werden, sonst würde das gesetzmäsige Gleichgewicht bald und oft aufhören und verschwinden." etc. d]
Ist der Ausdruck: Gleichgewicht von Teutsch- land auch neuern Ursprungs e]: so findet man doch von der Sache selbst schon Spuren in den ältesten Zeiten. Von ieher haben sowohl Kaiser, als Stände, ihr An- sehn und ihre Gewalt über die vorgeschriebenen Grenzen zu erweitern gesucht. Indes hat die Freiheit der leztern immer mächtige Vertheidiger sowohl unter den Mitstän- den, als unter auswärtigen Nazionen gefunden. Der Einflus der leztern in die teutschen Reichshändel wird be- sonders seit den Zeiten Kaiser Friedrichs I., der die Unter- drückung der Stände zur Hauptabsicht hatte, merklicher. Die auswärtigen Könige, sagt Olenschlagerf], fin- gen seit dieser Zeit an, ihre eigne Freiheit nach dem Schicksale der teutschen Stände zu schätzen. Jedoch war damals noch nicht so viel zu befürchten, weil das Unvermögen der meisten Staaten keine gar zu gefährli- chen Unternehmungen verstattete. Als sie aber im funf- zehnten und sechszehnten Jahrhundert almählig sich zu erheben begannen, und besonders das Haus Oesterreich, dessen Regenten sich seit einer langen Reihe von Jahren im Besitz der Kaiserwürde befanden, zu einer fürchterli- chen Macht emporwuchs, die den Ständen zu manchen nicht ungegründeten Beschwerden Anlas gab, ward die Sorge für das Gleichgewicht zwischen der kaiserlichen Macht und den Reichsständischen Freiheiten immer noth- wendiger. Die Stände ergriffen nicht nur selbst die erforderlichen Maasregeln hierunter, indem sie den wil- kührlichen Anmassungen der Kaiser durch Wahlkapitula- tionen etc. zuvorzukommen bedacht waren, sondern erhiel- ten auch hauptsächlich Frankreichs Unterstützung, das sich der teutschen Reichsstände meistens annahm, zumal da Kaiser Karl V., unter dem Schein der Religion, die Zernichtung der teutschen Freiheit unternahm. Hier
trift
Von der Macht der Nazionen
werden, ſonſt wuͤrde das geſetzmaͤſige Gleichgewicht bald und oft aufhoͤren und verſchwinden.” ꝛc. d]
Iſt der Ausdruck: Gleichgewicht von Teutſch- land auch neuern Urſprungs e]: ſo findet man doch von der Sache ſelbſt ſchon Spuren in den aͤlteſten Zeiten. Von ieher haben ſowohl Kaiſer, als Staͤnde, ihr An- ſehn und ihre Gewalt uͤber die vorgeſchriebenen Grenzen zu erweitern geſucht. Indes hat die Freiheit der leztern immer maͤchtige Vertheidiger ſowohl unter den Mitſtaͤn- den, als unter auswaͤrtigen Nazionen gefunden. Der Einflus der leztern in die teutſchen Reichshaͤndel wird be- ſonders ſeit den Zeiten Kaiſer Friedrichs I., der die Unter- druͤckung der Staͤnde zur Hauptabſicht hatte, merklicher. Die auswaͤrtigen Koͤnige, ſagt Olenſchlagerf], fin- gen ſeit dieſer Zeit an, ihre eigne Freiheit nach dem Schickſale der teutſchen Staͤnde zu ſchaͤtzen. Jedoch war damals noch nicht ſo viel zu befuͤrchten, weil das Unvermoͤgen der meiſten Staaten keine gar zu gefaͤhrli- chen Unternehmungen verſtattete. Als ſie aber im funf- zehnten und ſechszehnten Jahrhundert almaͤhlig ſich zu erheben begannen, und beſonders das Haus Oeſterreich, deſſen Regenten ſich ſeit einer langen Reihe von Jahren im Beſitz der Kaiſerwuͤrde befanden, zu einer fuͤrchterli- chen Macht emporwuchs, die den Staͤnden zu manchen nicht ungegruͤndeten Beſchwerden Anlas gab, ward die Sorge fuͤr das Gleichgewicht zwiſchen der kaiſerlichen Macht und den Reichsſtaͤndiſchen Freiheiten immer noth- wendiger. Die Staͤnde ergriffen nicht nur ſelbſt die erforderlichen Maasregeln hierunter, indem ſie den wil- kuͤhrlichen Anmaſſungen der Kaiſer durch Wahlkapitula- tionen ꝛc. zuvorzukommen bedacht waren, ſondern erhiel- ten auch hauptſaͤchlich Frankreichs Unterſtuͤtzung, das ſich der teutſchen Reichsſtaͤnde meiſtens annahm, zumal da Kaiſer Karl V., unter dem Schein der Religion, die Zernichtung der teutſchen Freiheit unternahm. Hier
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Von der Macht der Nazionen
werden, ſonſt wuͤrde das geſetzmaͤſige Gleichgewicht bald
und oft aufhoͤren und verſchwinden.” ꝛc. d]
Iſt der Ausdruck: Gleichgewicht von Teutſch-
land auch neuern Urſprungs e]: ſo findet man doch von
der Sache ſelbſt ſchon Spuren in den aͤlteſten Zeiten.
Von ieher haben ſowohl Kaiſer, als Staͤnde, ihr An-
ſehn und ihre Gewalt uͤber die vorgeſchriebenen Grenzen
zu erweitern geſucht. Indes hat die Freiheit der leztern
immer maͤchtige Vertheidiger ſowohl unter den Mitſtaͤn-
den, als unter auswaͤrtigen Nazionen gefunden. Der
Einflus der leztern in die teutſchen Reichshaͤndel wird be-
ſonders ſeit den Zeiten Kaiſer Friedrichs I., der die Unter-
druͤckung der Staͤnde zur Hauptabſicht hatte, merklicher.
Die auswaͤrtigen Koͤnige, ſagt Olenſchlager f], fin-
gen ſeit dieſer Zeit an, ihre eigne Freiheit nach dem
Schickſale der teutſchen Staͤnde zu ſchaͤtzen. Jedoch
war damals noch nicht ſo viel zu befuͤrchten, weil das
Unvermoͤgen der meiſten Staaten keine gar zu gefaͤhrli-
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zehnten und ſechszehnten Jahrhundert almaͤhlig ſich zu
erheben begannen, und beſonders das Haus Oeſterreich,
deſſen Regenten ſich ſeit einer langen Reihe von Jahren
im Beſitz der Kaiſerwuͤrde befanden, zu einer fuͤrchterli-
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nicht ungegruͤndeten Beſchwerden Anlas gab, ward die
Sorge fuͤr das Gleichgewicht zwiſchen der kaiſerlichen
Macht und den Reichsſtaͤndiſchen Freiheiten immer noth-
wendiger. Die Staͤnde ergriffen nicht nur ſelbſt die
erforderlichen Maasregeln hierunter, indem ſie den wil-
kuͤhrlichen Anmaſſungen der Kaiſer durch Wahlkapitula-
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ten auch hauptſaͤchlich Frankreichs Unterſtuͤtzung, das
ſich der teutſchen Reichsſtaͤnde meiſtens annahm, zumal
da Kaiſer Karl V., unter dem Schein der Religion,
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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/406>, abgerufen am 21.11.2024.
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