Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.und dem europäischen insbesondere. instituit ipsa natura, vt in jus istud consentiredebeant gentes, non vero libertati earum reli- ctum sit, vtrum consentire malint an nolint, und Prolegom. §. 22. und 28. dasselbe doch zum positi- ven Völkerrechte, quod a voluntate gentium or- tum trahit zählt, und hinzusezt, niti consensu gen- tium praesumto. Wo Natur die Freiheit zu wäh- len versagt, ist die Einwilligung und deren Präsum- tion wohl ziemlich überflüssig. Sehr richtig urteilt daher Schrodt in seinem Jure Gent. wenn er §. 9. Proleg. sagt: Et sane quum societas vniversalis gentium ex ipsa natura fluat, ideoque sit absoluta et necessaria, consequens est, vt jus gentium, quod determinat primario jura et obligationes so- ciales huius societatis perfectas negativas, non sit voluntarium aut positivum, sed sit jus gen- tium naturale sociale latius dictum et necessa- rium. Desto wesentlicher aber ist diese Einwilligung der Völker zu Begründung eines freiwilligen Völker- rechts, wenn man nach richtigern Gründen annimt, daß die unter den Menschen und Nazionen bestehen- de Geselschaften nicht von der Natur unmittelbar, unter allen, sondern unter mehreren oder wenigern aus freien Willen errichtet worden. Eben so sonder- bar ist es, daß Grotius und Wolf dieser Völkerge- selschaft die Form eines bürgerlichen Vereins, un- ter dem Namen eines großen Weltstaats [civitatis maximae] andichten, da diese doch eine unter den Nazionen nicht zu erweisende menschliche Oberherr- schaft erfodert. Nicht iede Geselschaft, die ihrer gemeinschaftlichen Wohlfarth wegen sich vereinigt, ist ein Staat. Es giebt bekantlich auch gleiche Ge- selschaften, [societates aequales] in welchen die Mitglieder, ihrer natürlichen Freiheit im übrigen unbeschadet, dennoch, in Absicht der Erfüllung des A 5
und dem europaͤiſchen insbeſondere. inſtituit ipſa natura, vt in jus iſtud conſentiredebeant gentes, non vero libertati earum reli- ctum ſit, vtrum conſentire malint an nolint, und Prolegom. §. 22. und 28. daſſelbe doch zum poſiti- ven Voͤlkerrechte, quod a voluntate gentium or- tum trahit zaͤhlt, und hinzuſezt, niti conſenſu gen- tium praeſumto. Wo Natur die Freiheit zu waͤh- len verſagt, iſt die Einwilligung und deren Praͤſum- tion wohl ziemlich uͤberfluͤſſig. Sehr richtig urteilt daher Schrodt in ſeinem Jure Gent. wenn er §. 9. Proleg. ſagt: Et ſane quum ſocietas vniverſalis gentium ex ipſa natura fluat, ideoque ſit abſoluta et neceſſaria, conſequens eſt, vt jus gentium, quod determinat primario jura et obligationes ſo- ciales huius ſocietatis perfectas negativas, non ſit voluntarium aut poſitivum, ſed ſit jus gen- tium naturale ſociale latius dictum et necesſa- rium. Deſto weſentlicher aber iſt dieſe Einwilligung der Voͤlker zu Begruͤndung eines freiwilligen Voͤlker- rechts, wenn man nach richtigern Gruͤnden annimt, daß die unter den Menſchen und Nazionen beſtehen- de Geſelſchaften nicht von der Natur unmittelbar, unter allen, ſondern unter mehreren oder wenigern aus freien Willen errichtet worden. Eben ſo ſonder- bar iſt es, daß Grotius und Wolf dieſer Voͤlkerge- ſelſchaft die Form eines buͤrgerlichen Vereins, un- ter dem Namen eines großen Weltſtaats [civitatis maximae] andichten, da dieſe doch eine unter den Nazionen nicht zu erweiſende menſchliche Oberherr- ſchaft erfodert. Nicht iede Geſelſchaft, die ihrer gemeinſchaftlichen Wohlfarth wegen ſich vereinigt, iſt ein Staat. Es giebt bekantlich auch gleiche Ge- ſelſchaften, [ſocietates aequales] in welchen die Mitglieder, ihrer natuͤrlichen Freiheit im uͤbrigen unbeſchadet, dennoch, in Abſicht der Erfuͤllung des A 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <note place="end" n="*]"> <pb facs="#f0035" n="9"/> <fw place="top" type="header">und dem europaͤiſchen insbeſondere.</fw><lb/> <hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">inſtituit <hi rendition="#i">ipſa natura</hi>, vt in jus iſtud <hi rendition="#i">conſentire<lb/> debeant</hi> gentes, non vero <hi rendition="#i">libertati earum reli-<lb/> ctum ſit</hi>, vtrum conſentire malint an nolint,</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">Prolegom.