Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.status circa bellum & pacem. hielte? Leniter quoque victoria est utendum. Derjenige der cruel ist,wider den setzt man sich desto stärcker, ja der Feind sucht das Joch wie- der abzuschütteln, und sucht Gelegenheit, seine Unterthanen zu encoura- giren, daß sie das äusserste wider ihn tentiren. Derjenige, so semper lenis ist in victoria, kan in kurtzer Zeit ein Königreich acquiriren. Die Leute sagen alsdenn, wir changiren wohl unsere maitre; aber wir kön- nen nicht anders, ist es doch auch ein guter Herr. Diese Kunst hat Dieterich, der Ost-Gothen König gebraucht, welcher die Heruler und Rügen aus Italien geschlagen, diese waren wohl Christen, aber sie tra- ctirten die Römer hart; Hergegen Dieterich tractirte sie leniter, ließ ih- nen ihre leges, zog ein Römisch Kleid an. Dadurch er die Römer ge- wonnen, so hats auch Caesar gemacht, wie er Gallien eingenommen. Endlich kan man auch von dem Czaar sagen, daß er die mode changi- ret, da sonst seine Vorfahren, wo sie hinkommen, alles ruiniret, wie die Tartarn, welche Unmenschen sind, ein brutales albernes, abgeschmacktes Volck. Warum sollte man sich vor den Türckischen progressen fürch- ten, wenn man nicht wüste, daß, wo er hinkäme, alles ruiniret? Er läßt zwar die Religions-Freyheit, aber ruiniret das gantze Land, sauget alles aus, ut non amplius nocere possint. Qui crudeliter se gerit, zeiget an- daß er nicht erhalten wolle, was er acquiriret. Modeste muß er auch verfahren. Wie Carolus V. zu Barcellona das Fieber gehabt, hat er gantz modeste geredet; Nachdem aber der Barbarussa vor ihn gelauffen, Solymann von ihm geschlagen, der Pabst in der Engelsburg eingeschlos- sen, Franciscus I. gefangen worden, hat man keine doucen Worte mehr in seinen rescriptis wahrgenommen; Die Teutschen Stände haben ob- serviret, daß er wie ein despot worden; aber es hat ihm nichts geholf- fen: Denn viele haben sich wider ihn liguiret; Die Metz, der Mohr und Magd, haben dem Kayser den Tantz versagt. Zu letzt hat er auch vor chagrin abgedancket. Derjenige ist gescheut, welcher überlegt hu- manarum rerum circulum esse. Cromwell hat es recht gemacht, wie er zum Regiment kommen, hat er seine affecten meisterlich zu bändigen ge- wust, und hat nicht einmahl wollen eine gratulation annehmen. Es muß ein grosser Herr nicht dencken, daß er allein etwas thue, sondern es kömmt, vieles auf prudentiam divinam, und auf die fauten seiner Feinde an. So aber schreiben sie sich alles allein zu; GOtt habe sie auserlesen, und sey was sonderliches an ihnen. Nach denen regulis prudentiae ist die superbia allezeit schädlich, auch denen privat-Leuten; GOtt widerstehet den Hoffärtigen; GOtt thut es nicht immediate, sondern mediate. Gros- se
ſtatus circa bellum & pacem. hielte? Leniter quoque victoria eſt utendum. Derjenige der cruel iſt,wider den ſetzt man ſich deſto ſtaͤrcker, ja der Feind ſucht das Joch wie- der abzuſchuͤtteln, und ſucht Gelegenheit, ſeine Unterthanen zu encoura- giren, daß ſie das aͤuſſerſte wider ihn tentiren. Derjenige, ſo ſemper lenis iſt in victoria, kan in kurtzer Zeit ein Koͤnigreich acquiriren. Die Leute ſagen alsdenn, wir changiren wohl unſere maitre; aber wir koͤn- nen nicht anders, iſt es doch auch ein guter