Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. I. De Natura & Indole prudentiae civilis.
objectum als civitatem, rempublicam, da ist der finis offenbahr conser-
vatio reipublicae. Finis remotus
aber ist felicitas totius generis humani,
quoad in nobis est,
daß wir acht geben, ut nemo impediatur; wir remo-
vi
ren die impedimenta, daß er glücklich sey, und in aller Gottseligkeit und
Erbarkeit sein Leben führen könne. Die felicitas ist vollkommener, je
vollkommener die Menschen sind, und muß man sich nicht nur hüten a
malis externis;
sondern es ist gut, ut homines sint justi, honesti, & vir-
tute praediti.
Endlich ist remotissimus finis: Ut sic gloria Dei promo-
veatur.
Dieses verstehen viele nicht, denn GOtt ist nicht ambitiös, son-
dern die Menschen sind so incliniret, daß wann sie summam sapientiam,
summum ordinem
erkannt haben, laudant Deum, a quo omnia proveniunt,
laudant lumen illud sapientiae, a quo radii ad nos perveniunt.

Methode die
Politic abzu-
handeln.

Was den methodum betrifft, so hat der Autor in seinem gantzen
Werck gezeiget, man könne es nicht besser erkennen, sonderlich in politi-
cis,
als wenn man es methodo medica tractire. Denn die Politic sup-
poni
rt imperfectiones, incommoda, impedimenta, quae homines circum-
stant,
(und wenn ich die Politic auf civitatem restringire) quae omnes ci-
vitates circumstant.
Gleichwie nun ein Medicus nicht kan remedia ge-
brauchen, er muß zuvor wissen, was seinem Patienten fehlet, als consi-
deri
ren wir hier auch, was homines per se, hernach homines in certo sta-
tu existentes
sind, wir consideriren auch die mala, quae illos circumstant.
Wir halten auch die Gesundheit gegen die Kranckheit, deinde de reme-
diis cogitamus.
Die media aber sind vel salutaria vel non salutaria;
Daher werden wir nicht allein consideriren, die richtigen Mittel, wo-
durch man felicitatem erhält, sondern auch die pseudo-media. Bey de-
nen letzteren ist der Autor am meisten beschäfftiget. Es kan auch nicht
anders seyn: denn ein Pseudo-Politicus affectiret klug zu seyn, aber er ist
es nicht, und muß man also solches zeigen. Die Methode des Autoris
kan man sich auch leicht gefallen lassen, denn methodus ist arbitraria, suf-
ficit
daß wir alle Materien können da consideriren, und unsern scopum
erhalten. Es mag also einer von Exemplis auf die Principia gehen; oder
die Principia zu erst tractiren, und dann die Exempla anzeigen,
das ist uns alles eins.

Cap. II.

Cap. I. De Natura & Indole prudentiæ civilis.
objectum als civitatem, rempublicam, da iſt der finis offenbahr conſer-
vatio reipublicæ. Finis remotus
aber iſt felicitas totius generis humani,
quoad in nobis eſt,
daß wir acht geben, ut nemo impediatur; wir remo-
vi
ren die impedimenta, daß er gluͤcklich ſey, und in aller Gottſeligkeit und
Erbarkeit ſein Leben fuͤhren koͤnne. Die felicitas iſt vollkommener, je
vollkommener die Menſchen ſind, und muß man ſich nicht nur huͤten a
malis externis;
ſondern es iſt gut, ut homines ſint juſti, honeſti, & vir-
tute præditi.
Endlich iſt remotiſſimus finis: Ut ſic gloria Dei promo-
veatur.
Dieſes verſtehen viele nicht, denn GOtt iſt nicht ambitiös, ſon-
dern die Menſchen ſind ſo incliniret, daß wann ſie ſummam ſapientiam,
ſummum ordinem
erkannt haben, laudant Deum, a quo omnia proveniunt,
laudant lumen illud ſapientiæ, a quo radii ad nos perveniunt.

