Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

Bild:
<< vorherige Seite

status circa leges & judicia.
aus seiner Ordnung kommt, da ist pax, felicitas, und eine rechte harmo-
nie,
wie Plato es nennet. Dieses muß in allen Republiquen observiret
werden, und muß ratione legum eine differentia gehalten werden in Mo-
narchia, Aristocratia, Democratia &c.
Davon hernach. Es ist bekannt
in omni civitate ist eine summa potestas; es ist ein subjectum da, welches
summam potestatem hat, sive unus, sive pauciores, sive plures regnent.
Dieses subjectum muß sich können erklären, denn auch GOtt hat seinen
Willen declarirt, was man thun muß. Ein princeps muß also seinen
Willen erklären, quid fieri cupiat ab hominibus sibi subjectis. Die Er-
klärung seines Willens ist die ordre, lex, oder Gesetz, wie es die Teut-
schen genennet. * Es kommt hier drauf nicht an, an princeps leges ferre
possit.
Denn dieses wird in lur. Nat. weitläufftig gewiesen, sondern
hier ist die Rede de prudentia: wie klüglich und weißlich die leges sollen
eingerichtet werden. Ob man aber hernach die requisita bey denen le-
gibus humanis
wird antreffen, davon wird ein jeder leicht urtheilen kön-
nen; und kan er wenigstens hieraus erkennen, was die leges humanae
vor Fehler haben. Daher wird man keine bessere leges finden, als die
Jüdischen: Denn GOtt hat sie ihnen selbst gegeben, welcher den ge-
nium populi
recht erkennet; Alle die von der Jüdischen Republic was
entlehnet, als wie die gantz alten Athenienser und Lacedemonier, die ha-
ben auch gute Sachen gehabt. So werden wir also keine Republic
antreffen, wie die Jüdische beschaffen gewesen; aber man kan doch hier-
aus die Fehler anderer beurtheilen. Daher, wenn man reiset, so muß
man nicht die Opern und Bordells besuchen, sondern man muß eine jede
Republic ansehen, was sie vor Gesetze hat, und aus denen Gesetzen kan
man die perfectiones und imperfectiones einer Republic erkennen. Man
kan freylich nicht alle Republiquen sehen, daher muß man sich per expe-
rientiam alienam
helffen. Wer will eine gute Policey sehen, der reise
nach Italien, denn in Genua, Venedig, und andern Orten findet man
die besten Policeyen, von welchen die Reichs-Städte in Francken,
Schwaben vieles entlehnet. Es sind auch jetzt viele gelehrte Leute in
Italien, daß man also auch dieserwegen daselbst Nutzen haben kan.
Herr Thomasius hat sonst ein eigen Collegium über die prudentiam Le-
gislatoriam
gehalten. Non male: Denn wenn man ad specialia gehen

will,
* Gesetze haben sie es genennet von dem Absatz, weil sie Abtheilungen gemacht, di-
versa capitula, dahero auch die Capitularia ihre Benennung haben. Sie
haben lauter Briefe gehabt, wie Conrad. Ursperg. sagt, diese haben sie zu-
sammen gepackt, wovon kommt das Wort pactus legis.
Z

ſtatus circa leges & judicia.
aus ſeiner Ordnung kommt, da iſt pax, felicitas, und eine rechte harmo-
nie,
wie Plato es nennet. Dieſes muß in allen Republiquen obſerviret
werden, und muß ratione legum eine differentia gehalten werden in Mo-
narchia, Ariſtocratia, Democratia &c.
Davon hernach. Es iſt bekannt
in omni civitate iſt eine ſumma poteſtas; es iſt ein ſubjectum da, welches
ſummam poteſtatem hat, ſive unus, ſive pauciores, ſive plures regnent.
Dieſes ſubjectum muß ſich koͤnnen erklaͤren, denn auch GOtt hat ſeinen
Willen declarirt, was man thun muß. Ein princeps muß alſo ſeinen
Willen erklaͤren, quid fieri cupiat ab hominibus ſibi ſubjectis. Die Er-
klaͤrung ſeines Willens iſt die ordre, lex, oder Geſetz, wie es die Teut-
ſchen genennet. * Es kommt hier drauf nicht an, an princeps leges ferre
posſit.
