Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

nen Hieb zu versetzen. Kann er diess, ehe der
Wächter seine Parole (Bordeaux) ausspricht: so
ist der Wächter dadurch auf der Stelle zum Die-
be
gemacht und muss sich schleunig fortmachen,
damit ihn die Wächter nicht erhaschen.

Es arbeiten hier also zwey Partheyen unauf-
hörlich gegen einander. Gelingt es den Wäch-
tern, alle Diebe nach und nach zu fangen: so
hat ihre Parthey gewonnen; können die Diebe
aber nach und nach die Wächter zu Dieben ma-
chen, so findet das Gegentheil Statt. Glückt es
den Dieben an den Kadi zu kommen und ihn
auf die obige Art zum Diebe zu machen: so er-
heben sie ein allgemeines Hurrahgeschrey, die
Parthie ist geendigt und sie haben den Sieg.

Dieser leztere Fall ist sehr gewöhnlich, daher
muss der Kadi ausserordentlich auf seiner Hut
seyn, um nicht durch schnelle Ueberfälle über-
listet zu werden.

Oft bemerkt er z. E. zur Rechten die Bewe-
gung einiger Diebe, seine Gehülfen machen Jagd
und fangen einen; dieser Angriff war mit Fleiss
von den Dieben veranlasst, um die Aufmerk-
samkeit
des Kadi dahin zu ziehen; denn in demsel-
ben Augenblicke stürzen von der linken Seite her
unerwartet ein Paar der entschlossensten Diebe
unter den Haufen der Wächter, und ehe er sich
noch besinnen kann, ist der Schlag geschehen

nen Hieb zu verſetzen. Kann er dieſs, ehe der
Wächter ſeine Parole (Bordeaux) ausſpricht: ſo
iſt der Wächter dadurch auf der Stelle zum Die-
be
gemacht und muſs ſich ſchleunig fortmachen,
damit ihn die Wächter nicht erhaſchen.

Es arbeiten hier alſo zwey Partheyen unauf-
hörlich gegen einander. Gelingt es den Wäch-
tern, alle Diebe nach und nach zu fangen: ſo
hat ihre Parthey gewonnen; können die Diebe
aber nach und nach die Wächter zu Dieben ma-
chen, ſo findet das Gegentheil Statt. Glückt es
den Dieben an den Kadi zu kommen und ihn
auf die obige Art zum Diebe zu machen: ſo er-
heben ſie ein allgemeines Hurrahgeſchrey, die
Parthie iſt geendigt und ſie haben den Sieg.

Dieſer leztere Fall iſt ſehr gewöhnlich, daher
muſs der Kadi auſſerordentlich auf ſeiner Hut
ſeyn, um nicht durch ſchnelle Ueberfälle über-
liſtet zu werden.

Oft bemerkt er z. E. zur Rechten die Bewe-
gung einiger Diebe, ſeine Gehülfen machen Jagd
und fangen einen; dieſer Angriff war mit Fleiſs
von den Dieben veranlaſst, um die Aufmerk-
samkeit
des Kadi dahin zu ziehen; denn in demſel-
ben Augenblicke ſtürzen von der linken Seite her
unerwartet ein Paar der entſchloſſenſten Diebe
unter den Haufen der Wächter, und ehe er ſich
noch beſinnen kann, iſt der Schlag geſchehen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0282" n="250"/>
nen Hieb zu ver&#x017F;etzen. Kann er die&#x017F;s, ehe der<lb/>
Wächter &#x017F;eine Parole (Bordeaux) aus&#x017F;pricht: &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t der Wächter dadurch auf der Stelle zum <hi rendition="#i">Die-<lb/>
be</hi> gemacht und mu&#x017F;s &#x017F;ich &#x017F;chleunig fortmachen,<lb/>
damit ihn die Wächter nicht erha&#x017F;chen.</p><lb/>
              <p>Es arbeiten hier al&#x017F;o zwey Partheyen unauf-<lb/>
hörlich gegen einander. Gelingt es den Wäch-<lb/>
tern, alle Diebe nach und nach zu fangen: &#x017F;o<lb/>
hat ihre Parthey gewonnen; können die Diebe<lb/>
aber nach und nach die Wächter zu Dieben ma-<lb/>
chen, &#x017F;o findet das Gegentheil Statt. Glückt es<lb/>
den Dieben an den Kadi zu kommen und ihn<lb/>
auf die obige Art zum Diebe zu machen: &#x017F;o er-<lb/>
heben &#x017F;ie ein allgemeines Hurrahge&#x017F;chrey, die<lb/>
Parthie i&#x017F;t geendigt und &#x017F;ie haben den Sieg.</p><lb/>
              <p>Die&#x017F;er leztere Fall i&#x017F;t &#x017F;ehr gewöhnlich, daher<lb/>
mu&#x017F;s der Kadi au&#x017F;&#x017F;erordentlich auf &#x017F;einer Hut<lb/>
&#x017F;eyn, um nicht durch &#x017F;chnelle Ueberfälle über-<lb/>
li&#x017F;tet zu werden.</p><lb/>
              <p>Oft bemerkt er z. E. zur Rechten die Bewe-<lb/>
gung einiger Diebe, &#x017F;eine Gehülfen machen Jagd<lb/>
und fangen einen; die&#x017F;er Angriff war mit Flei&#x017F;s<lb/>
von den Dieben veranla&#x017F;st, um die <choice><sic>Aufmerk-<lb/>
keit</sic><corr>Aufmerk-<lb/>
samkeit</corr></choice> des Kadi dahin zu ziehen; denn in dem&#x017F;el-<lb/>
ben Augenblicke &#x017F;türzen von der linken Seite her<lb/>
unerwartet ein Paar der ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en&#x017F;ten Diebe<lb/>
unter den Haufen der Wächter, und ehe er &#x017F;ich<lb/>
noch be&#x017F;innen kann, i&#x017F;t der Schlag ge&#x017F;chehen<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0282] nen Hieb zu verſetzen. Kann er dieſs, ehe der Wächter ſeine Parole (Bordeaux) ausſpricht: ſo iſt der Wächter dadurch auf der Stelle zum Die- be gemacht und muſs ſich ſchleunig fortmachen, damit ihn die Wächter nicht erhaſchen. Es arbeiten hier alſo zwey Partheyen unauf- hörlich gegen einander. Gelingt es den Wäch- tern, alle Diebe nach und nach zu fangen: ſo hat ihre Parthey gewonnen; können die Diebe aber nach und nach die Wächter zu Dieben ma- chen, ſo findet das Gegentheil Statt. Glückt es den Dieben an den Kadi zu kommen und ihn auf die obige Art zum Diebe zu machen: ſo er- heben ſie ein allgemeines Hurrahgeſchrey, die Parthie iſt geendigt und ſie haben den Sieg. Dieſer leztere Fall iſt ſehr gewöhnlich, daher muſs der Kadi auſſerordentlich auf ſeiner Hut ſeyn, um nicht durch ſchnelle Ueberfälle über- liſtet zu werden. Oft bemerkt er z. E. zur Rechten die Bewe- gung einiger Diebe, ſeine Gehülfen machen Jagd und fangen einen; dieſer Angriff war mit Fleiſs von den Dieben veranlaſst, um die Aufmerk- samkeit des Kadi dahin zu ziehen; denn in demſel- ben Augenblicke ſtürzen von der linken Seite her unerwartet ein Paar der entſchloſſenſten Diebe unter den Haufen der Wächter, und ehe er ſich noch beſinnen kann, iſt der Schlag geſchehen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/282
Zitationshilfe: Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/282>, abgerufen am 26.11.2024.