Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.und dem eingeführten Range der Nazionen. für eine von ersterm eroberte Provinz ansehn, welchedemienigen Kaiser gehorchen müsse, welchen die Kurfür- sten des teutschen Reichs erwählen. Die italiänischen Fürsten hingegen geben Italien für den edlern Theil des römisch-teutschen Reichs und für den Sitz des Kaiser- thums aus, indem die Beherscher desselben wegen Ita- lien römische Kaiser, wegen Teutschland aber nur teut- sche Könige genant würden. Indes kommen derglei- chen Rangstreitigkeiten dermalen wenig mehr vor, da einige italiänische Häuser gänzlich ausgestorben und ihre Lande an Regenten höhern Ranges gekommen sind, ande- re selbst eine höhere Würde erlangt haben, und die Gele- genheiten dazu überhaupt selten Statt finden. Ich will daher nur etwas weniges von den gegenwärtig noch regie- renden fürstlichen Häusern in Italien anführen. 1] Savoyen a], welches dermalen zugleich die Wür- Den Kurfürsten wolte es auf dem westphälischen Mit noch größerm Rechte glaubt Savoyen den teut- Reichs- R 5
und dem eingefuͤhrten Range der Nazionen. fuͤr eine von erſterm eroberte Provinz anſehn, welchedemienigen Kaiſer gehorchen muͤſſe, welchen die Kurfuͤr- ſten des teutſchen Reichs erwaͤhlen. Die italiaͤniſchen Fuͤrſten hingegen geben Italien fuͤr den edlern Theil des roͤmiſch-teutſchen Reichs und fuͤr den Sitz des Kaiſer- thums aus, indem die Beherſcher deſſelben wegen Ita- lien roͤmiſche Kaiſer, wegen Teutſchland aber nur teut- ſche Koͤnige genant wuͤrden. Indes kommen derglei- chen Rangſtreitigkeiten dermalen wenig mehr vor, da einige italiaͤniſche Haͤuſer gaͤnzlich ausgeſtorben und ihre Lande an Regenten hoͤhern Ranges gekommen ſind, ande- re ſelbſt eine hoͤhere Wuͤrde erlangt haben, und die Gele- genheiten dazu uͤberhaupt ſelten Statt finden. Ich will daher nur etwas weniges von den gegenwaͤrtig noch regie- renden fuͤrſtlichen Haͤuſern in Italien anfuͤhren. 1] Savoyen a], welches dermalen zugleich die Wuͤr- Den Kurfuͤrſten wolte es auf dem weſtphaͤliſchen Mit noch groͤßerm Rechte glaubt Savoyen den teut- Reichs- R 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0291" n="265"/><fw place="top" type="header">und dem eingefuͤhrten Range der Nazionen.</fw><lb/> fuͤr eine von erſterm eroberte Provinz anſehn, welche<lb/> demienigen Kaiſer gehorchen muͤſſe, welchen die Kurfuͤr-<lb/> ſten des teutſchen Reichs erwaͤhlen. Die italiaͤniſchen<lb/> Fuͤrſten hingegen geben Italien fuͤr den edlern Theil des<lb/> roͤmiſch-teutſchen Reichs und fuͤr den Sitz des Kaiſer-<lb/> thums aus, indem die Beherſcher deſſelben wegen Ita-<lb/> lien <hi rendition="#fr">roͤmiſche Kaiſer</hi>, wegen Teutſchland aber nur <hi rendition="#fr">teut-<lb/> ſche Koͤnige</hi> genant wuͤrden. Indes kommen derglei-<lb/> chen Rangſtreitigkeiten dermalen wenig mehr vor, da<lb/> einige italiaͤniſche Haͤuſer gaͤnzlich ausgeſtorben und ihre<lb/> Lande an Regenten hoͤhern Ranges gekommen ſind, ande-<lb/> re ſelbſt eine hoͤhere Wuͤrde erlangt haben, und die Gele-<lb/> genheiten dazu uͤberhaupt ſelten Statt finden. Ich will<lb/> daher nur etwas weniges von den gegenwaͤrtig noch regie-<lb/> renden fuͤrſtlichen Haͤuſern in Italien anfuͤhren.