Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.Algemeine wechselseitige Rechte der Völker noch sind diese Grenzzeichen an einigen Orten so weit voneinander entfernt, daß die Ueberschreitung der Grenzen aus Versehn sehr möglich ist. So wenig diese Möglich- keit in der gegenseitigen Schrift anitzo zugegeben werden will, so ist doch dieselbe zur einzigen Entschuldigung eines von einem ganzen Commando von zehn Dragonern -- verübten gewaltsamen Einfalls in das Königl. Preussische Territorium -- behauptet worden. Wenn also ein glei- ches Recht gelten soll, so verdienen die diesseitige und aus Versehn geschehene Ueberschreitung der Grenze den Namen violationis territorii nicht; vielmehr wird der Unterschied zwischen solchen und den gegenseitigen Ein- fällen zeigen, daß nicht iene, sondern diese wahre vio- lationes territorii gewesen sind. Mosers Beitr. in Fr. Zeit. 5. Th. S. 351. h] In nur erwähnten Streitigkeiten bemerkte Preussen fer- ner: Zwischen aneinander grenzenden Staaten und darinn eingvartierten Truppen ist es nicht möglich, alle kleine Versehen zu verhüten. Die Kaiserin Königin haben die- ses selbst eingesehen und sind darüber mit des Königs von Preussen Maj. einig geworden, daß alle dergleichen an den Grenzen vorfallenden Militärstreitigkeiten durch die von beiden Theilen dazu ernanten Generals kurz abge- than werden möchten -- so ist um so mehr zu verwun- dern, wie gegenseitig nunmehro alle diese oben angeführ- te, wiewohl nichts weniger als violationes territorii be- weisende Vorfälle, als eben so viel Friedensbrüche ange- führt werden mögen. Mosers Beiträge a. a. O. S. 356. Dänemark und Schweden verglichen sich in dem Grenzvertrage von 1751. Art. 6. Um fernerhin allen dergleichen Schaden, Verdrus und Gewaltthätig- keiten vorzubeugen, so bisher beider Reiche Grenzunter- thanen zugefügt worden, dadurch daß sie ausserhalb ihrer Grenzen Holz gefält und einander verschiedenen an- dern Eintrag gethan; so ist man übereingekommen, daß Algemeine wechſelſeitige Rechte der Voͤlker noch ſind dieſe Grenzzeichen an einigen Orten ſo weit voneinander entfernt, daß die Ueberſchreitung der Grenzen aus Verſehn ſehr moͤglich iſt. So wenig dieſe Moͤglich- keit in der gegenſeitigen Schrift anitzo zugegeben werden will, ſo iſt doch dieſelbe zur einzigen Entſchuldigung eines von einem ganzen Commando von zehn Dragonern — veruͤbten gewaltſamen Einfalls in das Koͤnigl. Preuſſiſche Territorium — behauptet worden. Wenn alſo ein glei- ches Recht gelten ſoll, ſo verdienen die dieſſeitige und aus Verſehn geſchehene Ueberſchreitung der Grenze den Namen violationis territorii nicht; vielmehr wird der Unterſchied zwiſchen ſolchen und den gegenſeitigen Ein- faͤllen zeigen, daß nicht iene, ſondern dieſe wahre vio- lationes territorii geweſen ſind. Moſers Beitr. in Fr. Zeit. 5. Th. S. 351. h] In nur erwaͤhnten Streitigkeiten bemerkte Preuſſen fer- ner: Zwiſchen aneinander grenzenden Staaten und darinn eingvartierten Truppen iſt es nicht moͤglich, alle kleine Verſehen zu verhuͤten. Die Kaiſerin Koͤnigin haben die- ſes ſelbſt eingeſehen und ſind daruͤber mit des Koͤnigs von Preuſſen Maj. einig geworden, daß alle dergleichen an den Grenzen vorfallenden Militaͤrſtreitigkeiten durch die von beiden Theilen dazu ernanten Generals kurz abge- than werden moͤchten — ſo iſt um ſo mehr zu verwun- dern, wie