Denn dieſes wird in lur. Nat. weitlaͤufftig gewieſen, ſondern
hier iſt die Rede de prudentia: wie kluͤglich und weißlich die leges ſollen
eingerichtet werden. Ob man aber hernach die requiſita bey denen le-
gibus humanis
wird antreffen, davon wird ein jeder leicht urtheilen koͤn-
nen; und kan er wenigſtens hieraus erkennen, was die leges humanæ
vor Fehler haben. Daher wird man keine beſſere leges finden, als die
Juͤdiſchen: Denn GOtt hat ſie ihnen ſelbſt gegeben, welcher den ge-
nium populi
recht erkennet; Alle die von der Juͤdiſchen Republic was
entlehnet, als wie die gantz alten Athenienſer und Lacedemonier, die ha-
ben auch gute Sachen gehabt. So werden wir alſo keine Republic
antreffen, wie die Juͤdiſche beſchaffen geweſen; aber man kan doch hier-
aus die Fehler anderer beurtheilen. Daher, wenn man reiſet, ſo muß
man nicht die Opern und Bordells beſuchen, ſondern man muß eine jede
Republic anſehen, was ſie vor Geſetze hat, und aus denen Geſetzen kan
man die perfectiones und imperfectiones einer Republic erkennen. Man
kan freylich nicht alle Republiquen ſehen, daher muß man ſich per expe-
rientiam alienam
helffen. Wer will eine gute Policey ſehen, der reiſe
nach Italien, denn in Genua, Venedig, und andern Orten findet man
die beſten Policeyen, von welchen die Reichs-Staͤdte in Francken,
Schwaben vieles entlehnet. Es ſind auch jetzt viele gelehrte Leute in
Italien, daß man alſo auch dieſerwegen daſelbſt Nutzen haben kan.
Herr Thomaſius hat ſonſt ein eigen Collegium uͤber die prudentiam Le-
gislatoriam
gehalten. Non male: Denn wenn man ad ſpecialia gehen

will,
* Geſetze haben ſie es genennet von dem Abſatz, weil ſie Abtheilungen gemacht, di-
verſa capitula, dahero auch die Capitularia ihre Benennung haben. Sie
haben lauter Briefe gehabt, wie Conrad. Urſperg. ſagt, dieſe haben ſie zu-
ſammen gepackt, wovon kommt das Wort pactus legis.
Z
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0197" n="177"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">&#x017F;tatus circa leges &amp; judicia.</hi></fw><lb/>
aus &#x017F;einer Ordnung kommt, da i&#x017F;t <hi rendition="#aq">pax, felicitas,</hi> und eine rechte <hi rendition="#aq">harmo-<lb/>
nie,</hi> wie <hi rendition="#aq">Plato</hi> es nennet. Die&#x017F;es muß in allen Republiquen <hi rendition="#aq">ob&#x017F;ervi</hi>ret<lb/>
werden, und muß <hi rendition="#aq">ratione legum</hi> eine <hi rendition="#aq">differentia</hi> gehalten werden <hi rendition="#aq">in Mo-<lb/>
narchia, Ari&#x017F;tocratia, Democratia &amp;c.</hi> Davon hernach. Es i&#x017F;t bekannt<lb/><hi rendition="#aq">in omni civitate</hi> i&#x017F;t eine <hi rendition="#aq">&#x017F;umma pote&#x017F;tas;</hi> es i&#x017F;t ein <hi rendition="#aq">&#x017F;ubjectum</hi> da, welches<lb/><hi rendition="#aq">&#x017F;ummam pote&#x017F;tatem</hi> hat, <hi rendition="#aq">&#x017F;ive unus, &#x017F;ive pauciores, &#x017F;ive plures regnent.</hi><lb/>
Die&#x017F;es <hi rendition="#aq">&#x017F;ubjectum</hi> muß &#x017F;ich ko&#x0364;nnen erkla&#x0364;ren, denn auch GOtt hat &#x017F;einen<lb/>
Willen <hi rendition="#aq">declari</hi>rt, was man thun muß. Ein <hi rendition="#aq">princeps</hi> muß al&#x017F;o &#x017F;einen<lb/>
