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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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quae homines in omnibus statibus premunt.

§. 20. Es ist auch eine confusio inter imperantes & parentes, beydeWas der
Machiavellis-
mus
sey?

wollen sich helffen, die imperantes fallen auf Monarchiam, und parentes
auf Anarchiam. Civitas ist ein compositum quidpiam. Bey diesem
composito sind varii, infiniti homines und variae professiones. Die im-
perantes
sehen, daß die subditi nicht gerne pariren, und leicht dahin kön-
nen gebracht werden, ut imperium excutiant, daher suchen sie sich zu
conserviren, und fallen auf böse Künste, sie brauchen Arglistigkeit, su-
chen nur ihren, nicht des Volckes Nutzen, sie machen den peuple aller-
hand glaucomata vor, ne videant, quid agant, das nennet man Mac-
chiavellismum.
Sie haben sehr viele Coups ausgedacht: Denn sie
haben Erfahrung und Ministres, welche ihnen an die Hand gehen, und sie
in ihrem bösen propos suchen zu schützen. Es sind immer Subalternen da,
welche allerhand neue Erfindungen suppeditiren. Sie machen dem peuple
weiß, daß sie salutem populi suchten, und wenn sie es so dumm machen,
daß es unglücklich gehet, so ziehen sie alles Unglück dem Volck auf den Halß.
Da sind hernach die Sünden des Volcks schuld dran. Es werden wohl
Buß- und Beth-Tage angestellet, da die Priester müssen auftreten, und
sagen, daß das Volck solches verursache. Der Macchiavellismus braucht
also auch die Religion, seine Schande zu verdecken: damit man die four-
beri
en, die malas artes nicht sehe. Ich habe einmahls willens gehabt,
über des Macchiavelli Principem, ein Collegium zu lesen, that es aber
nicht, weil viele Leute hernach dencken, man wolle es alles so defendi-
ren. Conring aber hat drüber gelesen, seine remarquen sind auch ge-
druckt, welche admirable sind. Seine praefation von dem Macchiavel-
lismo
ist sehr schön, welche auch die Frantzosen, als Bayle, Amelot, und
andere loben. Dieser Macchiavellus hat gelebet in seculo XVI. zu Lutheri
Zeiten, er war ein Florentiner, der sehr gescheut war, ein Satyricus da-
bey, dergestalt daß er auch eine Comödie gemacht, welche vor dem Pabst
Leone X. gehalten worden, dadurch er grosse Ehre bey dem Pabst einge-
legt. Er hat solche gemacht nach Art des Aristophanis, und eben wie
der Aristophanes in seinen Comödien die Leute zu seiner Zeit durchgezo-
gen. Durch diese Comödie hat ihn der Pabst kennen lernen, welcher
auch ein Florentiner war, aus dem Hause Medices. Macchiavellus hat
auch eine Hist. Florentinam geschrieben. Wer will was Kluges lesen,
der lese seine Discourse über den Livium, darinnen hat er über die Rö-
mische Republic raisonniret, und der Römer ihre Schwäche und force
gewiesen. Sie sind eigentlich Italiänisch geschrieben, man hat sie aber
auch ins Lateinische und Frantzösische übersetzet. Wenn man will eine
gute edition von Macchiavello haben, so kan man die Florentiner edition

kauf-
quæ homines in omnibus ſtatibus premunt.

§. 20. Es iſt auch eine confuſio inter imperantes & parentes, beydeWas der
Machiavellis-
mus
ſey?

