Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.status circa aerarium, tributa & vectigalia. te sind, die etwa durch Unglück verarmet sind, vor die muß man auchsorgen, aber alle Bettler in gantz Europa aufzunehmen hat er nicht nö- thig. Die Leute müssen alle ernehret werden, dadurch gehet denen Un- terthanen viel ab. Meine liberalität gehet nicht so weit, daß ich alle Leute in der gantzen Welt erhalten sollte, sondern ich muß sehen auf die- jenigen, so mir am nähesten sind. Wer wollte sagen, daß einer alle Leute in der Welt sollte zusammen trummlen lassen, seine liberalite ge- gen dieselbe sehen zu lassen. Was die Advocaten praeter propter brau- chen, kan man leicht wissen, wenn einer die Sporteln und Taxen ansie- het, und acht giebet, was vor Processe sind. Weiß einer diese zwölff Classen, so kan er hernach leicht media finden, alles zu erkennen. Col- bert hat auch eine accurate Nachricht von allen Provinzen machen las- sen, da hat der König gewust, was er alle Tage vor sich einzunehmen habe. Er wuste auch, was seine Leute hatten, und was sie im Fall der Noth abgeben kunnten. So ein gescheuter Ministre, als Colbert war, ist in Franckreich nie gewesen. Der Schrödter mag auch vieles von dem Colbert entlehnet haben. Es hat ein Nobili de Venetia, welcher Ambassadeur in Franckreich gewesen, zu Zeiten Colberts in Italiänischer Sprache ein Buch edirt, worinnen er gewiesen, was vor Ordnung da- mahls in Franckreich gewesen, sie gieng aber bald caduc; denn als der Colbert bey dem König in Franckreich in so grossen credit stund, so ka- men einige Hof-Schrantzen, und sagten zu dem König, er wäre nur ein Sclav von demselben. Es kamen die Officiers, welche gerne Krieg haben wollten, das wollte aber Colbert nicht haben. Der König ließ sich abführen, daher entstund confusion. Was man aber noch heut zu Tage gutes in Franckreich findet, das kommt alles von dem Colbert. Wenn man Einkünffte hat, so muß man auch sehen, daß dieselben con- ferviret werden. Unser Autor hat selbst über die conservationem aerarii reflectiret. Quaer. Also, wie das Vermögen derer Unterthanen könne conserviret werden. Man sagt sonsten: quantum decedit subditis, tan- tum decedit Principi. Weswegen in antecedenti observiret worden, daß ein Princeps seinen Unterthanen könne Gesetze vorschreiben, damit sie sich conserviren, und nicht praeda vicinorum, praeda hostium werden. Die Unterthanen müssen sich hier bescheiden, und solches als ein bene- ficium annehmen, wenn ihnen der Herr heylsame Regeln vorschreibet. Ich will hier ein Türckisch Buch allegiren, welches etwas rares. Es hat solches der Fürst in der Wallachey, Johannes Nicolaus Maurocor- dato, des Alexandri Sohn geschrieben, (er ist noch in der Wallachey, kam einmahl in Ungnaden, ist aber retabliret worden, er ist mit bey dem Frie-
ſtatus circa ærarium, tributa & vectigalia. te ſind, die etwa durch Ungluͤck verarmet ſind, vor die muß man auchſorgen, aber alle Bettler in gantz Europa aufzunehmen hat er nicht noͤ- thig. Die Leute muͤſſen alle ernehret werden, dadurch gehet denen Un- terthanen viel ab. Meine liberalitaͤt gehet nicht ſo weit, daß ich alle Leute in der gantzen Welt erhalten ſollte, ſondern ich muß ſehen auf die- jenigen, ſo mir am naͤheſten ſind. Wer wollte ſagen, daß einer alle Leute in der Welt ſollte zuſammen trummlen laſſen, ſeine liberalité ge- gen dieſelbe ſehen zu laſſen. Was die Advocaten præter propter brau- chen, kan man leicht wiſſen, wenn einer die Sporteln und Taxen anſie- het, und acht giebet, was vor Proceſſe ſind. Weiß einer dieſe zwoͤlff Claſſen, ſo kan er hernach leicht media finden, alles zu erkennen. Col- bert hat auch eine accurate Nachricht von allen Provinzen machen laſ- ſen, da hat der Koͤnig gewuſt, was er alle Tage vor ſich einzunehmen habe. Er wuſte auch, was ſeine Leute hatten, und was ſie im Fall der Noth abgeben kunnten. So ein geſcheuter Miniſtre, als Colbert war, iſt in Franckreich nie geweſen. Der Schrödter mag auch vieles von dem Colbert entlehnet haben. Es hat ein Nobili de Venetia, welcher Ambaſſadeur in Franckreich geweſen, zu Zeiten Colberts in Italiaͤniſcher Sprache ein Buch edirt, worinnen er gewieſen, was vor Ordnung da- mahls in