Herr. Dieſe Kunſt hat Dieterich, der Oſt-Gothen Koͤnig gebraucht, welcher die Heruler und Ruͤgen aus Italien geſchlagen, dieſe waren wohl Chriſten, aber ſie tra- ctirten die Roͤmer hart; Hergegen Dieterich tractirte ſie leniter, ließ ih- nen ihre leges, zog ein Roͤmiſch Kleid an. Dadurch er die Roͤmer ge- wonnen, ſo hats auch Cæſar gemacht, wie er Gallien eingenommen. Endlich kan man auch von dem Czaar ſagen, daß er die mode changi- ret, da ſonſt ſeine Vorfahren, wo ſie hinkommen, alles ruiniret, wie die Tartarn, welche Unmenſchen ſind, ein brutales albernes, abgeſchmacktes Volck. Warum ſollte man ſich vor den Tuͤrckiſchen progreſſen fuͤrch- ten, wenn man nicht wuͤſte, daß, wo er hinkaͤme, alles ruiniret? Er laͤßt zwar die Religions-Freyheit, aber ruiniret das gantze Land, ſauget alles aus, ut non amplius nocere poſſint. Qui crudeliter ſe gerit, zeiget an- daß er nicht erhalten wolle, was er acquiriret. Modeſte muß er auch verfahren. Wie Carolus V. zu Barcellona das Fieber gehabt, hat er gantz modeſte geredet; Nachdem aber der Barbaruſſa vor ihn gelauffen, Solymann von ihm geſchlagen, der Pabſt in der Engelsburg eingeſchloſ- ſen, Franciſcus I. gefangen worden, hat man keine doucen Worte mehr in ſeinen reſcriptis wahrgenommen; Die Teutſchen Staͤnde haben ob- ſerviret, daß er wie ein deſpot worden; aber es hat ihm nichts geholf- fen: Denn viele haben ſich wider ihn liguiret; Die Metz, der Mohr und Magd, haben dem Kayſer den Tantz verſagt. Zu letzt hat er auch vor chagrin abgedancket. Derjenige iſt geſcheut, welcher uͤberlegt hu- manarum rerum circulum eſſe. Cromwell hat es recht gemacht, wie er zum Regiment kommen, hat er ſeine affecten meiſterlich zu baͤndigen ge- wuſt, und hat nicht einmahl wollen eine gratulation annehmen. Es muß ein groſſer Herr nicht dencken, daß er allein etwas thue, ſondern es koͤmmt, vieles auf prudentiam divinam, und auf die fauten ſeiner Feinde an. So aber ſchreiben ſie ſich alles allein zu; GOtt habe ſie auserleſen, und ſey was ſonderliches an ihnen. Nach denen regulis prudentiæ iſt die ſuperbia allezeit ſchaͤdlich, auch denen privat-Leuten; GOtt widerſtehet den Hoffaͤrtigen; GOtt thut es nicht immediate, ſondern mediate. Groſ- ſe
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0451" n="431"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">ſtatus circa bellum & pacem.</hi></fw><lb/> hielte? <hi rendition="#aq">Leniter quoque victoria eſt utendum.</hi> Derjenige der <hi rendition="#aq">cruel</hi> iſt,<lb/> wider den ſetzt man ſich deſto ſtaͤrcker, ja der Feind ſucht das Joch wie-<lb/> der abzuſchuͤtteln, und ſucht Gelegenheit, ſeine Unterthanen zu <hi rendition="#aq">encoura-<lb/> gi</hi>ren, daß ſie das aͤuſſerſte wider ihn <hi rendition="#aq">tenti</hi>ren. Derjenige, ſo <hi rendition="#aq">ſemper<lb/> lenis</hi> iſt in <hi rendition="#aq">victoria,</hi> kan in kurtzer Zeit ein Koͤnigreich <hi rendition="#aq">acquiri</hi>ren. Die<lb/> Leute ſagen alsdenn, wir <hi rendition="#aq">changi</hi>ren wohl unſere <hi rendition="#aq">maitre;</hi> aber wir koͤn-<lb/> nen nicht anders, iſt es doch auch ein guter Herr. Dieſe Kunſt hat<lb/><hi rendition="#aq">Dieterich,</hi> der Oſt-Gothen Koͤnig gebraucht, welcher die Heruler und<lb/> Ruͤgen aus Italien geſchlagen, dieſe waren wohl Chriſten, aber ſie <hi rendition="#aq">tra-<lb/> cti</hi>rten die Roͤmer hart; Hergegen <hi rendition="#aq">Dieterich tracti</hi>rte ſie <hi rendition="#aq">leniter,</hi> ließ ih-<lb/> nen ihre <hi rendition="#aq">leges,</hi> zog ein Roͤmiſch Kleid an. Dadurch er die Roͤmer ge-<lb/> wonnen, ſo hats auch <hi rendition="#aq">Cæſar</hi> gemacht, wie er Gallien eingenommen.