Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia die subsidien-Gelder nicht einmahl abtragen. Da haben nun eini-ge gemeynet, in der Noth solle man alle Capitalien, welche man auf- genommen, cassiren, weil sie ultra alterum tantum usuras bekommen. Al- lein jeder will ja sein Capital gern wieder haben, ehe die usurae ultra al- terum tantum gestiegen, warum soll er deßwegen sein Capital einbüssen. Es ist auch dieses nur ein lex civilis, daß wenn usurae ultra alterum tan- tum gestiegen, das Capital solle verlohren gehen. Ich weiß, daß zwey Reichs-Städte, welche in grossen Schulden stecken, bey dem Kayser angehalten, daß ihnen erlaubet würde, die Capitalien zu cassiren, aber der Kayser hat es ihnen abgeschlagen. Der Autor hätte noch viel an- dere Dinge beybringen können, welche man noch besser gebrauchen könnte; dieses gehet an, daß die Landschafft capitalia vor den Herrn negotiiret, wenn der Herr Geld brauchet, welches in Sachsen so ist, auch vor diesem in hiesigen Landen so gewesen, da trägt auch die Land- schafft die usuras ab, und ist besorgt Gelder unter geringen usuris zu be- kommen. Aber es muß richtig eingehalten, und fides publica erhalten werden. Ich weiß, daß ein grosses lamento in einem Lande entstanden, da man den Landschaffts-credit über den Hauffen geworffen. Man hat da diese raison gehabt: der Herr habe selbst Geld, brauche also kei- nen credit, deßwegen hat er die credit-casse eingezogen, und alle Be- dienten cassirt. Verum est, pro nunc ist die casse eingezogen, und alle Bedienten cassirt, weil die Bedienten und die casse schädlich; Aber sind denn alle Herren so geschickt zu regieren wie dieser oder jener. Es kan ein Unglück kommen, da ist alsdenn niemand, der dem Herrn einen Groschen borget, es stehet auch hernach dahin, ob die Landschafft wider ihren credit interponiren will. Man muß nicht nur auf das praesens, sondern auch auf das futurum sehen; Fället man in Noth, so muß man hernach extraordinaria media ergreiffen. Vielmehr kan man auch zu denen extraordinariis mediis rechnen die Lotterien, und habe ich observi- ret, daß von geschickten Leuten denen Principibus solche recommendiret worden, weil diejenigen, welche Lotterien aufrichten, grosse avantage ha- ben, und Geld ins Land ziehen. Man sagt zwar, die Lotterien wären ein Zeichen der Armuth, verum est, indessen ist es ein indubitatus modus zu profitiren. Die Engeländer und Holländer, wenn sie nicht wissen, wo sie sollten Geld her bekommen, halten Lotterien, und habe ich obser- viret, daß von gescheuten Leuten denen Principibus solche recommendiret worden. Law hat auch angerathen, alle Jahr eine considerable Lotte- rie zu halten. Dicis: Wo ist es möglich, daß einer kan profitiren? Respond. Wenn eine Lotterie von etlichen Jahren gehalten wird, so blei-
Cap. V. De prudentia die ſubſidien-Gelder nicht einmahl abtragen. Da haben nun eini-ge gemeynet, in der Noth ſolle man alle Capitalien, welche man auf- genommen, caſſiren, weil ſie ultra alterum tantum uſuras bekommen. Al- lein jeder will ja ſein Capital gern wieder haben, ehe die uſuræ ultra al- terum tantum geſtiegen, warum ſoll er deßwegen ſein Capital einbuͤſſen. Es iſt auch dieſes nur ein lex civilis, daß wenn uſuræ ultra alterum tan- tum geſtiegen, das Capital ſolle verlohren gehen. Ich weiß, daß zwey Reichs-Staͤdte, welche in groſſen Schulden ſtecken, bey dem Kayſer angehalten, daß ihnen erlaubet wuͤrde, die Capitalien zu caſſiren, aber der Kayſer hat es ihnen abgeſchlagen. Der Autor haͤtte noch viel an- dere Dinge beybringen koͤnnen, welche man noch beſſer gebrauchen koͤnnte; dieſes gehet an, daß die Landſchafft capitalia vor den Herrn negotiiret, wenn der Herr Geld brauchet, welches in Sachſen ſo iſt, auch vor dieſem in hieſigen Landen ſo geweſen, da traͤgt auch die Land- ſchafft die uſuras ab, und iſt beſorgt Gelder unter geringen uſuris zu be- kommen. Aber es muß richtig eingehalten, und fides publica erhalten werden. Ich weiß, daß ein groſſes lamento in einem Lande entſtanden, da man den Landſchaffts-credit uͤber den Hauffen geworffen. Man hat da dieſe raiſon gehabt: der Herr habe ſelbſt Geld, brauche alſo kei- nen credit, deßwegen hat er die credit-caſſe eingezogen, und alle Be- dienten caſſirt. Verum eſt, pro nunc iſt die caſſe eingezogen, und alle Bedienten caſſirt, weil die Bedienten und die caſſe ſchaͤdlich; Aber ſind denn alle Herren ſo geſchickt zu regieren wie dieſer oder jener. Es kan ein Ungluͤck kommen, da iſt alsdenn niemand, der dem Herrn einen Groſchen borget, es ſtehet auch hernach dahin, ob die Landſchafft wider ihren credit interponiren will. Man muß nicht nur auf das præſens, ſondern auch auf das futurum ſehen; Faͤllet man in Noth, ſo muß man hernach extraordinaria media ergreiffen. Vielmehr kan man auch zu denen extraordinariis mediis rechnen die Lotterien, und habe ich obſervi- ret, daß von geſchickten Leuten denen Principibus ſolche recommendiret worden, weil diejenigen, welche Lotterien aufrichten, groſſe avantage ha- ben, und Geld ins Land ziehen. Man ſagt zwar, die Lotterien waͤren ein Zeichen der Armuth, verum eſt, indeſſen iſt es ein indubitatus modus zu profitiren. Die Engelaͤnder und Hollaͤnder, wenn ſie nicht wiſſen, wo ſie ſollten Geld her bekommen, halten Lotterien, und habe ich obſer- viret, daß von geſcheuten Leuten denen Principibus ſolche recommendiret worden. Law hat auch angerathen, alle Jahr eine conſiderable Lotte- rie zu halten. Dicis: Wo iſt es moͤglich, daß einer kan profitiren? Reſpond. Wenn eine Lotterie von etlichen Jahren gehalten wird, ſo blei-
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genommen, caſſiren, weil ſie ultra alterum tantum uſuras bekommen. Al-
lein jeder will ja ſein Capital gern wieder haben, ehe die uſuræ ultra al-
terum tantum geſtiegen, warum ſoll er deßwegen ſein Capital einbuͤſſen.
Es iſt auch dieſes nur ein lex civilis, daß wenn uſuræ ultra alterum tan-
tum geſtiegen, das Capital ſolle verlohren gehen. Ich weiß, daß zwey
Reichs-Staͤdte, welche in groſſen Schulden ſtecken, bey dem Kayſer
angehalten, daß ihnen erlaubet wuͤrde, die Capitalien zu caſſiren, aber
der Kayſer hat es ihnen abgeſchlagen. Der Autor haͤtte noch viel an-
dere Dinge beybringen koͤnnen, welche man noch beſſer gebrauchen
koͤnnte; dieſes gehet an, daß die Landſchafft capitalia vor den Herrn
negotiiret, wenn der Herr Geld brauchet, welches in Sachſen ſo iſt,
auch vor dieſem in hieſigen Landen ſo geweſen, da traͤgt auch die Land-
ſchafft die uſuras ab, und iſt beſorgt Gelder unter geringen uſuris zu be-
kommen. Aber es muß richtig eingehalten, und fides publica erhalten
werden. Ich weiß, daß ein groſſes lamento in einem Lande entſtanden,
da man den Landſchaffts-credit uͤber den Hauffen geworffen. Man
hat da dieſe raiſon gehabt: der Herr habe ſelbſt Geld, brauche alſo kei-
nen credit, deßwegen hat er die credit-caſſe eingezogen, und alle Be-
dienten caſſirt. Verum eſt, pro nunc iſt die caſſe eingezogen, und alle
Bedienten caſſirt, weil die Bedienten und die caſſe ſchaͤdlich; Aber ſind
denn alle Herren ſo geſchickt zu regieren wie dieſer oder jener. Es kan
ein Ungluͤck kommen, da iſt alsdenn niemand, der dem Herrn einen
Groſchen borget, es ſtehet auch hernach dahin, ob die Landſchafft wider
ihren credit interponiren will. Man muß nicht nur auf das præſens,
ſondern auch auf das futurum ſehen; Faͤllet man in Noth, ſo muß man
hernach extraordinaria media ergreiffen. Vielmehr kan man auch zu
denen extraordinariis mediis rechnen die Lotterien, und habe ich obſervi-
ret, daß von geſchickten Leuten denen Principibus ſolche recommendiret
worden, weil diejenigen, welche Lotterien aufrichten, groſſe avantage ha-
ben, und Geld ins Land ziehen. Man ſagt zwar, die Lotterien waͤren
ein Zeichen der Armuth, verum eſt, indeſſen iſt es ein indubitatus modus
zu profitiren. Die Engelaͤnder und Hollaͤnder, wenn ſie nicht wiſſen,
wo ſie ſollten Geld her bekommen, halten Lotterien, und habe ich obſer-
viret, daß von geſcheuten Leuten denen Principibus ſolche recommendiret
worden. Law hat auch angerathen, alle Jahr eine conſiderable Lotte-
rie zu halten. Dicis: Wo iſt es moͤglich, daß einer kan profitiren?
Reſpond. Wenn eine Lotterie von etlichen Jahren gehalten wird, ſo
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