Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.und dem ursprünglichen Erwerbe. Wenn die Wilden einen festen Sitz haben, undnur hie und da in ihrem Lande noch unbebauete Plätze sich finden, so muß ohnstreitig auch von ihnen der oben angeführte Grundsatz gelten: daß kein auswärtiges Volk sich derselben mit Recht anmaassen könne. Haben sie aber, wie Vattel sagt, wirklich unstäte Wohnungen in einem unermeßlichen Lande, so kann es andern nicht füglich verwehrt werden, sich eines Stück Landes zu be- mächtigen, dessen die Wilden nicht besonders benöthigt sind, und wovon sie keinen wirklichen und ununterbro- chenen Gebrauch machen; zumal wenn ihnen zu ihrem Unterhalt noch genug übrig gelassen wird. Wenn die Wilden in Besitzergreifung und Oberherrschaft willigen, oder, wie Vattel bemerkt, die Entdecker ihnen das Land abkaufen, wie die Puritaner in Neuengland, und die Quacker unter Pen, in Pensilvanien, findet die Sache weiter keine Schwierigkeit, s. Russel Gesch. von Ame- rika, 3. Th. S. 374. §. 9. Deren Besitznehmung. Um das Eigenthum dergleichen Lande, es sey auf schieht,
und dem urſpruͤnglichen Erwerbe. Wenn die Wilden einen feſten Sitz haben, undnur hie und da in ihrem Lande noch unbebauete Plaͤtze ſich finden, ſo muß ohnſtreitig auch von ihnen der oben angefuͤhrte Grundſatz gelten: daß kein auswaͤrtiges Volk ſich derſelben mit Recht anmaaſſen koͤnne. Haben ſie aber, wie Vattel ſagt, wirklich unſtaͤte Wohnungen in einem unermeßlichen Lande, ſo kann es andern nicht fuͤglich verwehrt werden, ſich eines Stuͤck Landes zu be- maͤchtigen, deſſen die Wilden nicht beſonders benoͤthigt ſind, und wovon ſie keinen wirklichen und ununterbro- chenen Gebrauch machen; zumal wenn ihnen zu ihrem Unterhalt noch genug uͤbrig gelaſſen wird. Wenn die Wilden in Beſitzergreifung und Oberherrſchaft willigen, oder, wie Vattel bemerkt, die Entdecker ihnen das Land abkaufen, wie die Puritaner in Neuengland, und die Quacker unter Pen, in Penſilvanien, findet die Sache weiter keine Schwierigkeit, ſ. Ruſſel Geſch. von Ame- rika, 3. Th. S. 374. §. 9. Deren Beſitznehmung. Um das Eigenthum dergleichen Lande, es ſey auf ſchieht,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <note place="end" n="**]"> <pb facs="#f0025" n="11"/> <fw place="top" type="header">und dem urſpruͤnglichen Erwerbe.</fw><lb/> <hi rendition="#et">Wenn die Wilden einen feſten Sitz haben, und<lb/> nur hie und da in ihrem Lande noch unbebauete Plaͤtze<lb/> ſich finden, ſo muß ohnſtreitig auch von ihnen der oben<lb/> angefuͤhrte Grundſatz gelten: daß kein auswaͤrtiges Volk<lb/> ſich derſelben mit Recht anmaaſſen koͤnne. Haben ſie<lb/> aber, wie Vattel ſagt, wirklich unſtaͤte Wohnungen in<lb/> einem unermeßlichen Lande, ſo kann es andern nicht<lb/> fuͤglich verwehrt werden, ſich eines Stuͤck Landes zu be-<lb/> maͤchtigen, deſſen die Wilden nicht beſonders benoͤthigt<lb/> ſind, und wovon ſie keinen wirklichen und ununterbro-<lb/> chenen Gebrauch machen; zumal wenn ihnen zu ihrem<lb/> Unterhalt noch genug uͤbrig gelaſſen wird. Wenn die<lb/> Wilden in Beſitzergreifung und Oberherrſchaft willigen,<lb/> oder, wie Vattel bemerkt, die Entdecker ihnen das Land<lb/> abkaufen, wie die Puritaner in Neuengland, und die<lb/> Quacker unter Pen, in Penſilvanien, findet die Sache<lb/> weiter keine Schwierigkeit, ſ. <hi rendition="#fr">Ruſſel</hi> Geſch. von Ame-<lb/> rika, 3. Th. S. 374.