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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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status circa poenas & praemia.
Messer im Unter-Leib gestochen. Er hätte ihnen sollen einen kurtzen pro-
ceß
machen, oder nicht dabey seyn, da sie massacriret worden. Sixtus V.
wurde von denenjenigen, die sonst seine gute qualitäten sehr gerühmet, ge-
tadelt, daß er einen vor seinem Zimmer lassen aufhencken, und wie er
essen wollen, habe er ihn noch einmahl angesehen, und gesagt, daß sey
ein Salat, worauf ein gut Stück Braten schmeckte, vid. Leti in vita
Sixti V. Carolus IX.
in Franckreich wird von der gantzen Welt blamiret,
daß er auf der Parisischen Blut-Hochzeit, an welchem Tage seiner Ge-
mahlin Isabella Gebuhrts-Tag celebriret wurde, und seine Schwester,
Margaretha, an den König Heinrich von Navarra verheyrathet worden,
so viele vornehme Leute, welche dazu invitiret worden, massacriren lassen.
Und noch darzu hat er diesen schönen Schnitzer gemacht, daß er des
Abends, da die massacre vorgegangen, ausgefahren mit Wind-Lichtern
neben der Carosse, und wenn er an einen Ort kam, da einer aufgehän-
get, so ist er ausgestiegen, und hat gesehen, ob er auch todt. Die Fran-
tzosen auch, welche Catholisch sind, erkennen, daß dieses ein Fehler.
Ein jeder hat daraus geschlossen, daß es dem Könige nicht so wohl zu
thun wäre um die Religion, als ein plaisir zu haben ex illo spectaculo
funestissimo,
davon Thuanus gewünschet, daß der Tag im Calender möchte
ausgestrichen werden, da dieses geschehen. Niemand hat auch solche defen-
di
ret, als der Marc. Anton. Muretus in einer Oration, so er vor dem
Pabst gehalten, worinnen aber nichts als Pfaffen-principia, minus pru-
dentia
. Andere Leute, können wohl zu sehen, wenn so eine execution
geschiehet, damit sie ein Exempel dran nehmen, aber grossen Herrn die-
net es nicht zum Exempel, sondern wenn sie zusehen, so dencket man,
sie hätten ein plaisir daran.

§. 6. Ein Herr muß keine neuen supplicia erdencken, sondern straf-Ob neue Stra-
fen zu erden-
cken rathsam?

fen secundum leges, sonst dencket man, er wolle sich rächen, und habe
keine wahre intention. Sufficit, wenn derjenige, so pro hoste gehalten
wird, todt ist, was soll man erst lange auf eine Straffe dencken? Man
hat bey denen Römern als was grausames angesehen, da der Metius und
Suffetius als perduelles mit Pferden zerrissen worden: Denn es war sol-
ches vorher unbekannt. Vor denen Römern ist diese Straffe zu denen
Teutschen kommen. Monsr. Langlaeus erzehlet in seinen semestribus,
daß viele Leute darüber reflectiret, als man unter Francisco I. die perduel-
les
mit eben der Straffe beleget, und saget er, daß die Frantzosen solche
ex formidabili Teutonum regno entlehnet. Reflectiren aber die Leute,
so bekommen sie einen concept von ihren Herrn, daß er ein Nero, ein
Caligula, so lange er force hat, pariren sie; cessirt aber dieses einmahl,

so
D d 2

ſtatus circa pœnas & præmia.
Meſſer im Unter-Leib geſtochen. Er haͤtte ihnen ſollen einen kurtzen pro-
ceß
machen, oder nicht dabey ſeyn, da ſie maſſacriret worden. Sixtus V.
wurde von denenjenigen, die ſonſt ſeine gute qualitaͤten ſehr geruͤhmet, ge-
tadelt, daß er einen vor ſeinem Zimmer laſſen aufhencken, und wie er
eſſen wollen, habe er ihn noch einmahl angeſehen, und geſagt, daß ſey
ein Salat, worauf ein gut Stuͤck Braten ſchmeckte, vid. Leti in vita
Sixti V. Carolus IX.
in Franckreich wird von der gantzen Welt blamiret,
daß er auf der Pariſiſchen Blut-Hochzeit, an welchem Tage ſeiner Ge-
mahlin Iſabella Gebuhrts-Tag celebriret wurde, und ſeine Schweſter,
Margaretha, an den Koͤnig Heinrich von Navarra verheyrathet worden,
ſo viele vornehme Leute, welche dazu invitiret worden, maſſacriren laſſen.
Und noch darzu hat er dieſen ſchoͤnen Schnitzer gemacht, daß er des
Abends, da die maſſacre vorgegangen, ausgefahren mit Wind-Lichtern
neben der Caroſſe, und wenn er an einen Ort kam, da einer aufgehaͤn-
get, ſo iſt er ausgeſtiegen, und hat geſehen, ob er auch todt. Die Fran-
tzoſen auch, welche Catholiſch ſind, erkennen, daß dieſes ein Fehler.
Ein jeder hat daraus geſchloſſen, daß es dem Koͤnige nicht ſo wohl zu
thun waͤre um die Religion, als ein plaiſir zu haben ex illo ſpectaculo
funeſtisſimo,
davon Thuanus gewuͤnſchet, daß der Tag im Calender moͤchte
ausgeſtrichen werden, da dieſes geſchehen. Niemand hat auch ſolche defen-
di
ret, als der Marc. Anton. Muretus in einer Oration, ſo er vor dem
Pabſt gehalten, worinnen aber nichts als Pfaffen-principia, minus pru-
dentia
. Andere Leute, koͤnnen wohl zu ſehen, wenn ſo eine execution
geſchiehet, damit ſie ein Exempel dran nehmen, aber groſſen Herrn die-
net es nicht zum Exempel, ſondern wenn ſie zuſehen, ſo dencket man,
ſie haͤtten ein plaiſir daran.

