Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia einen besondern discours, da er denn auch alle Fehler beygebracht. Sowenig, als manufacturen floriren, wenn man Stümper arbeiten lässet, so wenig floriren auch Universitäten, auf welchen einem jedem erlaubt ist, zu lesen. Die jungen Leute, welche auf Universitäten kommen, sind nicht allezeit capable zu unterscheiden, wo sie sollen hingehen; Sie sind bis- weilen wie die Bauren, welche bey dem Pfarrer auf die Stimme Ach- tung geben. Wenn wir jung sind, sehen wir nicht allezeit aufs Pro- ben, und wenn einer was ohne Beweiß hersaget, so dencken wir, wir hören etwas, in der That aber hören wir nichts. Sind viele Leute, so da lesen, denn wird der numerus kleiner; Mancher Orten hat ein Professor selten über zwantzig bis dreyßig Auditores. Ist nun kein nu- merus da, so werden auch die Doctores, wenn sie gleich gelehrt sind, nicht excitirt zu lesen, und legen sich auf andere Sachen. Von der corru- ptione Academiarum könnte gar vieles gesagt werden. Es ist kein Zweif- fel, wenn Leute gefragt werden, so eine Einsicht haben, so kan man eine Universität in Flor bringen, ut nihil supra. Wenn man alles gut be- setzte, so könnten wohl zwey bis drey hundert Leute hier seyn, nur muß man immer Leute haben, die eine Wissenschafft besitzen, ein gutes do- num proponendi haben, und fleißig studiren. Denn wir lernen alle Ta- ge mehr; die erudition steiget immer höher; vor diesem hat man mit einer kleinen erudition können auskommen, welches aber jetzo nicht an- gehet. serordentlichen Mitteln der Vermehrung des aerarii. §. 10. Man muß sich einen rechten concept von denen mediis patien-
Cap. V. De prudentia einen beſondern diſcours, da er denn auch alle Fehler beygebracht. Sowenig, als manufacturen floriren, wenn man Stuͤmper arbeiten laͤſſet, ſo wenig floriren auch Univerſitaͤten, auf welchen einem jedem erlaubt iſt, zu leſen. Die jungen Leute, welche auf Univerſitaͤten kommen, ſind nicht allezeit capable zu unterſcheiden, wo ſie ſollen hingehen; Sie ſind bis- weilen wie die Bauren, welche bey dem Pfarrer auf die Stimme Ach- tung geben. Wenn wir jung ſind, ſehen wir nicht allezeit aufs Pro- ben, und wenn einer was ohne Beweiß herſaget, ſo dencken wir, wir hoͤren etwas, in der That aber hoͤren wir nichts. Sind viele Leute, ſo da leſen, denn wird der numerus kleiner; Mancher Orten hat ein Profeſſor ſelten uͤber zwantzig bis dreyßig Auditores. Iſt nun kein nu- merus da, ſo werden auch die Doctores, wenn ſie gleich gelehrt ſind, nicht excitirt zu leſen, und legen ſich auf andere Sachen. Von der corru- ptione Academiarum koͤnnte gar vieles geſagt werden. Es iſt kein Zweif- fel, wenn Leute gefragt werden, ſo eine Einſicht haben, ſo kan man eine Univerſitaͤt in Flor bringen, ut nihil ſupra. Wenn man alles gut be- ſetzte, ſo koͤnnten wohl zwey bis drey hundert Leute hier ſeyn, nur muß man immer Leute haben, die eine Wiſſenſchafft beſitzen, ein gutes do- num proponendi haben, und fleißig ſtudiren. Denn wir lernen alle Ta- ge mehr; die erudition ſteiget immer hoͤher; vor dieſem hat man mit einer kleinen erudition koͤnnen auskommen, welches aber jetzo nicht an- gehet. ſeroꝛdentlichen Mitteln der Vermehrung des ærarii. §. 10. Man muß ſich einen rechten concept von denen mediis patien-
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Cap. V. De prudentia
einen beſondern diſcours, da er denn auch alle Fehler beygebracht. So
wenig, als manufacturen floriren, wenn man Stuͤmper arbeiten laͤſſet,
ſo wenig floriren auch Univerſitaͤten, auf welchen einem jedem erlaubt iſt,
zu leſen. Die jungen Leute, welche auf Univerſitaͤten kommen, ſind nicht
allezeit capable zu unterſcheiden, wo ſie ſollen hingehen; Sie ſind bis-
weilen wie die Bauren, welche bey dem Pfarrer auf die Stimme Ach-
tung geben. Wenn wir jung ſind, ſehen wir nicht allezeit aufs Pro-
ben, und wenn einer was ohne Beweiß herſaget, ſo dencken wir, wir
hoͤren etwas, in der That aber hoͤren wir nichts. Sind viele Leute,
ſo da leſen, denn wird der numerus kleiner; Mancher Orten hat ein
Profeſſor ſelten uͤber zwantzig bis dreyßig Auditores. Iſt nun kein nu-
merus da, ſo werden auch die Doctores, wenn ſie gleich gelehrt ſind, nicht
excitirt zu leſen, und legen ſich auf andere Sachen. Von der corru-
ptione Academiarum koͤnnte gar vieles geſagt werden. Es iſt kein Zweif-
fel, wenn Leute gefragt werden, ſo eine Einſicht haben, ſo kan man eine
Univerſitaͤt in Flor bringen, ut nihil ſupra. Wenn man alles gut be-
ſetzte, ſo koͤnnten wohl zwey bis drey hundert Leute hier ſeyn, nur muß
man immer Leute haben, die eine Wiſſenſchafft beſitzen, ein gutes do-
num proponendi haben, und fleißig ſtudiren. Denn wir lernen alle Ta-
ge mehr; die erudition ſteiget immer hoͤher; vor dieſem hat man mit
einer kleinen erudition koͤnnen auskommen, welches aber jetzo nicht an-
gehet.
§. 10. Man muß ſich einen rechten concept von denen mediis
extraordinariis machen, und zwar muß man ſich darunter vorſtellen, ali-
quid irregulare, eine neceſſitatem. Neceſſitas non habet legem, daher
nennet man es extraordinarium, wozu man nicht ohne Widerwilleu
ſchreitet; aber die Noth verbindet uns, daß wir den Weg ergreiffen,
und uns helffen, ſo gut wir koͤnnen. Wenn man alſo media extraordi-
naria recommendiret, ſo geſchiehet es im Nothfall; Denn es haben die-
ſe Mittel in der That, wenn ſie conſideriret werden, neceſſitate abſciſſa,
aliquid illiciti in ſich. Wer wird doch wohl einem groſſen Herrn rathen,
ut miniſtri, magiſtratus, parte ſtipendii priventur. Es iſt ja gewiß, daß
wenn einer Beſoldung bekommt, ſo præſupponiret man, daß er dieſelbe
verdienet, er hat meriten, und muß auch davor arbeiten. Alſo heißt es
auch hier: Du ſollt dem Ochſen, der da triſchet, nicht das Maul ver-
binden. Es iſt dieſes eine Redens-Art, woran ſich keiner ſtoſſen darff,
weil Paulus ſelbſt von denen miniſtris eccleſiæ ſolche gebrauchet. In-
deſſen kan es bisweilen nicht anders ſeyn, es iſt kein Geld da, die publi-
quen Ausgaben erfordern alles, was da iſt; ſo muͤſſen ſich die Miniſtri
patien-
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