Franckreich geweſen, ſie gieng aber bald caduc; denn als der Colbert bey dem Koͤnig in Franckreich in ſo groſſen credit ſtund, ſo ka- men einige Hof-Schrantzen, und ſagten zu dem Koͤnig, er waͤre nur ein Sclav von demſelben. Es kamen die Officiers, welche gerne Krieg haben wollten, das wollte aber Colbert nicht haben. Der Koͤnig ließ ſich abfuͤhren, daher entſtund confuſion. Was man aber noch heut zu Tage gutes in Franckreich findet, das kommt alles von dem Colbert. Wenn man Einkuͤnffte hat, ſo muß man auch ſehen, daß dieſelben con- ferviret werden. Unſer Autor hat ſelbſt uͤber die conſervationem ærarii reflectiret. Quær. Alſo, wie das Vermoͤgen derer Unterthanen koͤnne conſerviret werden. Man ſagt ſonſten: quantum decedit ſubditis, tan- tum decedit Principi. Weswegen in antecedenti obſerviret worden, daß ein Princeps ſeinen Unterthanen koͤnne Geſetze vorſchreiben, damit ſie ſich conſerviren, und nicht præda vicinorum, præda hoſtium werden. Die Unterthanen muͤſſen ſich hier beſcheiden, und ſolches als ein bene- ficium annehmen, wenn ihnen der Herr heylſame Regeln vorſchreibet. Ich will hier ein Tuͤrckiſch Buch allegiren, welches etwas rares. Es hat ſolches der Fuͤrſt in der Wallachey, Johannes Nicolaus Maurocor- dato, des Alexandri Sohn geſchrieben, (er iſt noch in der Wallachey, kam einmahl in Ungnaden, iſt aber retabliret worden, er iſt mit bey dem Frie-
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te ſind, die etwa durch Ungluͤck verarmet ſind, vor die muß man auch
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thig. Die Leute muͤſſen alle ernehret werden, dadurch gehet denen Un-
terthanen viel ab. Meine liberalitaͤt gehet nicht ſo weit, daß ich alle
Leute in der gantzen Welt erhalten ſollte, ſondern ich muß ſehen auf die-
jenigen, ſo mir am naͤheſten ſind. Wer wollte ſagen, daß einer alle
Leute in der Welt ſollte zuſammen trummlen laſſen, ſeine liberalité ge-
gen dieſelbe ſehen zu laſſen. Was die Advocaten præter propter brau-
chen, kan man leicht wiſſen, wenn einer die Sporteln und Taxen anſie-
het, und acht giebet, was vor Proceſſe ſind. Weiß einer dieſe zwoͤlff
Claſſen, ſo kan er hernach leicht media finden, alles zu erkennen. Col-
bert hat auch eine accurate Nachricht von allen Provinzen machen laſ-
ſen, da hat der Koͤnig gewuſt, was er alle Tage vor ſich einzunehmen
habe. Er wuſte auch, was ſeine Leute hatten, und was ſie im Fall der
Noth abgeben kunnten. So ein geſcheuter Miniſtre, als Colbert war,
iſt in Franckreich nie geweſen. Der Schrödter mag auch vieles von
dem Colbert entlehnet haben. Es hat ein Nobili de Venetia, welcher
Ambaſſadeur in Franckreich geweſen, zu Zeiten Colberts in Italiaͤniſcher
Sprache ein Buch edirt, worinnen er gewieſen, was vor Ordnung da-
mahls in Franckreich geweſen, ſie gieng aber bald caduc; denn als der
Colbert bey dem Koͤnig in Franckreich in ſo groſſen credit ſtund, ſo ka-
men einige Hof-Schrantzen, und ſagten zu dem Koͤnig, er waͤre nur
ein Sclav von demſelben. Es kamen die Officiers, welche gerne Krieg
haben wollten, das wollte aber Colbert nicht haben. Der Koͤnig ließ
ſich abfuͤhren, daher entſtund confuſion. Was man aber noch heut zu
Tage gutes in Franckreich findet, das kommt alles von dem Colbert.
Wenn man Einkuͤnffte hat, ſo muß man auch ſehen, daß dieſelben con-
ferviret werden. Unſer Autor hat ſelbſt uͤber die conſervationem ærarii
reflectiret. Quær. Alſo, wie das Vermoͤgen derer Unterthanen koͤnne
conſerviret werden. Man ſagt ſonſten: quantum decedit ſubditis, tan-
tum decedit Principi. Weswegen in antecedenti obſerviret worden, daß
ein Princeps ſeinen Unterthanen koͤnne Geſetze vorſchreiben, damit ſie
ſich conſerviren, und nicht præda vicinorum, præda hoſtium werden.
Die Unterthanen muͤſſen ſich hier beſcheiden, und ſolches als ein bene-
ficium annehmen, wenn ihnen der Herr heylſame Regeln vorſchreibet.
Ich will hier ein Tuͤrckiſch Buch allegiren, welches etwas rares. Es
hat ſolches der Fuͤrſt in der Wallachey, Johannes Nicolaus Maurocor-
dato, des Alexandri Sohn geſchrieben, (er iſt noch in der Wallachey,
kam einmahl in Ungnaden, iſt aber retabliret worden, er iſt mit bey dem
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