<lb/> Endlich kan man auch von dem Czaar ſagen, daß er die <hi rendition="#aq">mode changi-</hi><lb/> ret, da ſonſt ſeine Vorfahren, wo ſie hinkommen, alles <hi rendition="#aq">ruini</hi>ret, wie die<lb/> Tartarn, welche Unmenſchen ſind, ein <hi rendition="#aq">brutales</hi> albernes, abgeſchmacktes<lb/> Volck. Warum ſollte man ſich vor den Tuͤrckiſchen <hi rendition="#aq">progreſſ</hi>en fuͤrch-<lb/> ten, wenn man nicht wuͤſte, daß, wo er hinkaͤme, alles <hi rendition="#aq">ruini</hi>ret? Er laͤßt<lb/> zwar die Religions-Freyheit, aber <hi rendition="#aq">ruini</hi>ret das gantze Land, ſauget alles<lb/> aus, <hi rendition="#aq">ut non amplius nocere poſſint. Qui crudeliter ſe gerit,</hi> zeiget an-<lb/> daß er nicht erhalten wolle, was er <hi rendition="#aq">acquiri</hi>ret. <hi rendition="#aq">Modeſte</hi> muß er auch<lb/> verfahren. Wie <hi rendition="#aq">Carolus V.</hi> zu Barcellona das Fieber gehabt, hat er<lb/> gantz <hi rendition="#aq">modeſte</hi> geredet; Nachdem aber der <hi rendition="#aq">Barbaruſſa</hi> vor ihn gelauffen,<lb/><hi rendition="#aq">Solymann</hi> von ihm geſchlagen, der Pabſt in der Engelsburg eingeſchloſ-<lb/> ſen, <hi rendition="#aq">Franciſcus I.</hi> gefangen worden, hat man keine <hi rendition="#aq">douc</hi>en Worte mehr<lb/> in ſeinen <hi rendition="#aq">reſcriptis</hi> wahrgenommen; Die Teutſchen Staͤnde haben <hi rendition="#aq">ob-<lb/> ſervi</hi>ret, daß er wie ein <hi rendition="#aq">deſpot</hi> worden; aber es hat ihm nichts geholf-<lb/> fen: Denn viele haben ſich wider ihn <hi rendition="#aq">ligui</hi>ret; Die Metz, der Mohr<lb/> und Magd, haben dem Kayſer den Tantz verſagt. Zu letzt hat er auch<lb/> vor <hi rendition="#aq">chagrin</hi> abgedancket. Derjenige iſt geſcheut, welcher uͤberlegt <hi rendition="#aq">hu-<lb/> manarum rerum circulum eſſe. Cromwell</hi> hat es recht gemacht, wie er<lb/> zum Regiment kommen, hat er ſeine <hi rendition="#aq">affect</hi>en meiſterlich zu baͤndigen ge-<lb/> wuſt, und hat nicht einmahl wollen eine <hi rendition="#aq">gratulation</hi> annehmen. Es muß<lb/> ein groſſer Herr nicht dencken, daß er allein etwas thue, ſondern es koͤmmt,<lb/> vieles auf <hi rendition="#aq">prudentiam divinam,</hi> und auf die <hi rendition="#aq">faut</hi>en ſeiner Feinde an.<lb/> So aber ſchreiben ſie ſich alles allein zu; GOtt habe ſie auserleſen, und<lb/> ſey was ſonderliches an ihnen. Nach denen <hi rendition="#aq">regulis prudentiæ</hi> iſt die<lb/><hi rendition="#aq">ſuperbia</hi> allezeit ſchaͤdlich, auch denen <hi rendition="#aq">privat-</hi>Leuten; GOtt widerſtehet<lb/> den Hoffaͤrtigen; GOtt thut es nicht <hi rendition="#aq">immediate,</hi> ſondern <hi rendition="#aq">mediate.</hi> Groſ-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſe</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [431/0451]
ſtatus circa bellum & pacem.