Methode die
Politic abzu-
handeln.

Was den methodum betrifft, ſo hat der Autor in ſeinem gantzen
Werck gezeiget, man koͤnne es nicht beſſer erkennen, ſonderlich in politi-
cis,
als wenn man es methodo medica tractire. Denn die Politic ſup-
poni
rt imperfectiones, incommoda, impedimenta, quæ homines circum-
ſtant,
(und wenn ich die Politic auf civitatem reſtringire) quæ omnes ci-
vitates circumſtant.
Gleichwie nun ein Medicus nicht kan remedia ge-
brauchen, er muß zuvor wiſſen, was ſeinem Patienten fehlet, als conſi-
deri
ren wir hier auch, was homines per ſe, hernach homines in certo ſta-
tu exiſtentes
ſind, wir conſideriren auch die mala, quæ illos circumſtant.
Wir halten auch die Geſundheit gegen die Kranckheit, deinde de reme-
diis cogitamus.
Die media aber ſind vel ſalutaria vel non ſalutaria;
Daher werden wir nicht allein conſideriren, die richtigen Mittel, wo-
durch man felicitatem erhaͤlt, ſondern auch die pſeudo-media. Bey de-
nen letzteren iſt der Autor am meiſten beſchaͤfftiget. Es kan auch nicht
anders ſeyn: denn ein Pſeudo-Politicus affectiret klug zu ſeyn, aber er iſt
es nicht, und muß man alſo ſolches zeigen. Die Methode des Autoris
kan man ſich auch leicht gefallen laſſen, denn methodus iſt arbitraria, ſuf-
ficit
daß wir alle Materien koͤnnen da conſideriren, und unſern ſcopum
erhalten. Es mag alſo einer von Exemplis auf die Principia gehen; oder
die Principia zu erſt tractiren, und dann die Exempla anzeigen,
das iſt uns alles eins.