Willen erkla&#x0364;ren, <hi rendition="#aq">quid fieri cupiat ab hominibus &#x017F;ibi &#x017F;ubjectis.</hi> Die Er-<lb/>
kla&#x0364;rung &#x017F;eines Willens i&#x017F;t die <hi rendition="#aq">ordre, lex,</hi> oder Ge&#x017F;etz, wie es die Teut-<lb/>
&#x017F;chen genennet. <note place="foot" n="*">Ge&#x017F;etze haben &#x017F;ie es genennet von dem Ab&#x017F;atz, weil &#x017F;ie Abtheilungen gemacht, <hi rendition="#aq">di-</hi><lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">ver&#x017F;a capitula,</hi> dahero auch die <hi rendition="#aq">Capitularia</hi> ihre Benennung haben. Sie<lb/>
haben lauter Briefe gehabt, wie <hi rendition="#aq">Conrad. Ur&#x017F;perg.</hi> &#x017F;agt, die&#x017F;e haben &#x017F;ie zu-<lb/>
&#x017F;ammen gepackt, wovon kommt das Wort <hi rendition="#aq">pactus legis.</hi></hi></note> Es kommt hier drauf nicht an, <hi rendition="#aq">an princeps leges ferre<lb/>
pos&#x017F;it.</hi> Denn die&#x017F;es wird in <hi rendition="#aq">lur. Nat.</hi> weitla&#x0364;ufftig gewie&#x017F;en, &#x017F;ondern<lb/>
hier i&#x017F;t die Rede <hi rendition="#aq">de prudentia:</hi> wie klu&#x0364;glich und weißlich die <hi rendition="#aq">leges</hi> &#x017F;ollen<lb/>
eingerichtet werden. Ob man aber hernach die <hi rendition="#aq">requi&#x017F;ita</hi> bey denen <hi rendition="#aq">le-<lb/>
gibus humanis</hi> wird antreffen, davon wird ein jeder leicht urtheilen ko&#x0364;n-<lb/>
nen; und kan er wenig&#x017F;tens hieraus erkennen, was die <hi rendition="#aq">leges humanæ</hi><lb/>
vor Fehler haben. Daher wird man keine be&#x017F;&#x017F;ere <hi rendition="#aq">leges</hi> finden, als die<lb/>
Ju&#x0364;di&#x017F;chen: Denn GOtt hat &#x017F;ie ihnen &#x017F;elb&#x017F;t gegeben, welcher den <hi rendition="#aq">ge-<lb/>
nium populi</hi> recht erkennet; Alle die von der Ju&#x0364;di&#x017F;chen Republic was<lb/>
entlehnet, als wie die gantz alten Athenien&#x017F;er und Lacedemonier, die ha-<lb/>
ben auch gute Sachen gehabt. So werden wir al&#x017F;o keine Republic<lb/>
antreffen, wie die Ju&#x0364;di&#x017F;che be&#x017F;chaffen gewe&#x017F;en; aber man kan doch hier-<lb/>
aus die Fehler anderer beurtheilen. Daher, wenn man rei&#x017F;et, &#x017F;o muß<lb/>
man nicht die <hi rendition="#aq">Opern</hi> und <hi rendition="#aq">Bordells</hi> be&#x017F;uchen, &#x017F;ondern man muß eine jede<lb/>
Republic an&#x017F;ehen, was &#x017F;ie vor Ge&#x017F;etze hat, und aus denen Ge&#x017F;etzen kan<lb/>
man die <hi rendition="#aq">perfectiones</hi> und <hi rendition="#aq">imperfectiones</hi> einer Republic erkennen. Man<lb/>
kan freylich nicht alle Republiquen &#x017F;ehen, daher muß man &#x017F;ich <hi rendition="#aq">per expe-<lb/>
rientiam alienam</hi> helffen. Wer will eine gute Policey &#x017F;ehen, der rei&#x017F;e<lb/>
nach Italien, denn in Genua, Venedig, und andern Orten findet man<lb/>
die be&#x017F;ten Policeyen, von welchen die Reichs-Sta&#x0364;dte in Francken,<lb/>
Schwaben vieles entlehnet. Es &#x017F;ind auch jetzt viele gelehrte Leute in<lb/>
Italien, daß man al&#x017F;o auch die&#x017F;erwegen da&#x017F;elb&#x017F;t Nutzen haben kan.<lb/>
Herr <hi rendition="#aq">Thoma&#x017F;ius</hi> hat &#x017F;on&#x017F;t ein eigen <hi rendition="#aq">Collegium</hi> u&#x0364;ber die <hi rendition="#aq">prudentiam Le-<lb/>
