Weise, von Teutschland ab- und an andere europäische Mächte gekommen sind c].
Unter sich haben die teutschen Reichsstände freiere Hände, und wenn die unter ihnen vorkommenden Ver- äusserungen nicht den Reichsgrundgesetzen, noch den Reichs- und Landesverfassungen zuwider sind d], und bey den Lehnen die lehnsherrliche Einwilligung nicht ver- absäumt wird, so kann ordentlicherweise weder Kaiser und Reich, noch ein einzelner Reichsstand, am aller- wenigsten eine auswärtige Nazion e] etwas dagegen ein- wenden; es müsten denn besondere Umstände eintreten, welche einen oder den andern gleichwol zum Widerspruch berechtigten f].
Genöthigt können teutsche Landesherrn eben so wenig als freie Völker werden, wider Willen, ihre Lande wegzugeben -- die Fälle einer Reichsacht ausge- nommen --, indes ist schon verschiedenemal etwas der- gleichen verlangt und bedungen worden g].
Das Recht der Erwerbungen von auswärtigen Nazionen ist nirgends eingeschränkt. Die teutschen Reichsstände können daher so viel unabhängige Neben- lande erwerben und besitzen, als sie Gelegenheit haben zu erlangen, wenn sonst niemand gegründete Ursach hat, sich der Erwerbung entgegen zu setzen. Sie sind in Rücksicht dieser ganz nach den Grundsätzen des Völ- kerrechts zu beurteilen, und können daher auch ihrer Wiederveräusserung halber nach Wilkühr schalten. Es fehlt an Beispielen von dergleichen Erwerbungen nicht, und noch heutzutage besitzen verschiedene Reichsstände als Kurbrandenburg, Kurhannover etc. zugleich souve- raine Lande in Europa h].
Die Erwerbung der Reichslande steht mit der Veräusserung in genauem Bezug und kann, unter Be- obachtung des Erfoderlichen, in der Regel ebenfals keinem Reichsstande verwehrt werden i].
Daß
Von Erlangung des Eigenthums von andern
Weiſe, von Teutſchland ab- und an andere europaͤiſche Maͤchte gekommen ſind c].
Unter ſich haben die teutſchen Reichsſtaͤnde freiere Haͤnde, und wenn die unter ihnen vorkommenden Ver- aͤuſſerungen nicht den Reichsgrundgeſetzen, noch den Reichs- und Landesverfaſſungen zuwider ſind d], und bey den Lehnen die lehnsherrliche Einwilligung nicht ver- abſaͤumt wird, ſo kann ordentlicherweiſe weder Kaiſer und Reich, noch ein einzelner Reichsſtand, am aller- wenigſten eine auswaͤrtige Nazion e] etwas dagegen ein- wenden; es muͤſten denn beſondere Umſtaͤnde eintreten, welche einen oder den andern gleichwol zum Widerſpruch berechtigten f].
Genoͤthigt koͤnnen teutſche Landesherrn eben ſo wenig als freie Voͤlker werden, wider Willen, ihre Lande wegzugeben — die Faͤlle einer Reichsacht ausge- nommen —, indes iſt ſchon verſchiedenemal etwas der- gleichen verlangt und bedungen worden g].
Das Recht der Erwerbungen von auswaͤrtigen Nazionen iſt nirgends eingeſchraͤnkt. Die teutſchen Reichsſtaͤnde koͤnnen daher ſo viel unabhaͤngige Neben- lande erwerben und beſitzen, als ſie Gelegenheit haben zu erlangen, wenn ſonſt niemand gegruͤndete Urſach hat, ſich der Erwerbung entgegen zu ſetzen. Sie ſind in Ruͤckſicht dieſer ganz nach den Grundſaͤtzen des Voͤl- kerrechts zu beurteilen, und koͤnnen daher auch ihrer Wiederveraͤuſſerung halber nach Wilkuͤhr ſchalten. Es fehlt an Beiſpielen von dergleichen Erwerbungen nicht, und noch heutzutage beſitzen verſchiedene Reichsſtaͤnde als Kurbrandenburg, Kurhannover ꝛc. zugleich ſouve- raine Lande in Europa h].
Die Erwerbung der Reichslande ſteht mit der Veraͤuſſerung in genauem Bezug und kann, unter Be- obachtung des Erfoderlichen, in der Regel ebenfals keinem Reichsſtande verwehrt werden i].
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Von Erlangung des Eigenthums von andern
Weiſe, von Teutſchland ab- und an andere europaͤiſche
Maͤchte gekommen ſind c].
Unter ſich haben die teutſchen Reichsſtaͤnde freiere
Haͤnde, und wenn die unter ihnen vorkommenden Ver-
aͤuſſerungen nicht den Reichsgrundgeſetzen, noch den
Reichs- und Landesverfaſſungen zuwider ſind d], und
bey den Lehnen die lehnsherrliche Einwilligung nicht ver-
abſaͤumt wird, ſo kann ordentlicherweiſe weder Kaiſer
und Reich, noch ein einzelner Reichsſtand, am aller-
wenigſten eine auswaͤrtige Nazion e] etwas dagegen ein-
wenden; es muͤſten denn beſondere Umſtaͤnde eintreten,
welche einen oder den andern gleichwol zum Widerſpruch
berechtigten f].
Genoͤthigt koͤnnen teutſche Landesherrn eben ſo
wenig als freie Voͤlker werden, wider Willen, ihre
Lande wegzugeben — die Faͤlle einer Reichsacht ausge-
nommen —, indes iſt ſchon verſchiedenemal etwas der-
gleichen verlangt und bedungen worden g].
Das Recht der Erwerbungen von auswaͤrtigen
Nazionen iſt nirgends eingeſchraͤnkt. Die teutſchen
Reichsſtaͤnde koͤnnen daher ſo viel unabhaͤngige Neben-
lande erwerben und beſitzen, als ſie Gelegenheit haben
zu erlangen, wenn ſonſt niemand gegruͤndete Urſach
hat, ſich der Erwerbung entgegen zu ſetzen. Sie ſind
in Ruͤckſicht dieſer ganz nach den Grundſaͤtzen des Voͤl-
kerrechts zu beurteilen, und koͤnnen daher auch ihrer
Wiederveraͤuſſerung halber nach Wilkuͤhr ſchalten. Es
fehlt an Beiſpielen von dergleichen Erwerbungen nicht,
und noch heutzutage beſitzen verſchiedene Reichsſtaͤnde
als Kurbrandenburg, Kurhannover ꝛc. zugleich ſouve-
raine Lande in Europa h].
Die Erwerbung der Reichslande ſteht mit der
Veraͤuſſerung in genauem Bezug und kann, unter Be-
obachtung des Erfoderlichen, in der Regel ebenfals
keinem Reichsſtande verwehrt werden i].
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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/154>, abgerufen am 21.11.2024.
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