gegenſeitig nunmehro alle dieſe oben angefuͤhr- te, wiewohl nichts weniger als violationes territorii be- weiſende Vorfaͤlle, als eben ſo viel Friedensbruͤche ange- fuͤhrt werden moͤgen. Moſers Beitraͤge a. a. O. S. 356. Daͤnemark und Schweden verglichen ſich in dem Grenzvertrage von 1751. Art. 6. Um fernerhin allen dergleichen Schaden, Verdrus und Gewaltthaͤtig- keiten vorzubeugen, ſo bisher beider Reiche Grenzunter- thanen zugefuͤgt worden, dadurch daß ſie auſſerhalb ihrer Grenzen Holz gefaͤlt und einander verſchiedenen an- dern Eintrag gethan; ſo iſt man uͤbereingekommen, daß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <note place="end" n="g]"><pb facs="#f0252" n="238"/><fw place="top" type="header">Algemeine wechſelſeitige Rechte der Voͤlker</fw><lb/> noch ſind dieſe Grenzzeichen an einigen Orten ſo weit von<lb/> einander entfernt, daß die Ueberſchreitung der Grenzen<lb/> aus Verſehn ſehr moͤglich iſt. So wenig dieſe Moͤglich-<lb/> keit in der gegenſeitigen Schrift anitzo zugegeben werden<lb/> will, ſo iſt doch dieſelbe zur einzigen Entſchuldigung eines<lb/> von einem ganzen Commando von zehn Dragonern —<lb/> veruͤbten gewaltſamen Einfalls in das Koͤnigl. Preuſſiſche<lb/> Territorium — behauptet worden. 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Algemeine wechſelſeitige Rechte der Voͤlker
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noch ſind dieſe Grenzzeichen an einigen Orten ſo weit von
einander entfernt, daß die Ueberſchreitung der Grenzen
aus Verſehn ſehr moͤglich iſt. So wenig dieſe Moͤglich-
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will, ſo iſt doch dieſelbe zur einzigen Entſchuldigung eines
von einem ganzen Commando von zehn Dragonern —
veruͤbten gewaltſamen Einfalls in das Koͤnigl. Preuſſiſche
Territorium — behauptet worden. Wenn alſo ein glei-
ches Recht gelten ſoll, ſo verdienen die dieſſeitige und
aus Verſehn geſchehene Ueberſchreitung der Grenze den
Namen violationis territorii nicht; vielmehr wird der
Unterſchied zwiſchen ſolchen und den gegenſeitigen Ein-
faͤllen zeigen, daß nicht iene, ſondern dieſe wahre vio-
lationes territorii geweſen ſind. Moſers Beitr. in
Fr. Zeit. 5. Th. S. 351.
h] In nur erwaͤhnten Streitigkeiten bemerkte Preuſſen fer-
ner: Zwiſchen aneinander grenzenden Staaten und darinn
eingvartierten Truppen iſt es nicht moͤglich, alle kleine
Verſehen zu verhuͤten. Die Kaiſerin Koͤnigin haben die-
ſes ſelbſt eingeſehen und ſind daruͤber mit des Koͤnigs von
Preuſſen Maj. einig geworden, daß alle dergleichen an
den Grenzen vorfallenden Militaͤrſtreitigkeiten durch die
von beiden Theilen dazu ernanten Generals kurz abge-
than werden moͤchten — ſo iſt um ſo mehr zu verwun-
dern, wie gegenſeitig nunmehro alle dieſe oben angefuͤhr-
te, wiewohl nichts weniger als violationes territorii be-
weiſende Vorfaͤlle, als eben ſo viel Friedensbruͤche ange-
fuͤhrt werden moͤgen. Moſers Beitraͤge a. a. O.
S. 356. Daͤnemark und Schweden verglichen ſich in
dem Grenzvertrage von 1751. Art. 6. Um fernerhin
allen dergleichen Schaden, Verdrus und Gewaltthaͤtig-
keiten vorzubeugen, ſo bisher beider Reiche Grenzunter-
thanen zugefuͤgt worden, dadurch daß ſie auſſerhalb
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dern Eintrag gethan; ſo iſt man uͤbereingekommen, daß
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