Cap. II.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0048" n="28"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi></hi> I. De Natura &amp; Indole prudentiæ civilis.</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">objectum</hi> als <hi rendition="#aq">civitatem, rempublicam,</hi> da i&#x017F;t der <hi rendition="#aq">finis</hi> offenbahr <hi rendition="#aq">con&#x017F;er-<lb/>
vatio reipublicæ. Finis remotus</hi> aber i&#x017F;t <hi rendition="#aq">felicitas totius generis humani,<lb/>
quoad in nobis e&#x017F;t,</hi> daß wir acht geben, <hi rendition="#aq">ut nemo impediatur;</hi> wir <hi rendition="#aq">remo-<lb/>
vi</hi>ren die <hi rendition="#aq">impedimenta,</hi> daß er glu&#x0364;cklich &#x017F;ey, und in aller Gott&#x017F;eligkeit und<lb/>
Erbarkeit &#x017F;ein Leben fu&#x0364;hren ko&#x0364;nne. Die <hi rendition="#aq">felicitas</hi> i&#x017F;t vollkommener, je<lb/>
vollkommener die Men&#x017F;chen &#x017F;ind, und muß man &#x017F;ich nicht nur hu&#x0364;ten <hi rendition="#aq">a<lb/>
malis externis;</hi> &#x017F;ondern es i&#x017F;t gut, <hi rendition="#aq">ut homines &#x017F;int ju&#x017F;ti, hone&#x017F;ti, &amp; vir-<lb/>
tute præditi.</hi> Endlich i&#x017F;t <hi rendition="#aq">remoti&#x017F;&#x017F;imus finis: Ut &#x017F;ic gloria Dei promo-<lb/>
veatur.</hi> Die&#x017F;es ver&#x017F;tehen viele nicht, denn GOtt i&#x017F;t nicht <hi rendition="#aq">ambitiös,</hi> &#x017F;on-<lb/>
dern die Men&#x017F;chen &#x017F;ind &#x017F;o <hi rendition="#aq">inclini</hi>ret, daß wann &#x017F;ie <hi rendition="#aq">&#x017F;ummam &#x017F;apientiam,<lb/>
&#x017F;ummum ordinem</hi> erkannt haben, <hi rendition="#aq">laudant Deum, a quo omnia proveniunt,<lb/>
laudant lumen illud &#x017F;apientiæ, a quo radii ad nos perveniunt.</hi></p><lb/>
          <note place="left"><hi rendition="#aq">Methode</hi> die<lb/><hi rendition="#aq">Politic</hi> abzu-<lb/>
handeln.</note>
          <p>Was den <hi rendition="#aq">methodum</hi> betrifft, &#x017F;o hat der <hi rendition="#aq">Autor</hi> in &#x017F;einem gantzen<lb/>
Werck gezeiget, man ko&#x0364;nne es nicht be&#x017F;&#x017F;er erkennen, &#x017F;onderlich <hi rendition="#aq">in politi-<lb/>
cis,</hi> als wenn man es <hi rendition="#aq">methodo medica tracti</hi>re. Denn die <hi rendition="#aq">Politic &#x017F;up-<lb/>
poni</hi>rt <hi rendition="#aq">imperfectiones, incommoda, impedimenta, quæ homines circum-<lb/>
&#x017F;tant,</hi> (und wenn ich die <hi rendition="#aq">Politic</hi> auf <hi rendition="#aq">civitatem re&#x017F;tringi</hi>re) <hi rendition="#aq">quæ omnes ci-<lb/>
vitates circum&#x017F;tant.</hi> Gleichwie nun ein <hi rendition="#aq">Medicus</hi> nicht kan <hi rendition="#aq">remedia</hi> ge-<lb/>
brauchen, er muß zuvor wi&#x017F;&#x017F;en, was &#x017F;einem <hi rendition="#aq">Patient</hi>en fehlet, als <hi rendition="#aq">con&#x017F;i-<lb/>
deri</hi>ren wir hier auch, was <hi rendition="#aq">homines per &#x017F;e,</hi> hernach <hi rendition="#aq">homines in certo &#x017F;ta-<lb/>
tu exi&#x017F;tentes</hi> &#x017F;ind, wir <hi rendition="#aq">con&#x017F;ideri</hi>ren auch die <hi rendition="#aq">mala, quæ illos circum&#x017F;tant.</hi><lb/>
Wir halten auch die Ge&#x017F;undheit gegen die Kranckheit, <hi rendition="#aq">deinde de reme-<lb/>
diis cogitamus.</hi> Die <hi rendition="#aq">media</hi> aber &#x017F;ind <hi rendition="#aq">vel &#x017F;alutaria vel non &#x017F;alutaria;</hi><lb/>
Daher werden wir nicht allein <hi rendition="#aq">con&#x017F;ideri</hi>ren, die richtigen Mittel, wo-<lb/>
durch man <hi rendition="#aq">felicitatem</hi> erha&#x0364;lt, &#x017F;ondern auch die <hi rendition="#aq">p&#x017F;eudo-media.</hi> Bey de-<lb/>
