs sey. Kaiserl. Königlicher
Seits äusserte man unterm 11. December noch, daß

die

Von der urſpruͤnglichen Gleichheit
yen gebuͤhrt. Rouſſets Behauptung iſt daher nicht ganz
richtig, wenn er ſagt, daß aller ehemaliger Streit dieſes
Hauſes entſchieden ſey, nachdem es 1720 das Koͤnigreich
Sardinien erlangt habe. Beide Eigenſchaften ſind zwar
in der Perſon des Koͤnigs vereinigt, ſo daß ſich die Ver-
ſchiedenheit nicht bey allen Handlungen genau beſtimmen
laͤßt, doch ſind auch Faͤlle moͤglich, wo beſonders deſſen
Geſandte blos als herzoglich ſavoyſche betrachtet werden
muͤſſen z. B. auf den teutſchen Reichstagen ꝛc. Hier iſt
die Rede blos von dem Koͤnigreich Sardinien.

Rouſſet glaubt, daß es als ein neues Koͤnigreich vor
keiner Krone den Rang verlangen koͤnne, weil die regie-
rende Familie ehemals nur den koͤniglichen Titel in gewiſ-
ſem Betracht gefuͤhrt hatte. Einen Vorrang vor andern
Koͤnigen zu behaupten wird Sardinien ſelbſt ſich wohl
nicht beigehn laſſen, die Gleichheit mit ihnen kan man
demſelben aber mit Recht ſchwerlich abſprechen.

Als Sardinien indes 1748 dem Aachner Frieden bei-
trat, ward in den Acceſſions- und Acceptationsurkunden
mit der Kaiſerin-Koͤnigin in Ungarn und Boͤhmen
zwar gewechſelt, weil dies aber zwiſchen den uͤbrigen
Maͤchten, naͤmlich Frankreich, Grosbritannien und Spa-
nien in Ruͤckſicht Sardiniens nicht war beobachtet wor-
den; ſo traten die Kaiſerlich-Koͤniglichen Miniſter nach-
her unterm 6. December mit einer Declaration und Ver-
wahrung hervor, daß dieſe ihre Alternation mit Sardi-
nien zu ganz und gar keiner Folge gereichen moͤge, weil
die Kaiſerin-Koͤnigin von Ungarn und Boͤhmen dieſelbe
blos zu Beſchleunigung des Friedensgeſchaͤfts beliebt habe.
Allein Sardinien erklaͤrte dieſe Declaration, zumal da
man vorher nichts erinnert haͤtte, in einer Gegennote vom
9. December fuͤr null und nichtig, indem dieſe Abwech-
ſelung gar nichts Auſſerordentliches, ſondern dem Herkom-
men mehrerer Tractaten gemaͤs ſey. Kaiſerl. Koͤniglicher
Seits aͤuſſerte man unterm 11. December noch, daß

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[238/0264] Von der urſpruͤnglichen Gleichheit yen gebuͤhrt. Rouſſets Behauptung iſt daher nicht ganz richtig, wenn er ſagt, daß aller ehemaliger Streit dieſes Hauſes entſchieden ſey, nachdem es 1720 das Koͤnigreich Sardinien erlangt habe. Beide Eigenſchaften ſind zwar in der Perſon des Koͤnigs vereinigt, ſo daß ſich die Ver- ſchiedenheit nicht bey allen Handlungen genau beſtimmen laͤßt, doch ſind auch Faͤlle moͤglich, wo beſonders deſſen Geſandte blos als herzoglich ſavoyſche betrachtet werden muͤſſen z. B. auf den teutſchen Reichstagen ꝛc. Hier iſt die Rede blos von dem Koͤnigreich Sardinien. Rouſſet glaubt, daß es als ein neues Koͤnigreich vor keiner Krone den Rang verlangen koͤnne, weil die regie- rende Familie ehemals nur den koͤniglichen Titel in gewiſ- ſem Betracht gefuͤhrt hatte. Einen Vorrang vor andern Koͤnigen zu behaupten wird Sardinien ſelbſt ſich wohl nicht beigehn laſſen, die Gleichheit mit ihnen kan man demſelben aber mit Recht ſchwerlich abſprechen. Als Sardinien indes 1748 dem Aachner Frieden bei- trat, ward in den Acceſſions- und Acceptationsurkunden mit der Kaiſerin-Koͤnigin in Ungarn und Boͤhmen zwar gewechſelt, weil dies aber zwiſchen den uͤbrigen Maͤchten, naͤmlich Frankreich, Grosbritannien und Spa- nien in Ruͤckſicht Sardiniens nicht war beobachtet wor- den; ſo traten die Kaiſerlich-Koͤniglichen Miniſter nach- her unterm 6. December mit einer Declaration und Ver- wahrung hervor, daß dieſe ihre Alternation mit Sardi- nien zu ganz und gar keiner Folge gereichen moͤge, weil die Kaiſerin-Koͤnigin von Ungarn und Boͤhmen dieſelbe blos zu Beſchleunigung des Friedensgeſchaͤfts beliebt habe. Allein Sardinien erklaͤrte dieſe Declaration, zumal da man vorher nichts erinnert haͤtte, in einer Gegennote vom 9. December fuͤr null und nichtig, indem dieſe Abwech- ſelung gar nichts Auſſerordentliches, ſondern dem Herkom- men mehrerer Tractaten gemaͤs ſey. Kaiſerl. Koͤniglicher Seits aͤuſſerte man unterm 11. December noch, daß die

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/264>, abgerufen am 24.11.2024.