</hi> §. 22. und 28. daſſelbe doch zum poſiti-<lb/> ven Voͤlkerrechte, <hi rendition="#aq">quod a voluntate gentium or-<lb/> tum trahit</hi> zaͤhlt, und hinzuſezt, <hi rendition="#aq">niti conſenſu gen-<lb/> tium <hi rendition="#i">praeſumto</hi>.</hi> Wo Natur die Freiheit zu waͤh-<lb/> len verſagt, iſt die Einwilligung und deren Praͤſum-<lb/> tion wohl ziemlich uͤberfluͤſſig. Sehr richtig urteilt<lb/> daher <hi rendition="#fr">Schrodt</hi> in ſeinem <hi rendition="#aq">Jure Gent.</hi> wenn er §. 9.<lb/><hi rendition="#aq">Proleg.</hi> ſagt: <hi rendition="#aq">Et ſane quum ſocietas vniverſalis<lb/> gentium ex ipſa natura fluat, ideoque ſit <hi rendition="#i">abſoluta</hi><lb/> et <hi rendition="#i">neceſſaria</hi>, conſequens eſt, vt jus gentium,<lb/> quod determinat primario jura et obligationes ſo-<lb/> ciales huius ſocietatis perfectas negativas, non ſit<lb/><hi rendition="#i">voluntarium</hi> aut poſitivum, ſed ſit jus gen-<lb/> tium <hi rendition="#i">naturale ſociale</hi> latius dictum et <hi rendition="#i">necesſa-<lb/> rium</hi>.</hi> Deſto weſentlicher aber iſt dieſe Einwilligung<lb/> der Voͤlker zu Begruͤndung eines freiwilligen Voͤlker-<lb/> rechts, wenn man nach richtigern Gruͤnden annimt,<lb/> daß die unter den Menſchen und Nazionen beſtehen-<lb/> de Geſelſchaften nicht von der Natur unmittelbar,<lb/> unter allen, ſondern unter mehreren oder wenigern<lb/> aus freien Willen errichtet worden. Eben ſo ſonder-<lb/> bar iſt es, daß Grotius und Wolf dieſer Voͤlkerge-<lb/> ſelſchaft die Form eines buͤrgerlichen Vereins, un-<lb/> ter dem Namen eines großen Weltſtaats [<hi rendition="#aq">civitatis<lb/> maximae</hi>] andichten, da dieſe doch eine unter den<lb/> Nazionen nicht zu erweiſende menſchliche Oberherr-<lb/> ſchaft erfodert. Nicht iede Geſelſchaft, die ihrer<lb/> gemeinſchaftlichen Wohlfarth wegen ſich vereinigt,<lb/> iſt ein Staat. Es giebt bekantlich auch gleiche Ge-<lb/> ſelſchaften, [<hi rendition="#aq">ſocietates aequales</hi>] in welchen die<lb/> Mitglieder, ihrer natuͤrlichen Freiheit im uͤbrigen<lb/> unbeſchadet, dennoch, in Abſicht der Erfuͤllung des</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig">A 5</fw> <fw place="bottom" type="catch">ge-</fw><lb/> </note> </div> </div> </body> </text> </TEI> [9/0035]
und dem europaͤiſchen insbeſondere.
*]
inſtituit ipſa natura, vt in jus iſtud conſentire
debeant gentes, non vero libertati earum reli-
ctum ſit, vtrum conſentire malint an nolint, und
Prolegom. §. 22. und 28. daſſelbe doch zum poſiti-
ven Voͤlkerrechte, quod a voluntate gentium or-
tum trahit zaͤhlt, und hinzuſezt, niti conſenſu gen-
tium praeſumto. Wo Natur die Freiheit zu waͤh-
len verſagt, iſt die Einwilligung und deren Praͤſum-
tion wohl ziemlich uͤberfluͤſſig. Sehr richtig urteilt
daher Schrodt in ſeinem Jure Gent. wenn er §. 9.
Proleg. ſagt: Et ſane quum ſocietas vniverſalis
gentium ex ipſa natura fluat, ideoque ſit abſoluta
et neceſſaria, conſequens eſt, vt jus gentium,
quod determinat primario jura et obligationes ſo-
ciales huius ſocietatis perfectas negativas, non ſit
voluntarium aut poſitivum, ſed ſit jus gen-
tium naturale ſociale latius dictum et necesſa-
rium. Deſto weſentlicher aber iſt dieſe Einwilligung
der Voͤlker zu Begruͤndung eines freiwilligen Voͤlker-
rechts, wenn man nach richtigern Gruͤnden annimt,
daß die unter den Menſchen und Nazionen beſtehen-
de Geſelſchaften nicht von der Natur unmittelbar,
unter allen, ſondern unter mehreren oder wenigern
aus freien Willen errichtet worden. Eben ſo ſonder-
bar iſt es, daß Grotius und Wolf dieſer Voͤlkerge-
ſelſchaft die Form eines buͤrgerlichen Vereins, un-
ter dem Namen eines großen Weltſtaats [civitatis
maximae] andichten, da dieſe doch eine unter den
Nazionen nicht zu erweiſende menſchliche Oberherr-
ſchaft erfodert. Nicht iede Geſelſchaft, die ihrer
gemeinſchaftlichen Wohlfarth wegen ſich vereinigt,
iſt ein Staat. Es giebt bekantlich auch gleiche Ge-
ſelſchaften, [ſocietates aequales] in welchen die
Mitglieder, ihrer natuͤrlichen Freiheit im uͤbrigen
unbeſchadet, dennoch, in Abſicht der Erfuͤllung des
ge-
A 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |