Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia die Schiffe von denen Holländern genommen. Aber unter Louis XIV.haben sie eine klügere conduite geführet, welcher in Franckreich Academien de la Marine angelegt, auf welchen man auch sonderlich dociret, wie Schiffe sollten gebauet werden. In Holland ist eine Stadt, welche sich von nichts anders, als dem Schiff-Bau nehret, die können accurat den Tag determiniren, wenn ein Schiff soll fertig werden. VVitt nimmt also als ein principium an, wo viel Menschen, da floriren die commer- cia. Daher sagt er: Wenn Holland an Menschen abnimmt, so wird auch der Handel ruinirt. Dieses hat man Zeithero observiret, da man schreckliche imposten aufgelegt, die vielen Kriege haben eben die imposten verursachet. Deßwegen hat eben VVitt gemeynet, es wäre am besten, wenn Holland nur mit einer Flotte dürffte defendiret werden. Die So- cietäten verhindern auch die Menge der Kauffleute, und sagt: Die Ost- und West-Indische compagnie in Holland, sollte eigentlich abgeschaffet werden, weil dieselben niemanden dahin handeln läßt, der nicht ein Zunfft- Bruder; Das ist aber denen Printzen von Oranien und denen andern Familien nicht angestanden, weil diese den meisten profit ziehen, daher siehet man, warum der Englische Handel nicht so considerable, als der Holländische, weil in Engeland alles in compagnien gehandelt wird, un- ter welchen viele Lords sind, wenn einer da was geworben hat, sucht er gleich ein Edelmann zu werden. Der Hertzog von Marleborough ist eben aus einer Kauffmanns-Familie. Quaer. Wie kan man einen Staat peupliren? Respond. Da hat man allerhand Gelegenheit, wie oben ge- wiesen worden. In Holland ist eine gute Policey, schnelle justiz, das hilfft viel, denn wo der Kauffmann soll erst einen proceß führen, und auf alle cautelen des Cepollae acht geben, da ist es nichts; Daher hat man auch an vielen Orten einige Handels-Gerichte. Die vielen exce- ptiones sind da abgeschnitten, man kan da nicht exceptionem divisionis und excussionis opponiren. In Harlem gilt kein beneficium inventarii. e. g. Dein Vater ist mir und andern Schiff-Leuten schuldig, du willst die Erbschafft antreten cum beneficio inventarii, indeß können allerhand collusiones vorgehen, da können die Kauffleute sagen: Der Erbe soll entweder gleich zahlen, oder sie wollen alles verkauffen, und sich bezahlt machen. In manchen Landen wird keine Kauffmannschafft getrieben, weil daselbst ein langwieriger proceß, und wenn ich zwey tausend Tha- ler daselbst zu fodern hätte, wollte ich doch dieselben wegschencken, denn ich bekomme so nichts. VVitt sagt auch, daß es admirable, wenn die Religions-Freyheit concedirt würde. Unser Autor meynt, cum grano salis müsse man das annehmen; Allein, was frage ich darnach, ob ich mit
Cap. V. De prudentia die Schiffe von denen Hollaͤndern genommen. Aber unter Louis XIV.haben ſie eine kluͤgere conduite gefuͤhret, welcher in Franckreich Academien de la Marine angelegt, auf welchen man auch ſonderlich dociret, wie Schiffe ſollten gebauet werden. In Holland iſt eine Stadt, welche ſich von nichts anders, als dem Schiff-Bau nehret, die koͤnnen accurat den Tag determiniren, wenn ein Schiff ſoll fertig werden. VVitt nimmt alſo als ein principium an, wo viel Menſchen, da floriren die commer- cia. Daher ſagt er: Wenn Holland an Menſchen abnimmt, ſo wird auch der Handel ruinirt. Dieſes hat man Zeithero obſerviret, da man ſchreckliche impoſten aufgelegt, die vielen Kriege haben eben die impoſten verurſachet. Deßwegen hat eben VVitt gemeynet, es waͤre am beſten, wenn Holland nur mit einer Flotte duͤrffte defendiret werden. Die So- cietaͤten verhindern auch die Menge der Kauffleute, und ſagt: Die Oſt- und Weſt-Indiſche compagnie in Holland, ſollte eigentlich abgeſchaffet werden, weil dieſelben niemanden dahin handeln laͤßt, der nicht ein Zunfft- Bruder; Das iſt aber denen Printzen von Oranien und denen andern Familien nicht angeſtanden, weil dieſe den meiſten profit ziehen, daher ſiehet man, warum der Engliſche Handel nicht ſo conſiderable, als der Hollaͤndiſche, weil in Engeland alles in compagnien gehandelt wird, un- ter welchen viele Lords ſind, wenn einer da was geworben hat, ſucht er gleich ein Edelmann zu werden. Der Hertzog von Marleborough iſt eben aus einer Kauffmanns-Familie. Quær. Wie kan man einen Staat peupliren? Reſpond. Da hat man allerhand Gelegenheit, wie oben ge- wieſen worden. In Holland iſt eine gute Policey, ſchnelle juſtiz, das hilfft viel, denn wo der Kauffmann ſoll erſt einen proceß fuͤhren, und auf alle cautelen des Cepollæ acht geben, da iſt es nichts; Daher hat man auch an vielen Orten einige Handels-Gerichte. Die vielen exce- ptiones ſind da abgeſchnitten, man kan da nicht exceptionem diviſionis und excuſſionis opponiren. In Harlem gilt kein beneficium inventarii. e. g. Dein Vater iſt mir und andern Schiff-Leuten ſchuldig, du willſt die Erbſchafft antreten cum beneficio inventarii, indeß koͤnnen allerhand colluſiones vorgehen, da koͤnnen die Kauffleute ſagen: Der Erbe ſoll entweder gleich zahlen, oder ſie wollen alles verkauffen, und ſich bezahlt machen. In manchen Landen wird keine Kauffmannſchafft getrieben, weil daſelbſt ein langwieriger proceß, und wenn ich zwey tauſend Tha- ler daſelbſt zu fodern haͤtte, wollte ich doch dieſelben wegſchencken, denn ich bekomme ſo nichts. VVitt ſagt auch, daß es admirable, wenn die Religions-Freyheit concedirt wuͤrde. Unſer Autor meynt, cum grano ſalis muͤſſe man das annehmen; Allein, was frage ich darnach, ob ich mit
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haben ſie eine kluͤgere conduite gefuͤhret, welcher in Franckreich Academien
de la Marine angelegt, auf welchen man auch ſonderlich dociret, wie
Schiffe ſollten gebauet werden. In Holland iſt eine Stadt, welche
ſich von nichts anders, als dem Schiff-Bau nehret, die koͤnnen accurat
den Tag determiniren, wenn ein Schiff ſoll fertig werden. VVitt nimmt
alſo als ein principium an, wo viel Menſchen, da floriren die commer-
cia. Daher ſagt er: Wenn Holland an Menſchen abnimmt, ſo wird
auch der Handel ruinirt. Dieſes hat man Zeithero obſerviret, da man
ſchreckliche impoſten aufgelegt, die vielen Kriege haben eben die impoſten
verurſachet. Deßwegen hat eben VVitt gemeynet, es waͤre am beſten,
wenn Holland nur mit einer Flotte duͤrffte defendiret werden. Die So-
cietaͤten verhindern auch die Menge der Kauffleute, und ſagt: Die Oſt-
und Weſt-Indiſche compagnie in Holland, ſollte eigentlich abgeſchaffet
werden, weil dieſelben niemanden dahin handeln laͤßt, der nicht ein Zunfft-
Bruder; Das iſt aber denen Printzen von Oranien und denen andern
Familien nicht angeſtanden, weil dieſe den meiſten profit ziehen, daher
ſiehet man, warum der Engliſche Handel nicht ſo conſiderable, als der
Hollaͤndiſche, weil in Engeland alles in compagnien gehandelt wird, un-
ter welchen viele Lords ſind, wenn einer da was geworben hat, ſucht er
gleich ein Edelmann zu werden. Der Hertzog von Marleborough iſt
eben aus einer Kauffmanns-Familie. Quær. Wie kan man einen Staat
peupliren? Reſpond. Da hat man allerhand Gelegenheit, wie oben ge-
wieſen worden. In Holland iſt eine gute Policey, ſchnelle juſtiz, das
hilfft viel, denn wo der Kauffmann ſoll erſt einen proceß fuͤhren, und
auf alle cautelen des Cepollæ acht geben, da iſt es nichts; Daher hat
man auch an vielen Orten einige Handels-Gerichte. Die vielen exce-
ptiones ſind da abgeſchnitten, man kan da nicht exceptionem diviſionis
und excuſſionis opponiren. In Harlem gilt kein beneficium inventarii.
e. g. Dein Vater iſt mir und andern Schiff-Leuten ſchuldig, du willſt
die Erbſchafft antreten cum beneficio inventarii, indeß koͤnnen allerhand
colluſiones vorgehen, da koͤnnen die Kauffleute ſagen: Der Erbe ſoll
entweder gleich zahlen, oder ſie wollen alles verkauffen, und ſich bezahlt
machen. In manchen Landen wird keine Kauffmannſchafft getrieben,
weil daſelbſt ein langwieriger proceß, und wenn ich zwey tauſend Tha-
ler daſelbſt zu fodern haͤtte, wollte ich doch dieſelben wegſchencken, denn
ich bekomme ſo nichts. VVitt ſagt auch, daß es admirable, wenn die
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ſalis muͤſſe man das annehmen; Allein, was frage ich darnach, ob ich
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