§. 6. Ein Herr muß keine neuen ſupplicia erdencken, ſondern ſtraf-Ob neue Stra-
fen zu erden-
cken rathſam?

fen ſecundum leges, ſonſt dencket man, er wolle ſich raͤchen, und habe
keine wahre intention. Sufficit, wenn derjenige, ſo pro hoſte gehalten
wird, todt iſt, was ſoll man erſt lange auf eine Straffe dencken? Man
hat bey denen Roͤmern als was grauſames angeſehen, da der Metius und
Suffetius als perduelles mit Pferden zerriſſen worden: Denn es war ſol-
ches vorher unbekannt. Vor denen Roͤmern iſt dieſe Straffe zu denen
Teutſchen kommen. Monſr. Langlæus erzehlet in ſeinen ſemeſtribus,
daß viele Leute daruͤber reflectiret, als man unter Franciſco I. die perduel-
les
mit eben der Straffe beleget, und ſaget er, daß die Frantzoſen ſolche
ex formidabili Teutonum regno entlehnet. Reflectiren aber die Leute,
ſo bekommen ſie einen concept von ihren Herrn, daß er ein Nero, ein
Caligula, ſo lange er force hat, pariren ſie; cesſirt aber dieſes einmahl,

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[211/0231] ſtatus circa pœnas & præmia. Meſſer im Unter-Leib geſtochen. Er haͤtte ihnen ſollen einen kurtzen pro- ceß machen, oder nicht dabey ſeyn, da ſie maſſacriret worden. Sixtus V. wurde von denenjenigen, die ſonſt ſeine gute qualitaͤten ſehr geruͤhmet, ge- tadelt, daß er einen vor ſeinem Zimmer laſſen aufhencken, und wie er eſſen wollen, habe er ihn noch einmahl angeſehen, und geſagt, daß ſey ein Salat, worauf ein gut Stuͤck Braten ſchmeckte, vid. Leti in vita Sixti V. Carolus IX. in Franckreich wird von der gantzen Welt blamiret, daß er auf der Pariſiſchen Blut-Hochzeit, an welchem Tage ſeiner Ge- mahlin Iſabella Gebuhrts-Tag celebriret wurde, und ſeine Schweſter, Margaretha, an den Koͤnig Heinrich von Navarra verheyrathet worden, ſo viele vornehme Leute, welche dazu invitiret worden, maſſacriren laſſen. Und noch darzu hat er dieſen ſchoͤnen Schnitzer gemacht, daß er des Abends, da die maſſacre vorgegangen, ausgefahren mit Wind-Lichtern neben der Caroſſe, und wenn er an einen Ort kam, da einer aufgehaͤn- get, ſo iſt er ausgeſtiegen, und hat geſehen, ob er auch todt. Die Fran- tzoſen auch, welche Catholiſch ſind, erkennen, daß dieſes ein Fehler. Ein jeder hat daraus geſchloſſen, daß es dem Koͤnige nicht ſo wohl zu thun waͤre um die Religion, als ein plaiſir zu haben ex illo ſpectaculo funeſtisſimo, davon Thuanus gewuͤnſchet, daß der Tag im Calender moͤchte ausgeſtrichen werden, da dieſes geſchehen. Niemand hat auch ſolche defen- diret, als der Marc. Anton. Muretus in einer Oration, ſo er vor dem Pabſt gehalten, worinnen aber nichts als Pfaffen-principia, minus pru- dentia. Andere Leute, koͤnnen wohl zu ſehen, wenn ſo eine execution geſchiehet, damit ſie ein Exempel dran nehmen, aber groſſen Herrn die- net es nicht zum Exempel, ſondern wenn ſie zuſehen, ſo dencket man, ſie haͤtten ein plaiſir daran. §. 6. Ein Herr muß keine neuen ſupplicia erdencken, ſondern ſtraf- fen ſecundum leges, ſonſt dencket man, er wolle ſich raͤchen, und habe keine wahre intention. Sufficit, wenn derjenige, ſo pro hoſte gehalten wird, todt iſt, was ſoll man erſt lange auf eine Straffe dencken? Man hat bey denen Roͤmern als was grauſames angeſehen, da der Metius und Suffetius als perduelles mit Pferden zerriſſen worden: Denn es war ſol- ches vorher unbekannt. Vor denen Roͤmern iſt dieſe Straffe zu denen Teutſchen kommen. Monſr. Langlæus erzehlet in ſeinen ſemeſtribus, daß viele Leute daruͤber reflectiret, als man unter Franciſco I. die perduel- les mit eben der Straffe beleget, und ſaget er, daß die Frantzoſen ſolche ex formidabili Teutonum regno entlehnet. Reflectiren aber die Leute, ſo bekommen ſie einen concept von ihren Herrn, daß er ein Nero, ein Caligula, ſo lange er force hat, pariren ſie; cesſirt aber dieſes einmahl, ſo Ob neue Stra- fen zu erden- cken rathſam? D d 2

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/231>, abgerufen am 25.11.2024.