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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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und deren Gleichgewicht.
Hessen, abnöthigte, und dadurch die Freiheit Teutsch-
lands rächte und befestigte, welche durch den übeln
Erfolg des schmalkaldischen Bundes beinah ganz zernich-
tet worden war. Der große Gustav Adolph, ein Fürst
eben so stark an Muth und Geist, als schwach an Macht,
war es, der mit dreissigtausend Schweden nach Teutsch-
land kam, und im Stande war, mit Beihülfe einiger
schwachen teutschen Fürsten, die überwiegende Macht
Ferdinands II. zu besiegen, Germanien gegen eine unum-
schränkte Herschaft zu schützen, und diese große verbünde-
te Republick zu retten. Nachdem ein zu früher Tod die-
sen Helden weggeraft hatte, ward die nämliche Rolle
mit eben so mäsigen Kräften durch seine großen Generals,
besonders durch den erhabenen Bernhard von Weimar
ausgeführt, dessen Name in den Jahrbüchern der Welt
neben einen Hermann, Moriz, Gustav und Friedrich
unter den Namen der Helden und Erhalter teutscher Frei-
heit iederzeit glänzen wird. Die Fürsten von Nassau
und Oranien, Schöpfer der niederländischen Republick,
deren Größe, bey ihrer geringen Macht, blos in Tapfer-
keit und tactischer Kentnis bestand, waren es endlich,
welche die große spanische Monarchie aus dem Grunde
zu erschüttern vermochten. Durch diese unglaubliche,
vereinigte und so lange ausgehaltene Anstrengung der
Fürsten Teutschlands, der Kronen Schweden und Frank-
reich, ingleichen der Holländer, war man am Ende im
Stande, den beiden österreichischen Monarchen den
berühmten westphälischen Frieden von 1648 abzunöthi-
gen. Dieser Friede, der erste, welcher nach den Regeln
einer gesunden Staatskunst verhandelt und geschlossen
worden, hat nicht nur die vorher so schwankende Ver-
fassung des weitläuftigen teutschen Reichs auf einen regel-
mäsigen und festen Fuß gesetzt, sondern auch, vermöge
der Garantieen der beiden Kronen Frankreich und Schwe-
den, einen dauerhaften Grund zum Gleichgewicht nicht

blos
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und deren Gleichgewicht.
Heſſen, abnoͤthigte, und dadurch die Freiheit Teutſch-
lands raͤchte und befeſtigte, welche durch den uͤbeln
Erfolg des ſchmalkaldiſchen Bundes beinah ganz zernich-
tet worden war. Der große Guſtav Adolph, ein Fuͤrſt
eben ſo ſtark an Muth und Geiſt, als ſchwach an Macht,
war es, der mit dreiſſigtauſend Schweden nach Teutſch-
land kam, und im Stande war, mit Beihuͤlfe einiger
ſchwachen teutſchen Fuͤrſten, die uͤberwiegende Macht
Ferdinands II. zu beſiegen, Germanien gegen eine unum-
ſchraͤnkte Herſchaft zu ſchuͤtzen, und dieſe große verbuͤnde-
te Republick zu retten. Nachdem ein zu fruͤher Tod die-
ſen Helden weggeraft hatte, ward die naͤmliche Rolle
mit eben ſo maͤſigen Kraͤften durch ſeine großen Generals,
beſonders durch den erhabenen Bernhard von Weimar
ausgefuͤhrt, deſſen Name in den Jahrbuͤchern der Welt
neben einen Hermann, Moriz, Guſtav und Friedrich
unter den Namen der Helden und Erhalter teutſcher Frei-
heit iederzeit glaͤnzen wird. Die Fuͤrſten von Naſſau
und Oranien, Schoͤpfer der niederlaͤndiſchen Republick,
deren Groͤße, bey ihrer geringen Macht, blos in Tapfer-
keit und tactiſcher Kentnis beſtand, waren es endlich,
welche die große ſpaniſche Monarchie aus dem Grunde
zu erſchuͤttern vermochten. Durch dieſe unglaubliche,
vereinigte und ſo lange ausgehaltene Anſtrengung der
Fuͤrſten Teutſchlands, der Kronen Schweden und Frank-
reich, ingleichen der Hollaͤnder, war man am Ende im
Stande, den beiden oͤſterreichiſchen Monarchen den
beruͤhmten weſtphaͤliſchen Frieden von 1648 abzunoͤthi-
gen. Dieſer Friede, der erſte, welcher nach den Regeln
einer geſunden Staatskunſt verhandelt und geſchloſſen
worden, hat nicht nur die vorher ſo ſchwankende Ver-
faſſung des weitlaͤuftigen teutſchen Reichs auf einen regel-
maͤſigen und feſten Fuß geſetzt, ſondern auch, vermoͤge
der Garantieen der beiden Kronen Frankreich und Schwe-
den, einen dauerhaften Grund zum Gleichgewicht nicht

blos
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[341/0367] und deren Gleichgewicht. Heſſen, abnoͤthigte, und dadurch die Freiheit Teutſch- lands raͤchte und befeſtigte, welche durch den uͤbeln Erfolg des ſchmalkaldiſchen Bundes beinah ganz zernich- tet worden war. Der große Guſtav Adolph, ein Fuͤrſt eben ſo ſtark an Muth und Geiſt, als ſchwach an Macht, war es, der mit dreiſſigtauſend Schweden nach Teutſch- land kam, und im Stande war, mit Beihuͤlfe einiger ſchwachen teutſchen Fuͤrſten, die uͤberwiegende Macht Ferdinands II. zu beſiegen, Germanien gegen eine unum- ſchraͤnkte Herſchaft zu ſchuͤtzen, und dieſe große verbuͤnde- te Republick zu retten. Nachdem ein zu fruͤher Tod die- ſen Helden weggeraft hatte, ward die naͤmliche Rolle mit eben ſo maͤſigen Kraͤften durch ſeine großen Generals, beſonders durch den erhabenen Bernhard von Weimar ausgefuͤhrt, deſſen Name in den Jahrbuͤchern der Welt neben einen Hermann, Moriz, Guſtav und Friedrich unter den Namen der Helden und Erhalter teutſcher Frei- heit iederzeit glaͤnzen wird. Die Fuͤrſten von Naſſau und Oranien, Schoͤpfer der niederlaͤndiſchen Republick, deren Groͤße, bey ihrer geringen Macht, blos in Tapfer- keit und tactiſcher Kentnis beſtand, waren es endlich, welche die große ſpaniſche Monarchie aus dem Grunde zu erſchuͤttern vermochten. Durch dieſe unglaubliche, vereinigte und ſo lange ausgehaltene Anſtrengung der Fuͤrſten Teutſchlands, der Kronen Schweden und Frank- reich, ingleichen der Hollaͤnder, war man am Ende im Stande, den beiden oͤſterreichiſchen Monarchen den beruͤhmten weſtphaͤliſchen Frieden von 1648 abzunoͤthi- gen. Dieſer Friede, der erſte, welcher nach den Regeln einer geſunden Staatskunſt verhandelt und geſchloſſen worden, hat nicht nur die vorher ſo ſchwankende Ver- faſſung des weitlaͤuftigen teutſchen Reichs auf einen regel- maͤſigen und feſten Fuß geſetzt, ſondern auch, vermoͤge der Garantieen der beiden Kronen Frankreich und Schwe- den, einen dauerhaften Grund zum Gleichgewicht nicht blos Y 3

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/367>, abgerufen am 24.11.2024.