sen Gesandte an den auswärtigen Höfen schlechte Auf- nahme, und wurden in Holland und Spanien gar er- mordet.
§. 9. Teutsche Landesherrn.
Auch die landeshoheitlichen Staaten, und beson- ders die der teutschen Reichsstände, werden nach ver- schiedenen Formen regiert. Allein diese haben, weil sie nicht völlig unabhängig sind, und keinen selbststän- digen Staat ausmachen, sondern als Theile eines an- dern Hauptstaats gelten, allerdings in Anordnung ihrer Regierungsverfassung und deren Veränderung nicht dieienige Freiheit, welche den unabhängigen Nazionen hierunter zusteht. Sie können keine Veränderung vor- nehmen, wenn sie auch der Verfassung ihres Landes nicht zuwider wäre, und mit Einwilligung ihrer Land- stände geschähe, weil das ganze Reich dabey interessirt ist, und eine iede Haupänderung auf das Reichssystem einen Einflus haben würde; wogegen ihnen irgend et- was zu unternehmen nicht erlaubt ist a]. Eben so we- nig kann das Reichsoberhaupt für sich allein, weder in Ansehung der ganzen Reichsverfassung, noch in der Einrichtung einzelner Staaten sich einer Aenderung an- maassen b]. Noch weniger haben auswärtige Nazio- nen einiges Recht hierunter oder dürfen von den Lan- desherrn in solcher Absicht gebraucht werden c]. Es gehört vielmehr zur Obliegenheit und zum Wohl des Reichsoberhaupts und sämtlicher Glieder für die Auf- rechthaltung der Reichsverfassung die möglichste Sorg- falt zu tragen: wie denn selbst Auswärtigen solche nicht ganz gleichgültig zu seyn pflegt. Und ob wohl die Kla- gen über Verletzung der Reichsverfassung von dieser
und
B b 2
Von d. Feſtſ. einer gewiſſen Regierungsform.
ſen Geſandte an den auswaͤrtigen Hoͤfen ſchlechte Auf- nahme, und wurden in Holland und Spanien gar er- mordet.
§. 9. Teutſche Landesherrn.
Auch die landeshoheitlichen Staaten, und beſon- ders die der teutſchen Reichsſtaͤnde, werden nach ver- ſchiedenen Formen regiert. Allein dieſe haben, weil ſie nicht voͤllig unabhaͤngig ſind, und keinen ſelbſtſtaͤn- digen Staat ausmachen, ſondern als Theile eines an- dern Hauptſtaats gelten, allerdings in Anordnung ihrer Regierungsverfaſſung und deren Veraͤnderung nicht dieienige Freiheit, welche den unabhaͤngigen Nazionen hierunter zuſteht. Sie koͤnnen keine Veraͤnderung vor- nehmen, wenn ſie auch der Verfaſſung ihres Landes nicht zuwider waͤre, und mit Einwilligung ihrer Land- ſtaͤnde geſchaͤhe, weil das ganze Reich dabey intereſſirt iſt, und eine iede Haupaͤnderung auf das Reichsſyſtem einen Einflus haben wuͤrde; wogegen ihnen irgend et- was zu unternehmen nicht erlaubt iſt a]. Eben ſo we- nig kann das Reichsoberhaupt fuͤr ſich allein, weder in Anſehung der ganzen Reichsverfaſſung, noch in der Einrichtung einzelner Staaten ſich einer Aenderung an- maaſſen b]. Noch weniger haben auswaͤrtige Nazio- nen einiges Recht hierunter oder duͤrfen von den Lan- desherrn in ſolcher Abſicht gebraucht werden c]. Es gehoͤrt vielmehr zur Obliegenheit und zum Wohl des Reichsoberhaupts und ſaͤmtlicher Glieder fuͤr die Auf- rechthaltung der Reichsverfaſſung die moͤglichſte Sorg- falt zu tragen: wie denn ſelbſt Auswaͤrtigen ſolche nicht ganz gleichguͤltig zu ſeyn pflegt. Und ob wohl die Kla- gen uͤber Verletzung der Reichsverfaſſung von dieſer
und
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Von d. Feſtſ. einer gewiſſen Regierungsform.
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ſen Geſandte an den auswaͤrtigen Hoͤfen ſchlechte Auf-
nahme, und wurden in Holland und Spanien gar er-
mordet.
§. 9.
Teutſche Landesherrn.
Auch die landeshoheitlichen Staaten, und beſon-
ders die der teutſchen Reichsſtaͤnde, werden nach ver-
ſchiedenen Formen regiert. Allein dieſe haben, weil
ſie nicht voͤllig unabhaͤngig ſind, und keinen ſelbſtſtaͤn-
digen Staat ausmachen, ſondern als Theile eines an-
dern Hauptſtaats gelten, allerdings in Anordnung ihrer
Regierungsverfaſſung und deren Veraͤnderung nicht
dieienige Freiheit, welche den unabhaͤngigen Nazionen
hierunter zuſteht. Sie koͤnnen keine Veraͤnderung vor-
nehmen, wenn ſie auch der Verfaſſung ihres Landes
nicht zuwider waͤre, und mit Einwilligung ihrer Land-
ſtaͤnde geſchaͤhe, weil das ganze Reich dabey intereſſirt
iſt, und eine iede Haupaͤnderung auf das Reichsſyſtem
einen Einflus haben wuͤrde; wogegen ihnen irgend et-
was zu unternehmen nicht erlaubt iſt a]. Eben ſo we-
nig kann das Reichsoberhaupt fuͤr ſich allein, weder in
Anſehung der ganzen Reichsverfaſſung, noch in der
Einrichtung einzelner Staaten ſich einer Aenderung an-
maaſſen b]. Noch weniger haben auswaͤrtige Nazio-
nen einiges Recht hierunter oder duͤrfen von den Lan-
desherrn in ſolcher Abſicht gebraucht werden c]. Es
gehoͤrt vielmehr zur Obliegenheit und zum Wohl des
Reichsoberhaupts und ſaͤmtlicher Glieder fuͤr die Auf-
rechthaltung der Reichsverfaſſung die moͤglichſte Sorg-
falt zu tragen: wie denn ſelbſt Auswaͤrtigen ſolche nicht
ganz gleichguͤltig zu ſeyn pflegt. Und ob wohl die Kla-
gen uͤber Verletzung der Reichsverfaſſung von dieſer
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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/401>, abgerufen am 22.11.2024.
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