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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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oder den abgeleiteten Erwerbungsarten.
sätzen des Staatsrechts beurteilt werden muß. Hier
bemerke ich nur so viel, daß seit den amerikanischen
Entdeckungen einige europäische Nazionen ihren Unter-
thanen, besonders ganzen Geselschaften, zuweilen der-
gleichen Besitzungen mit einer Art von Oberherschaft
verstattet oder nachgesehen haben. Das von Spanien
den Jesuiten verstattete Reich in Paraguay und die Be-
sitzungen der grosbritannischen ostindischen Kompagnie etc.
können zum Beispiel dienen b].

Wo nun solche Besitzungen in den Händen der Un-
terthanen sich befinden, kann der Staat sie von ihnen
entweder durch Verträge, oder, nach Beschaffenheit
der Umstände, durch Einziehung erwerben. Das
Schicksal des iesuitischen Reichs c], die ehemaligen
Absichten Grosbritanniens, die Besitzungen der ostin-
dischen Kompagnie zur Krone zu ziehen, weil solche
in den Händen einer Handelsgeselschaft ungebührlich
und gefährlich wären sind bekant d].

Daß dergleichen Lande, durch Abtretung oder Weg-
nahme in die Gewalt anderer Nazionen gelangten, wer-
den die Völker, deren Glieder die Besitzer sind, schwer-
lich zugeben.

a] Vattel droit d. g. L. II. c. 7. §. 96.
b] M. vergl. Mosers Beitr. in Frzeit. 5. Th. S. 453.
c] J. G. Büsch Geschichte der merkw. Welthändel neuer
Zeit 2te Aufl. Hamb. 1783. 8. S. 384.
d] Weltbegebenheiten im Grossen 3. Band S. 99. u.
ff. Auch Frankreich hob die 1664. gestiftete ostindische
Handlungskompagnie 1674. wieder auf, und zog ihre
Besitzungen zur Krone ayant juge que la plupart de
ces droits et de ces revenus conviennent mieux a la
premiere puissance de l'Etat qu'a vne Compagnie
etc. Edit du Roi portant revocation de la Compagnie
des Indes occid. du mois de Decembre
1674.
*] Von
J 3

oder den abgeleiteten Erwerbungsarten.
ſaͤtzen des Staatsrechts beurteilt werden muß. Hier
bemerke ich nur ſo viel, daß ſeit den amerikaniſchen
Entdeckungen einige europaͤiſche Nazionen ihren Unter-
thanen, beſonders ganzen Geſelſchaften, zuweilen der-
gleichen Beſitzungen mit einer Art von Oberherſchaft
verſtattet oder nachgeſehen haben. Das von Spanien
den Jeſuiten verſtattete Reich in Paraguay und die Be-
ſitzungen der grosbritanniſchen oſtindiſchen Kompagnie ꝛc.
koͤnnen zum Beiſpiel dienen b].

Wo nun ſolche Beſitzungen in den Haͤnden der Un-
terthanen ſich befinden, kann der Staat ſie von ihnen
entweder durch Vertraͤge, oder, nach Beſchaffenheit
der Umſtaͤnde, durch Einziehung erwerben. Das
Schickſal des ieſuitiſchen Reichs c], die ehemaligen
Abſichten Grosbritanniens, die Beſitzungen der oſtin-
diſchen Kompagnie zur Krone zu ziehen, weil ſolche
in den Haͤnden einer Handelsgeſelſchaft ungebuͤhrlich
und gefaͤhrlich waͤren ſind bekant d].

Daß dergleichen Lande, durch Abtretung oder Weg-
nahme in die Gewalt anderer Nazionen gelangten, wer-
den die Voͤlker, deren Glieder die Beſitzer ſind, ſchwer-
lich zugeben.

a] Vattel droit d. g. L. II. c. 7. §. 96.
b] M. vergl. Moſers Beitr. in Frzeit. 5. Th. S. 453.
c] J. G. Buͤſch Geſchichte der merkw. Welthaͤndel neuer
Zeit 2te Aufl. Hamb. 1783. 8. S. 384.
d] Weltbegebenheiten im Groſſen 3. Band S. 99. u.
ff. Auch Frankreich hob die 1664. geſtiftete oſtindiſche
Handlungskompagnie 1674. wieder auf, und zog ihre
Beſitzungen zur Krone ayant jugé que la plupart de
ces droits et de ces revenus conviennent mieux à la
première puiſſance de l’Etat qu’à vne Compagnie
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[133/0147] oder den abgeleiteten Erwerbungsarten. ſaͤtzen des Staatsrechts beurteilt werden muß. Hier bemerke ich nur ſo viel, daß ſeit den amerikaniſchen Entdeckungen einige europaͤiſche Nazionen ihren Unter- thanen, beſonders ganzen Geſelſchaften, zuweilen der- gleichen Beſitzungen mit einer Art von Oberherſchaft verſtattet oder nachgeſehen haben. Das von Spanien den Jeſuiten verſtattete Reich in Paraguay und die Be- ſitzungen der grosbritanniſchen oſtindiſchen Kompagnie ꝛc. koͤnnen zum Beiſpiel dienen b]. Wo nun ſolche Beſitzungen in den Haͤnden der Un- terthanen ſich befinden, kann der Staat ſie von ihnen entweder durch Vertraͤge, oder, nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde, durch Einziehung erwerben. Das Schickſal des ieſuitiſchen Reichs c], die ehemaligen Abſichten Grosbritanniens, die Beſitzungen der oſtin- diſchen Kompagnie zur Krone zu ziehen, weil ſolche in den Haͤnden einer Handelsgeſelſchaft ungebuͤhrlich und gefaͤhrlich waͤren ſind bekant d]. Daß dergleichen Lande, durch Abtretung oder Weg- nahme in die Gewalt anderer Nazionen gelangten, wer- den die Voͤlker, deren Glieder die Beſitzer ſind, ſchwer- lich zugeben. a] Vattel droit d. g. L. II. c. 7. §. 96. b] M. vergl. Moſers Beitr. in Frzeit. 5. Th. S. 453. c] J. G. Buͤſch Geſchichte der merkw. Welthaͤndel neuer Zeit 2te Aufl. Hamb. 1783. 8. S. 384. d] Weltbegebenheiten im Groſſen 3. Band S. 99. u. ff. Auch Frankreich hob die 1664. geſtiftete oſtindiſche Handlungskompagnie 1674. wieder auf, und zog ihre Beſitzungen zur Krone ayant jugé que la plupart de ces droits et de ces revenus conviennent mieux à la première puiſſance de l’Etat qu’à vne Compagnie etc. Edit du Roi portant revocation de la Compagnie des Indes occid. du mois de Decembre 1674. *] Von J 3

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/147>, abgerufen am 21.11.2024.