</p><lb/> <p>1] <hi rendition="#fr">Savoyen</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">a</hi></hi>], welches dermalen zugleich die Wuͤr-<lb/> de eines Koͤnigs von Sardinien bekleidet, hatte, wie<lb/> obgedacht, ehemals haͤufige Rangſtreitigkeiten mit der<lb/> Republick Venedig, die aber itzt wegfallen.</p><lb/> <p>Den Kurfuͤrſten wolte es auf dem weſtphaͤliſchen<lb/> Friedenskongres und oͤfters, hauptſaͤchlich in Ruͤckſicht<lb/> ſeiner Anſpruͤche auf das Koͤnigreich Cypern, weshalb<lb/> es auch den Titel: <hi rendition="#fr">koͤnigliche Hoheit</hi> annahm und an<lb/> den meiſten europaͤiſchen Hoͤfen koͤnigliche Ehren erhielt,<lb/> vorgehn. Endlich verglichen ſich beide Theile 1666 in<lb/> beſondern Vertraͤgen dahin, daß die Kurfuͤrſten dem<lb/> Herzog von Savoyen den Titel: koͤnigliche Hoheit zuge-<lb/> ſtanden und dieſer verſprach, den Kurfuͤrſten allenthal-<lb/> ben, es ſey wo es wolle, den Rang zu laſſen und ihren<lb/> Geſandten an ſeinem Hofe koͤnigliche Ehre zu erzeigen.</p><lb/> <p>Mit noch groͤßerm Rechte glaubt Savoyen den teut-<lb/> ſchen Reichsfuͤrſten vorgehn zu koͤnnen. Da es zugleich<lb/> ein Stand des teutſchen Reichs iſt, auch Sitz und Stim-<lb/> me im Fuͤrſtenrath zwiſchen Holſtein-Gottorp und Leuch-<lb/> tenberg hat, ſo findet dieſe Rangſtreitigkeit auf den<lb/> <fw place="bottom" type="sig">R 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Reichs-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [265/0291]
und dem eingefuͤhrten Range der Nazionen.
fuͤr eine von erſterm eroberte Provinz anſehn, welche
demienigen Kaiſer gehorchen muͤſſe, welchen die Kurfuͤr-
ſten des teutſchen Reichs erwaͤhlen. Die italiaͤniſchen
Fuͤrſten hingegen geben Italien fuͤr den edlern Theil des
roͤmiſch-teutſchen Reichs und fuͤr den Sitz des Kaiſer-
thums aus, indem die Beherſcher deſſelben wegen Ita-
lien roͤmiſche Kaiſer, wegen Teutſchland aber nur teut-
ſche Koͤnige genant wuͤrden. Indes kommen derglei-
chen Rangſtreitigkeiten dermalen wenig mehr vor, da
einige italiaͤniſche Haͤuſer gaͤnzlich ausgeſtorben und ihre
Lande an Regenten hoͤhern Ranges gekommen ſind, ande-
re ſelbſt eine hoͤhere Wuͤrde erlangt haben, und die Gele-
genheiten dazu uͤberhaupt ſelten Statt finden. Ich will
daher nur etwas weniges von den gegenwaͤrtig noch regie-
renden fuͤrſtlichen Haͤuſern in Italien anfuͤhren.
1] Savoyen a], welches dermalen zugleich die Wuͤr-
de eines Koͤnigs von Sardinien bekleidet, hatte, wie
obgedacht, ehemals haͤufige Rangſtreitigkeiten mit der
Republick Venedig, die aber itzt wegfallen.
Den Kurfuͤrſten wolte es auf dem weſtphaͤliſchen
Friedenskongres und oͤfters, hauptſaͤchlich in Ruͤckſicht
ſeiner Anſpruͤche auf das Koͤnigreich Cypern, weshalb
es auch den Titel: koͤnigliche Hoheit annahm und an
den meiſten europaͤiſchen Hoͤfen koͤnigliche Ehren erhielt,
vorgehn. Endlich verglichen ſich beide Theile 1666 in
beſondern Vertraͤgen dahin, daß die Kurfuͤrſten dem
Herzog von Savoyen den Titel: koͤnigliche Hoheit zuge-
ſtanden und dieſer verſprach, den Kurfuͤrſten allenthal-
ben, es ſey wo es wolle, den Rang zu laſſen und ihren
Geſandten an ſeinem Hofe koͤnigliche Ehre zu erzeigen.
Mit noch groͤßerm Rechte glaubt Savoyen den teut-
ſchen Reichsfuͤrſten vorgehn zu koͤnnen. Da es zugleich
ein Stand des teutſchen Reichs iſt, auch Sitz und Stim-
me im Fuͤrſtenrath zwiſchen Holſtein-Gottorp und Leuch-
tenberg hat, ſo findet dieſe Rangſtreitigkeit auf den
Reichs-
R 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |