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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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oder den abgeleiteten Erwerbungsarten.
können b], so finden sich doch in der Geschichte meh-
rere Beyspiele von Abfällen und Unterwerfungen, wo-
bey eine und die andere Nazion kein Bedenken getragen
hat, die Unterwerfung gut zu heissen, sie wohl gar zu
veranlassen c], oder doch zu begünstigen um dadurch
auf längere oder kürzere Zeit ihre Lande zu erweitern.
So befreite 1282. Sicilien sich durch die sicilianische
Vesper von dem französischen Druck und ergab sich dem
König Peter von Arragonien d]. Preussen riß sich
1454 von dem teutschen Orden, weil er ihm nicht
Schutz genug gegen seine Feinde gewähren konte, los
und unterwarf sich der Krone Polen e], dagegen fielen
von dieser 1654 die Kosaken ab und begaben sich theils
unter russische theils unter ottomannische Herschaft f].
Die Provinzen Katalonien und Roussillon gingen 1641.
von König Philip IV. in Spanien an Frankreich über g].

a] Ickstatt Elem. I. G. L. III. c. 3. §. 22. Er nenut
die Wegnahme und den Abfall der Lande exemtiones
und rechnet sie ad alienationes invitas.
b] M. vergl. in Absicht auf die neuerlichen Unruhen in den
Niederlanden: Joh. Aug. Schlettwein die Ungerech-
tigkeit der Trennung der N. L. vom Hause Oesterreich
und die Forderungen des europäischen Staats- und Völ-
kerrechts wider dieselbige 1790. 8.
c] In der schwedischen Erklärung der Ursachen des Krieges
gegen Rußland v. 21. Jul. 1788 heißt es: Es ist eine
seit vielen Jahren bekante Sache, daß Rußland kurz
nach dem Frieden von Abo den Plan entwarf, Finnland
von Schweden zu trennen und unter dem besondern Schein-
vorwande dasselbe Land unabhängig, in der That nur
eine Lehnsprovinz von Rußland, wie Curland es heut-
zutage würklich ist, daraus zu machen NElb. Magaz.
Sept. 1788. S. 1065. u. ff.
d] Auszug der allg. Welthistorie von Meusel 16. Band
S. 643.
e] Histoire
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oder den abgeleiteten Erwerbungsarten.
koͤnnen b], ſo finden ſich doch in der Geſchichte meh-
rere Beyſpiele von Abfaͤllen und Unterwerfungen, wo-
bey eine und die andere Nazion kein Bedenken getragen
hat, die Unterwerfung gut zu heiſſen, ſie wohl gar zu
veranlaſſen c], oder doch zu beguͤnſtigen um dadurch
auf laͤngere oder kuͤrzere Zeit ihre Lande zu erweitern.
So befreite 1282. Sicilien ſich durch die ſicilianiſche
Veſper von dem franzoͤſiſchen Druck und ergab ſich dem
Koͤnig Peter von Arragonien d]. Preuſſen riß ſich
1454 von dem teutſchen Orden, weil er ihm nicht
Schutz genug gegen ſeine Feinde gewaͤhren konte, los
und unterwarf ſich der Krone Polen e], dagegen fielen
von dieſer 1654 die Koſaken ab und begaben ſich theils
unter ruſſiſche theils unter ottomanniſche Herſchaft f].
Die Provinzen Katalonien und Rouſſillon gingen 1641.
von Koͤnig Philip IV. in Spanien an Frankreich uͤber g].

a] Ickſtatt Elem. I. G. L. III. c. 3. §. 22. Er nenut
die Wegnahme und den Abfall der Lande exemtiones
und rechnet ſie ad alienationes invitas.
b] M. vergl. in Abſicht auf die neuerlichen Unruhen in den
Niederlanden: Joh. Aug. Schlettwein die Ungerech-
tigkeit der Trennung der N. L. vom Hauſe Oeſterreich
und die Forderungen des europaͤiſchen Staats- und Voͤl-
kerrechts wider dieſelbige 1790. 8.
c] In der ſchwediſchen Erklaͤrung der Urſachen des Krieges
gegen Rußland v. 21. Jul. 1788 heißt es: Es iſt eine
ſeit vielen Jahren bekante Sache, daß Rußland kurz
nach dem Frieden von Abo den Plan entwarf, Finnland
von Schweden zu trennen und unter dem beſondern Schein-
vorwande daſſelbe Land unabhaͤngig, in der That nur
eine Lehnsprovinz von Rußland, wie Curland es heut-
zutage wuͤrklich iſt, daraus zu machen NElb. Magaz.
Sept. 1788. S. 1065. u. ff.
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S. 643.
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[115/0129] oder den abgeleiteten Erwerbungsarten. koͤnnen b], ſo finden ſich doch in der Geſchichte meh- rere Beyſpiele von Abfaͤllen und Unterwerfungen, wo- bey eine und die andere Nazion kein Bedenken getragen hat, die Unterwerfung gut zu heiſſen, ſie wohl gar zu veranlaſſen c], oder doch zu beguͤnſtigen um dadurch auf laͤngere oder kuͤrzere Zeit ihre Lande zu erweitern. So befreite 1282. Sicilien ſich durch die ſicilianiſche Veſper von dem franzoͤſiſchen Druck und ergab ſich dem Koͤnig Peter von Arragonien d]. Preuſſen riß ſich 1454 von dem teutſchen Orden, weil er ihm nicht Schutz genug gegen ſeine Feinde gewaͤhren konte, los und unterwarf ſich der Krone Polen e], dagegen fielen von dieſer 1654 die Koſaken ab und begaben ſich theils unter ruſſiſche theils unter ottomanniſche Herſchaft f]. Die Provinzen Katalonien und Rouſſillon gingen 1641. von Koͤnig Philip IV. in Spanien an Frankreich uͤber g]. a] Ickſtatt Elem. I. G. L. III. c. 3. §. 22. Er nenut die Wegnahme und den Abfall der Lande exemtiones und rechnet ſie ad alienationes invitas. b] M. vergl. in Abſicht auf die neuerlichen Unruhen in den Niederlanden: Joh. Aug. Schlettwein die Ungerech- tigkeit der Trennung der N. L. vom Hauſe Oeſterreich und die Forderungen des europaͤiſchen Staats- und Voͤl- kerrechts wider dieſelbige 1790. 8. c] In der ſchwediſchen Erklaͤrung der Urſachen des Krieges gegen Rußland v. 21. Jul. 1788 heißt es: Es iſt eine ſeit vielen Jahren bekante Sache, daß Rußland kurz nach dem Frieden von Abo den Plan entwarf, Finnland von Schweden zu trennen und unter dem beſondern Schein- vorwande daſſelbe Land unabhaͤngig, in der That nur eine Lehnsprovinz von Rußland, wie Curland es heut- zutage wuͤrklich iſt, daraus zu machen NElb. Magaz. Sept. 1788. S. 1065. u. ff. d] Auszug der allg. Welthiſtorie von Meuſel 16. Band S. 643. e] Hiſtoire H 2

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/129>, abgerufen am 21.11.2024.