</hi> </note> </div><lb/> <div n="4"> <head>§. 9.<lb/><hi rendition="#g">Deren Beſitznehmung</hi>.</head><lb/> <p>Um das Eigenthum dergleichen Lande, es ſey auf<lb/> welche Art es wolle, zu erlangen, iſt es nicht hin-<lb/> laͤnglich, ſie entdeckt zu haben, oder blos die Abſicht der<lb/> Bemaͤchtigung an den Tag zu legen. Sie muͤſſen auf<lb/> vorerwaͤhnte Weiſe [§. 3.] wirklich in Beſitz genommen<lb/> werden. Das beſitzergreifende Volk muß, z. B. auf<lb/> der Inſel ꝛc. wirklich landen, gewiſſe Grenzen abſte-<lb/> cken <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">a</hi></hi>] und ſie entweder gleich mit Mannſchaft beſetzen,<lb/> oder wenigſtens ſolche Veranſtaltungen zuruͤcklaſſen,<lb/> woraus andere, die nachher dahin kommen, ſogleich ab-<lb/> nehmen koͤnnen, daß ſie einen Eigenthuͤmer habe, und<lb/> nicht mehr herrnlos ſey. Die Anbauung muß nachher<lb/> auch wirklich erfolgen; denn wenn dieſes nicht ge-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſchieht,</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [11/0025]
und dem urſpruͤnglichen Erwerbe.
**]
Wenn die Wilden einen feſten Sitz haben, und
nur hie und da in ihrem Lande noch unbebauete Plaͤtze
ſich finden, ſo muß ohnſtreitig auch von ihnen der oben
angefuͤhrte Grundſatz gelten: daß kein auswaͤrtiges Volk
ſich derſelben mit Recht anmaaſſen koͤnne. Haben ſie
aber, wie Vattel ſagt, wirklich unſtaͤte Wohnungen in
einem unermeßlichen Lande, ſo kann es andern nicht
fuͤglich verwehrt werden, ſich eines Stuͤck Landes zu be-
maͤchtigen, deſſen die Wilden nicht beſonders benoͤthigt
ſind, und wovon ſie keinen wirklichen und ununterbro-
chenen Gebrauch machen; zumal wenn ihnen zu ihrem
Unterhalt noch genug uͤbrig gelaſſen wird. Wenn die
Wilden in Beſitzergreifung und Oberherrſchaft willigen,
oder, wie Vattel bemerkt, die Entdecker ihnen das Land
abkaufen, wie die Puritaner in Neuengland, und die
Quacker unter Pen, in Penſilvanien, findet die Sache
weiter keine Schwierigkeit, ſ. Ruſſel Geſch. von Ame-
rika, 3. Th. S. 374.
§. 9.
Deren Beſitznehmung.
Um das Eigenthum dergleichen Lande, es ſey auf
welche Art es wolle, zu erlangen, iſt es nicht hin-
laͤnglich, ſie entdeckt zu haben, oder blos die Abſicht der
Bemaͤchtigung an den Tag zu legen. Sie muͤſſen auf
vorerwaͤhnte Weiſe [§. 3.] wirklich in Beſitz genommen
werden. Das beſitzergreifende Volk muß, z. B. auf
der Inſel ꝛc. wirklich landen, gewiſſe Grenzen abſte-
cken a] und ſie entweder gleich mit Mannſchaft beſetzen,
oder wenigſtens ſolche Veranſtaltungen zuruͤcklaſſen,
woraus andere, die nachher dahin kommen, ſogleich ab-
nehmen koͤnnen, daß ſie einen Eigenthuͤmer habe, und
nicht mehr herrnlos ſey. Die Anbauung muß nachher
auch wirklich erfolgen; denn wenn dieſes nicht ge-
ſchieht,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |