Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.circa commercia & rem monetariam. der andere wird ruiniret. Wenn man objicirt, es könne einer diesesmit gutem Gewissen nicht thun, so antworte ich: Die Waaren werden ja denen andern nicht aufgezwungen, sie müssen urtheilen können, ob ih- nen diese oder jene Waaren nützlich oder schädlich. Wenn man von denen commerciis redet, wo dieselben geschehen sollen, so ist zu mercken, ein jeder Ort schicket sich nicht dahin, sonderlich wenn er rude, kalt ist etc. Es wäre denn, daß sonst eine gute Gelegenheit an solchen Oertern. e. g. Obgleich sonst die Nordischen Länder sehr rauh und kalt sind, so hat man doch daselbst viele Waaren, welche andere brauchen können, aber das geschiehet per accidens, daß man es gebrauchen kan. Daher wer- den die Nordländer allezeit geschickt zum Handel bleiben; Sie haben Holtz, Steine, Felle etc. Wenn man Lieffland ansiehet, so haben sie da- selbst eine grosse quantite von Korn. Die Lein-Saat ist auch in Lieff- land am schönsten. Diese Sachen alle hat man an andern Orten nö- thig. Indessen, non omnia loca sunt apta ad commercia. Denn wo nichts ist, und niemand hinkömmt, da ist kein commercium. Weil bey denen Schweitzern wenig ist, so ist daselbst auch ein schlecht commercium, deßwegen hat man willens gehabt, Canäle zu machen, und das com- mercium in der Schweitz in bessern Stand zu bringen. Allein es sind so viele Cantons, jeder Canton hat sein besonderes interesse, und wird also solches nicht zum Stande kommen. Sie haben auch keine manu- facturen. Ein Land mag endlich seyn, wie es will, floriren die manufa- cturen in denselben, so floriren auch die commercia. Ja, wo die Leute gutes Land haben, sind sie faul, und aestimiren die manufacturen nicht, als wie in Oesterreich und Bayern, sie sauffen lieber den gantzen Tag. Aber wo es ein Land ist, wo nicht viel zu beissen und zu brechen, kan man die Leute eher dazu bringen, und eher ein commercium aufrichten, sonderlich wenn es an der See liegt, daher die Herren, so Land an der See haben, wohl thun, wenn sie auf gute Hafen und Schiffe dencken, denn dadurch werden sie mächtig und sicher. Man wird finden, daß diejenigen, welche an der See gewohnet, und keine Schiffe gehabt, sind von andern überfallen, und zu Sclaven gemachet worden; die Sa- racenen haben ehemahls das gelobte Land verlohren, und denen Christen lassen müssen, weil sie keine Schiffe gehabt. Ehe Enge- land eine Flotte gehabt, sind allerhand revolutiones daselbst vorge- gangen, und hat bald dieser, bald jener das Reich an sich gebracht; liegt ein Land an der See, so kan man anderwärts herhohlen, was man nicht hat, und seine Sachen kan man auch ausführen. Quaer. Warum so viele Könige nicht darauf gedacht, commercia zur See zu haben. Denn in
circa commercia & rem monetariam. der andere wird ruiniret. Wenn man objicirt, es koͤnne einer dieſesmit gutem Gewiſſen nicht thun, ſo antworte ich: Die Waaren werden ja denen andern nicht aufgezwungen, ſie muͤſſen urtheilen koͤnnen, ob ih- nen dieſe oder jene Waaren nuͤtzlich oder ſchaͤdlich. Wenn man von denen commerciis redet, wo dieſelben geſchehen ſollen, ſo iſt zu mercken, ein jeder Ort ſchicket ſich nicht dahin, ſonderlich wenn er rude, kalt iſt ꝛc. Es waͤre denn, daß ſonſt eine gute Gelegenheit an ſolchen Oertern. e. g. Obgleich ſonſt die Nordiſchen Laͤnder ſehr rauh und kalt ſind, ſo hat man doch daſelbſt viele Waaren, welche andere brauchen koͤnnen, aber das geſchiehet per accidens, daß man es gebrauchen kan. Daher wer- den die Nordlaͤnder allezeit geſchickt zum Handel bleiben; Sie haben Holtz, Steine, Felle ꝛc. Wenn man Lieffland anſiehet, ſo haben ſie da- ſelbſt eine groſſe quantité von Korn. Die Lein-Saat iſt auch in Lieff- land am ſchoͤnſten. Dieſe Sachen alle hat man an andern Orten noͤ- thig. Indeſſen, non omnia loca ſunt apta ad commercia. Denn wo nichts iſt, und niemand hinkoͤmmt, da iſt kein commercium. Weil bey denen Schweitzern wenig iſt, ſo iſt daſelbſt auch ein ſchlecht commercium, deßwegen hat man willens gehabt, Canaͤle zu machen, und das com- mercium in der Schweitz in beſſern Stand zu bringen. Allein es ſind ſo viele Cantons, jeder Canton hat ſein beſonderes intereſſe, und wird alſo ſolches nicht zum Stande kommen. Sie haben auch keine manu- facturen. Ein Land mag endlich ſeyn, wie es will, floriren die manufa- cturen in denſelben, ſo floriren auch die commercia. Ja, wo die Leute gutes Land haben, ſind ſie faul, und æſtimiren die manufacturen nicht, als wie in Oeſterreich und Bayern, ſie ſauffen lieber den gantzen Tag. Aber wo es ein Land iſt, wo nicht viel zu beiſſen und zu brechen, kan man die Leute eher dazu bringen, und eher ein commercium aufrichten, ſonderlich wenn es an der See liegt, daher die Herren, ſo Land an der See haben, wohl thun, wenn ſie auf gute Hafen und Schiffe dencken, denn dadurch werden ſie maͤchtig und ſicher. Man wird finden, daß diejenigen, welche an der See gewohnet, und keine Schiffe gehabt, ſind von andern uͤberfallen, und zu Sclaven gemachet worden; die Sa- racenen haben ehemahls das gelobte Land verlohren, und denen Chriſten laſſen muͤſſen, weil ſie keine Schiffe gehabt. Ehe Enge- land eine Flotte gehabt, ſind allerhand revolutiones daſelbſt vorge- gangen, und hat bald dieſer, bald jener das Reich an ſich gebracht; liegt ein Land an der See, ſo kan man anderwaͤrts herhohlen, was man nicht hat, und ſeine Sachen kan man auch ausfuͤhren. Quær. Warum ſo viele Koͤnige nicht darauf gedacht, commercia zur See zu haben. Denn in
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ja denen andern nicht aufgezwungen, ſie muͤſſen urtheilen koͤnnen, ob ih-
nen dieſe oder jene Waaren nuͤtzlich oder ſchaͤdlich. Wenn man von
denen commerciis redet, wo dieſelben geſchehen ſollen, ſo iſt zu mercken,
ein jeder Ort ſchicket ſich nicht dahin, ſonderlich wenn er rude, kalt iſt ꝛc.
Es waͤre denn, daß ſonſt eine gute Gelegenheit an ſolchen Oertern. e. g.
Obgleich ſonſt die Nordiſchen Laͤnder ſehr rauh und kalt ſind, ſo hat
man doch daſelbſt viele Waaren, welche andere brauchen koͤnnen, aber
das geſchiehet per accidens, daß man es gebrauchen kan. Daher wer-
den die Nordlaͤnder allezeit geſchickt zum Handel bleiben; Sie haben
Holtz, Steine, Felle ꝛc. Wenn man Lieffland anſiehet, ſo haben ſie da-
ſelbſt eine groſſe quantité von Korn. Die Lein-Saat iſt auch in Lieff-
land am ſchoͤnſten. Dieſe Sachen alle hat man an andern Orten noͤ-
thig. Indeſſen, non omnia loca ſunt apta ad commercia. Denn wo
nichts iſt, und niemand hinkoͤmmt, da iſt kein commercium. Weil bey
denen Schweitzern wenig iſt, ſo iſt daſelbſt auch ein ſchlecht commercium,
deßwegen hat man willens gehabt, Canaͤle zu machen, und das com-
mercium in der Schweitz in beſſern Stand zu bringen. Allein es ſind
ſo viele Cantons, jeder Canton hat ſein beſonderes intereſſe, und wird
alſo ſolches nicht zum Stande kommen. Sie haben auch keine manu-
facturen. Ein Land mag endlich ſeyn, wie es will, floriren die manufa-
cturen in denſelben, ſo floriren auch die commercia. Ja, wo die Leute
gutes Land haben, ſind ſie faul, und æſtimiren die manufacturen nicht,
als wie in Oeſterreich und Bayern, ſie ſauffen lieber den gantzen Tag.
Aber wo es ein Land iſt, wo nicht viel zu beiſſen und zu brechen, kan
man die Leute eher dazu bringen, und eher ein commercium aufrichten,
ſonderlich wenn es an der See liegt, daher die Herren, ſo Land an der
See haben, wohl thun, wenn ſie auf gute Hafen und Schiffe dencken,
denn dadurch werden ſie maͤchtig und ſicher. Man wird finden, daß
diejenigen, welche an der See gewohnet, und keine Schiffe gehabt, ſind
von andern uͤberfallen, und zu Sclaven gemachet worden; die Sa-
racenen haben ehemahls das gelobte Land verlohren, und denen
Chriſten laſſen muͤſſen, weil ſie keine Schiffe gehabt. Ehe Enge-
land eine Flotte gehabt, ſind allerhand revolutiones daſelbſt vorge-
gangen, und hat bald dieſer, bald jener das Reich an ſich gebracht; liegt
ein Land an der See, ſo kan man anderwaͤrts herhohlen, was man nicht
hat, und ſeine Sachen kan man auch ausfuͤhren. Quær. Warum ſo
viele Koͤnige nicht darauf gedacht, commercia zur See zu haben. Denn
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