hielte? Leniter quoque victoria eſt utendum. Derjenige der cruel iſt,
wider den ſetzt man ſich deſto ſtaͤrcker, ja der Feind ſucht das Joch wie-
der abzuſchuͤtteln, und ſucht Gelegenheit, ſeine Unterthanen zu encoura-
giren, daß ſie das aͤuſſerſte wider ihn tentiren. Derjenige, ſo ſemper
lenis iſt in victoria, kan in kurtzer Zeit ein Koͤnigreich acquiriren. Die
Leute ſagen alsdenn, wir changiren wohl unſere maitre; aber wir koͤn-
nen nicht anders, iſt es doch auch ein guter Herr. Dieſe Kunſt hat
Dieterich, der Oſt-Gothen Koͤnig gebraucht, welcher die Heruler und
Ruͤgen aus Italien geſchlagen, dieſe waren wohl Chriſten, aber ſie tra-
ctirten die Roͤmer hart; Hergegen Dieterich tractirte ſie leniter, ließ ih-
nen ihre leges, zog ein Roͤmiſch Kleid an. Dadurch er die Roͤmer ge-
wonnen, ſo hats auch Cæſar gemacht, wie er Gallien eingenommen.
Endlich kan man auch von dem Czaar ſagen, daß er die mode changi-
ret, da ſonſt ſeine Vorfahren, wo ſie hinkommen, alles ruiniret, wie die
Tartarn, welche Unmenſchen ſind, ein brutales albernes, abgeſchmacktes
Volck. Warum ſollte man ſich vor den Tuͤrckiſchen progreſſen fuͤrch-
ten, wenn man nicht wuͤſte, daß, wo er hinkaͤme, alles ruiniret? Er laͤßt
zwar die Religions-Freyheit, aber ruiniret das gantze Land, ſauget alles
aus, ut non amplius nocere poſſint. Qui crudeliter ſe gerit, zeiget an-
daß er nicht erhalten wolle, was er acquiriret. Modeſte muß er auch
verfahren. Wie Carolus V. zu Barcellona das Fieber gehabt, hat er
gantz modeſte geredet; Nachdem aber der Barbaruſſa vor ihn gelauffen,
Solymann von ihm geſchlagen, der Pabſt in der Engelsburg eingeſchloſ-
ſen, Franciſcus I. gefangen worden, hat man keine doucen Worte mehr
in ſeinen reſcriptis wahrgenommen; Die Teutſchen Staͤnde haben ob-
ſerviret, daß er wie ein deſpot worden; aber es hat ihm nichts geholf-
fen: Denn viele haben ſich wider ihn liguiret; Die Metz, der Mohr
und Magd, haben dem Kayſer den Tantz verſagt. Zu letzt hat er auch
vor chagrin abgedancket. Derjenige iſt geſcheut, welcher uͤberlegt hu-
manarum rerum circulum eſſe. Cromwell hat es recht gemacht, wie er
zum Regiment kommen, hat er ſeine affecten meiſterlich zu baͤndigen ge-
wuſt, und hat nicht einmahl wollen eine gratulation annehmen. Es muß
ein groſſer Herr nicht dencken, daß er allein etwas thue, ſondern es koͤmmt,
vieles auf prudentiam divinam, und auf die fauten ſeiner Feinde an.
So aber ſchreiben ſie ſich alles allein zu; GOtt habe ſie auserleſen, und
ſey was ſonderliches an ihnen. Nach denen regulis prudentiæ iſt die
ſuperbia allezeit ſchaͤdlich, auch denen privat-Leuten; GOtt widerſtehet
den Hoffaͤrtigen; GOtt thut es nicht immediate, ſondern mediate. Groſ-
ſe
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |