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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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und dem ursprünglichen Erwerbe.
ser Zuwachs dem Volke, dessen Eigenthum das Was-
ser ist. Geschieht es in dem an den Küsten besitzenden
Theile des Meeres oder in einem ihm allein zustehenden
Flusse, so ist die Insel ihm allein eigen. Dies findet
auch in dem Falle statt, wenn der Fluß bis in die
Mitte einer Nazion zugehört und an ihrer Seite derglei-
chen anwächst. Von einer in der Mitte eines getheil-
ten Gewässers entstehenden Insel gehört jeder soviel,
als eine durch die Mitte des Flusses gezogene Linie ihr
zutheilt. Ist das Wasser ganz gemeinschaftlich, so
wird auch die Insel ein gemeinschaftliches Eigenthum;
es müste denn in allen diesen Fällen durch Verträge et-
was anders beliebt werden a].

Es bedarf auch hier keiner weitern Besitzergreifung:
doch müssen schwimmende Inseln, die von selbst sich
nicht festsetzen, allerdings ergriffen und befestigt wer-
den, wenn ein Volk das Eigenthum daran erwerben
will; sonst gehören sie ihm nur so lange, als sie in sei-
nen Gewässern sich befinden.

a] Im Belgrader Frieden zwischen dem Wiener Hofe und
der Ottomannischen Pforte 1739. Art. 7. z. B. wird
festgesetzt: Danubii et Savi -- emolumentum --
commune sit --. Si quae vero enascantur, aut iam
enatae sint insulae, illi ex contrahentibus cedant, cu-
jus ripae sunt vieiniores.
Mit Polen vergliche eben
dieser Hof sich in der Convention vom 9. Febr. 1776:
La ville de Casimir attenant Craeovie est retrocedee
a la Pologne; mais en echange, toutes les iles que
forme la Vistule dans son cours, jusqu'a L'endroit
ou se terminent les bornes des pays eedes par la pre-
sente Convention, et la moitie du lit de cette riviere
appartiendront a S. M. Imp. et Royale.
Mosers
Versuch 5. Th. S. 309.
*] Io. Gryphiander de insulis, Frcf. 1622. und in A.
Fritschii iure fluv. Ien. 1672. n. 5. p.
294 -- 948.

und dem urſpruͤnglichen Erwerbe.
ſer Zuwachs dem Volke, deſſen Eigenthum das Waſ-
ſer iſt. Geſchieht es in dem an den Kuͤſten beſitzenden
Theile des Meeres oder in einem ihm allein zuſtehenden
Fluſſe, ſo iſt die Inſel ihm allein eigen. Dies findet
auch in dem Falle ſtatt, wenn der Fluß bis in die
Mitte einer Nazion zugehoͤrt und an ihrer Seite derglei-
chen anwaͤchſt. Von einer in der Mitte eines getheil-
ten Gewaͤſſers entſtehenden Inſel gehoͤrt jeder ſoviel,
als eine durch die Mitte des Fluſſes gezogene Linie ihr
zutheilt. Iſt das Waſſer ganz gemeinſchaftlich, ſo
wird auch die Inſel ein gemeinſchaftliches Eigenthum;
es muͤſte denn in allen dieſen Faͤllen durch Vertraͤge et-
was anders beliebt werden a].

Es bedarf auch hier keiner weitern Beſitzergreifung:
doch muͤſſen ſchwimmende Inſeln, die von ſelbſt ſich
nicht feſtſetzen, allerdings ergriffen und befeſtigt wer-
den, wenn ein Volk das Eigenthum daran erwerben
will; ſonſt gehoͤren ſie ihm nur ſo lange, als ſie in ſei-
nen Gewaͤſſern ſich befinden.

a] Im Belgrader Frieden zwiſchen dem Wiener Hofe und
der Ottomanniſchen Pforte 1739. Art. 7. z. B. wird
feſtgeſetzt: Danubii et Savi — emolumentum —
commune ſit —. Si quae vero enascantur, aut iam
enatae ſint inſulae, illi ex contrahentibus cedant, cu-
jus ripae ſunt vieiniores.
Mit Polen vergliche eben
dieſer Hof ſich in der Convention vom 9. Febr. 1776:
La ville de Caſimir attenant Craeovie eſt retrocedée
à la Pologne; mais en echange, toutes les iles que
forme la Viſtule dans ſon cours, jusqu’à L’endroit
où ſe terminent les bornes des pays eedés par la pré-
ſente Convention, et la moitié du lit de cette rivière
appartiendront à S. M. Imp. et Royale.
Moſers
Verſuch 5. Th. S. 309.
*] Io. Gryphiander de inſulis, Frcf. 1622. und in A.
Fritſchii iure fluv. Ien. 1672. n. 5. p.
294 — 948.
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[61/0075] und dem urſpruͤnglichen Erwerbe. ſer Zuwachs dem Volke, deſſen Eigenthum das Waſ- ſer iſt. Geſchieht es in dem an den Kuͤſten beſitzenden Theile des Meeres oder in einem ihm allein zuſtehenden Fluſſe, ſo iſt die Inſel ihm allein eigen. Dies findet auch in dem Falle ſtatt, wenn der Fluß bis in die Mitte einer Nazion zugehoͤrt und an ihrer Seite derglei- chen anwaͤchſt. Von einer in der Mitte eines getheil- ten Gewaͤſſers entſtehenden Inſel gehoͤrt jeder ſoviel, als eine durch die Mitte des Fluſſes gezogene Linie ihr zutheilt. Iſt das Waſſer ganz gemeinſchaftlich, ſo wird auch die Inſel ein gemeinſchaftliches Eigenthum; es muͤſte denn in allen dieſen Faͤllen durch Vertraͤge et- was anders beliebt werden a]. Es bedarf auch hier keiner weitern Beſitzergreifung: doch muͤſſen ſchwimmende Inſeln, die von ſelbſt ſich nicht feſtſetzen, allerdings ergriffen und befeſtigt wer- den, wenn ein Volk das Eigenthum daran erwerben will; ſonſt gehoͤren ſie ihm nur ſo lange, als ſie in ſei- nen Gewaͤſſern ſich befinden. a] Im Belgrader Frieden zwiſchen dem Wiener Hofe und der Ottomanniſchen Pforte 1739. Art. 7. z. B. wird feſtgeſetzt: Danubii et Savi — emolumentum — commune ſit —. Si quae vero enascantur, aut iam enatae ſint inſulae, illi ex contrahentibus cedant, cu- jus ripae ſunt vieiniores. Mit Polen vergliche eben dieſer Hof ſich in der Convention vom 9. Febr. 1776: La ville de Caſimir attenant Craeovie eſt retrocedée à la Pologne; mais en echange, toutes les iles que forme la Viſtule dans ſon cours, jusqu’à L’endroit où ſe terminent les bornes des pays eedés par la pré- ſente Convention, et la moitié du lit de cette rivière appartiendront à S. M. Imp. et Royale. Moſers Verſuch 5. Th. S. 309. *] Io. Gryphiander de inſulis, Frcf. 1622. und in A. Fritſchii iure fluv. Ien. 1672. n. 5. p. 294 — 948. Paul.

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/75>, abgerufen am 27.11.2024.