nen letzteren i&#x017F;t der <hi rendition="#aq">Autor</hi> am mei&#x017F;ten be&#x017F;cha&#x0364;fftiget. Es kan auch nicht<lb/>
anders &#x017F;eyn: denn ein <hi rendition="#aq">P&#x017F;eudo-Politicus affecti</hi>ret klug zu &#x017F;eyn, aber er i&#x017F;t<lb/>
es nicht, und muß man al&#x017F;o &#x017F;olches zeigen. Die <hi rendition="#aq">Methode</hi> des <hi rendition="#aq">Autoris</hi><lb/>
kan man &#x017F;ich auch leicht gefallen la&#x017F;&#x017F;en, denn <hi rendition="#aq">methodus</hi> i&#x017F;t <hi rendition="#aq">arbitraria, &#x017F;uf-<lb/>
ficit</hi> daß wir alle <hi rendition="#aq">Materi</hi>en ko&#x0364;nnen da <hi rendition="#aq">con&#x017F;ideri</hi>ren, und un&#x017F;ern <hi rendition="#aq">&#x017F;copum</hi><lb/>
erhalten. Es mag al&#x017F;o einer von <hi rendition="#aq">Exemplis</hi> auf die <hi rendition="#aq">Principia</hi> gehen; oder<lb/><hi rendition="#c">die <hi rendition="#aq">Principia</hi> zu er&#x017F;t <hi rendition="#aq">tracti</hi>ren, und dann die <hi rendition="#aq">Exempla</hi> anzeigen,<lb/>
das i&#x017F;t uns alles eins.</hi></p>
        </div>
      </div><lb/>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi></hi> II.</hi> </fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0048] Cap. I. De Natura & Indole prudentiæ civilis. objectum als civitatem, rempublicam, da iſt der finis offenbahr conſer- vatio reipublicæ. Finis remotus aber iſt felicitas totius generis humani, quoad in nobis eſt, daß wir acht geben, ut nemo impediatur; wir remo- viren die impedimenta, daß er gluͤcklich ſey, und in aller Gottſeligkeit und Erbarkeit ſein Leben fuͤhren koͤnne. Die felicitas iſt vollkommener, je vollkommener die Menſchen ſind, und muß man ſich nicht nur huͤten a malis externis; ſondern es iſt gut, ut homines ſint juſti, honeſti, & vir- tute præditi. Endlich iſt remotiſſimus finis: Ut ſic gloria Dei promo- veatur. Dieſes verſtehen viele nicht, denn GOtt iſt nicht ambitiös, ſon- dern die Menſchen ſind ſo incliniret, daß wann ſie ſummam ſapientiam, ſummum ordinem erkannt haben, laudant Deum, a quo omnia proveniunt, laudant lumen illud ſapientiæ, a quo radii ad nos perveniunt. Was den methodum betrifft, ſo hat der Autor in ſeinem gantzen Werck gezeiget, man koͤnne es nicht beſſer erkennen, ſonderlich in politi- cis, als wenn man es methodo medica tractire. Denn die Politic ſup- ponirt imperfectiones, incommoda, impedimenta, quæ homines circum- ſtant, (und wenn ich die Politic auf civitatem reſtringire) quæ omnes ci- vitates circumſtant. Gleichwie nun ein Medicus nicht kan remedia ge- brauchen, er muß zuvor wiſſen, was ſeinem Patienten fehlet, als conſi- deriren wir hier auch, was homines per ſe, hernach homines in certo ſta- tu exiſtentes ſind, wir conſideriren auch die mala, quæ illos circumſtant. Wir halten auch die Geſundheit gegen die Kranckheit, deinde de reme- diis cogitamus. Die media aber ſind vel ſalutaria vel non ſalutaria; Daher werden wir nicht allein conſideriren, die richtigen Mittel, wo- durch man felicitatem erhaͤlt, ſondern auch die pſeudo-media. Bey de- nen letzteren iſt der Autor am meiſten beſchaͤfftiget. Es kan auch nicht anders ſeyn: denn ein Pſeudo-Politicus affectiret klug zu ſeyn, aber er iſt es nicht, und muß man alſo ſolches zeigen. Die Methode des Autoris kan man ſich auch leicht gefallen laſſen, denn methodus iſt arbitraria, ſuf- ficit daß wir alle Materien koͤnnen da conſideriren, und unſern ſcopum erhalten. Es mag alſo einer von Exemplis auf die Principia gehen; oder die Principia zu erſt tractiren, und dann die Exempla anzeigen, das iſt uns alles eins. Cap. II.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/48
Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/48>, abgerufen am 28.04.2024.