gislatoriam</hi> gehalten. <hi rendition="#aq">Non male:</hi> Denn wenn man <hi rendition="#aq">ad &#x017F;pecialia</hi> gehen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Z</fw><fw place="bottom" type="catch">will,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[177/0197] ſtatus circa leges & judicia. aus ſeiner Ordnung kommt, da iſt pax, felicitas, und eine rechte harmo- nie, wie Plato es nennet. Dieſes muß in allen Republiquen obſerviret werden, und muß ratione legum eine differentia gehalten werden in Mo- narchia, Ariſtocratia, Democratia &c. Davon hernach. Es iſt bekannt in omni civitate iſt eine ſumma poteſtas; es iſt ein ſubjectum da, welches ſummam poteſtatem hat, ſive unus, ſive pauciores, ſive plures regnent. Dieſes ſubjectum muß ſich koͤnnen erklaͤren, denn auch GOtt hat ſeinen Willen declarirt, was man thun muß. Ein princeps muß alſo ſeinen Willen erklaͤren, quid fieri cupiat ab hominibus ſibi ſubjectis. Die Er- klaͤrung ſeines Willens iſt die ordre, lex, oder Geſetz, wie es die Teut- ſchen genennet. * Es kommt hier drauf nicht an, an princeps leges ferre posſit. Denn dieſes wird in lur. Nat. weitlaͤufftig gewieſen, ſondern hier iſt die Rede de prudentia: wie kluͤglich und weißlich die leges ſollen eingerichtet werden. Ob man aber hernach die requiſita bey denen le- gibus humanis wird antreffen, davon wird ein jeder leicht urtheilen koͤn- nen; und kan er wenigſtens hieraus erkennen, was die leges humanæ vor Fehler haben. Daher wird man keine beſſere leges finden, als die Juͤdiſchen: Denn GOtt hat ſie ihnen ſelbſt gegeben, welcher den ge- nium populi recht erkennet; Alle die von der Juͤdiſchen Republic was entlehnet, als wie die gantz alten Athenienſer und Lacedemonier, die ha- ben auch gute Sachen gehabt. So werden wir alſo keine Republic antreffen, wie die Juͤdiſche beſchaffen geweſen; aber man kan doch hier- aus die Fehler anderer beurtheilen. Daher, wenn man reiſet, ſo muß man nicht die Opern und Bordells beſuchen, ſondern man muß eine jede Republic anſehen, was ſie vor Geſetze hat, und aus denen Geſetzen kan man die perfectiones und imperfectiones einer Republic erkennen. Man kan freylich nicht alle Republiquen ſehen, daher muß man ſich per expe- rientiam alienam helffen. Wer will eine gute Policey ſehen, der reiſe nach Italien, denn in Genua, Venedig, und andern Orten findet man die beſten Policeyen, von welchen die Reichs-Staͤdte in Francken, Schwaben vieles entlehnet. Es ſind auch jetzt viele gelehrte Leute in Italien, daß man alſo auch dieſerwegen daſelbſt Nutzen haben kan. Herr Thomaſius hat ſonſt ein eigen Collegium uͤber die prudentiam Le- gislatoriam gehalten. Non male: Denn wenn man ad ſpecialia gehen will, * Geſetze haben ſie es genennet von dem Abſatz, weil ſie Abtheilungen gemacht, di- verſa capitula, dahero auch die Capitularia ihre Benennung haben. Sie haben lauter Briefe gehabt, wie Conrad. Urſperg. ſagt, dieſe haben ſie zu- ſammen gepackt, wovon kommt das Wort pactus legis. Z

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/197
Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/197>, abgerufen am 10.05.2024.