wollen ſich helffen, die imperantes fallen auf Monarchiam, und parentes
auf Anarchiam. Civitas iſt ein compoſitum quidpiam. Bey dieſem
compoſito ſind varii, infiniti homines und variæ profeſſiones. Die im-
perantes
ſehen, daß die ſubditi nicht gerne pariren, und leicht dahin koͤn-
nen gebracht werden, ut imperium excutiant, daher ſuchen ſie ſich zu
conſerviren, und fallen auf boͤſe Kuͤnſte, ſie brauchen Argliſtigkeit, ſu-
chen nur ihren, nicht des Volckes Nutzen, ſie machen den peuple aller-
hand glaucomata vor, ne videant, quid agant, das nennet man Mac-
chiavellismum.
Sie haben ſehr viele Coups ausgedacht: Denn ſie
haben Erfahrung und Miniſtres, welche ihnen an die Hand gehen, und ſie
in ihrem boͤſen propos ſuchen zu ſchuͤtzen. Es ſind immer Subalternen da,
welche allerhand neue Erfindungen ſuppeditiren. Sie machen dem peuple
weiß, daß ſie ſalutem populi ſuchten, und wenn ſie es ſo dumm machen,
daß es ungluͤcklich gehet, ſo ziehen ſie alles Ungluͤck dem Volck auf den Halß.
Da ſind hernach die Suͤnden des Volcks ſchuld dran. Es werden wohl
Buß- und Beth-Tage angeſtellet, da die Prieſter muͤſſen auftreten, und
ſagen, daß das Volck ſolches verurſache. Der Macchiavellismus braucht
alſo auch die Religion, ſeine Schande zu verdecken: damit man die four-
beri
en, die malas artes nicht ſehe. Ich habe einmahls willens gehabt,
uͤber des Macchiavelli Principem, ein Collegium zu leſen, that es aber
nicht, weil viele Leute hernach dencken, man wolle es alles ſo defendi-
ren. Conring aber hat druͤber geleſen, ſeine remarquen ſind auch ge-
druckt, welche admirable ſind. Seine præfation von dem Macchiavel-
lismo
iſt ſehr ſchoͤn, welche auch die Frantzoſen, als Bayle, Amelot, und
andere loben. Dieſer Macchiavellus hat gelebet in ſeculo XVI. zu Lutheri
Zeiten, er war ein Florentiner, der ſehr geſcheut war, ein Satyricus da-
bey, dergeſtalt daß er auch eine Comoͤdie gemacht, welche vor dem Pabſt
Leone X. gehalten worden, dadurch er groſſe Ehre bey dem Pabſt einge-
legt. Er hat ſolche gemacht nach Art des Ariſtophanis, und eben wie
der Ariſtophanes in ſeinen Comoͤdien die Leute zu ſeiner Zeit durchgezo-
gen. Durch dieſe Comoͤdie hat ihn der Pabſt kennen lernen, welcher
auch ein Florentiner war, aus dem Hauſe Medices. Macchiavellus hat
auch eine Hiſt. Florentinam geſchrieben. Wer will was Kluges leſen,
der leſe ſeine Diſcourſe uͤber den Livium, darinnen hat er uͤber die Roͤ-
miſche Republic raiſonniret, und der Roͤmer ihre Schwaͤche und force
gewieſen. Sie ſind eigentlich Italiaͤniſch geſchrieben, man hat ſie aber
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[79/0099] quæ homines in omnibus ſtatibus premunt. §. 20. Es iſt auch eine confuſio inter imperantes & parentes, beyde wollen ſich helffen, die imperantes fallen auf Monarchiam, und parentes auf Anarchiam. Civitas iſt ein compoſitum quidpiam. Bey dieſem compoſito ſind varii, infiniti homines und variæ profeſſiones. Die im- perantes ſehen, daß die ſubditi nicht gerne pariren, und leicht dahin koͤn- nen gebracht werden, ut imperium excutiant, daher ſuchen ſie ſich zu conſerviren, und fallen auf boͤſe Kuͤnſte, ſie brauchen Argliſtigkeit, ſu- chen nur ihren, nicht des Volckes Nutzen, ſie machen den peuple aller- hand glaucomata vor, ne videant, quid agant, das nennet man Mac- chiavellismum. Sie haben ſehr viele Coups ausgedacht: Denn ſie haben Erfahrung und Miniſtres, welche ihnen an die Hand gehen, und ſie in ihrem boͤſen propos ſuchen zu ſchuͤtzen. Es ſind immer Subalternen da, welche allerhand neue Erfindungen ſuppeditiren. Sie machen dem peuple weiß, daß ſie ſalutem populi ſuchten, und wenn ſie es ſo dumm machen, daß es ungluͤcklich gehet, ſo ziehen ſie alles Ungluͤck dem Volck auf den Halß. Da ſind hernach die Suͤnden des Volcks ſchuld dran. Es werden wohl Buß- und Beth-Tage angeſtellet, da die Prieſter muͤſſen auftreten, und ſagen, daß das Volck ſolches verurſache. Der Macchiavellismus braucht alſo auch die Religion, ſeine Schande zu verdecken: damit man die four- berien, die malas artes nicht ſehe. Ich habe einmahls willens gehabt, uͤber des Macchiavelli Principem, ein Collegium zu leſen, that es aber nicht, weil viele Leute hernach dencken, man wolle es alles ſo defendi- ren. Conring aber hat druͤber geleſen, ſeine remarquen ſind auch ge- druckt, welche admirable ſind. Seine præfation von dem Macchiavel- lismo iſt ſehr ſchoͤn, welche auch die Frantzoſen, als Bayle, Amelot, und andere loben. Dieſer Macchiavellus hat gelebet in ſeculo XVI. zu Lutheri Zeiten, er war ein Florentiner, der ſehr geſcheut war, ein Satyricus da- bey, dergeſtalt daß er auch eine Comoͤdie gemacht, welche vor dem Pabſt Leone X. gehalten worden, dadurch er groſſe Ehre bey dem Pabſt einge- legt. Er hat ſolche gemacht nach Art des Ariſtophanis, und eben wie der Ariſtophanes in ſeinen Comoͤdien die Leute zu ſeiner Zeit durchgezo- gen. Durch dieſe Comoͤdie hat ihn der Pabſt kennen lernen, welcher auch ein Florentiner war, aus dem Hauſe Medices. Macchiavellus hat auch eine Hiſt. Florentinam geſchrieben. Wer will was Kluges leſen, der leſe ſeine Diſcourſe uͤber den Livium, darinnen hat er uͤber die Roͤ- miſche Republic raiſonniret, und der Roͤmer ihre Schwaͤche und force gewieſen. Sie ſind eigentlich Italiaͤniſch geſchrieben, man hat ſie aber auch ins Lateiniſche und Frantzoͤſiſche uͤberſetzet. Wenn man will eine gute edition von Macchiavello haben, ſo kan man die Florentiner edition kauf- Was der Machiavellis- mus ſey?

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/99>, abgerufen am 28.11.2024.