schlimm als die Stösse, welche man auf übeln Wegen vom Wagen leidet; denn die Seektank- heit vergeht bald wieder, aber die Wege blei- ben schlecht, bis man zu Jerusalem ankommt; erst kurz vor Jerusalem werden sie besser. Un- ser Schiff lag im Hafen von Portsmouth. Es war ein grosses Schiff; ein Schiff das viele Kanonen führte; das Ankertau, meine Herrn, war so dick wie ein Mann. Ich kaufte Proviant, Zwi- back u. dgl.; die Matrosen lichteten den Anker, spannten die Seegel, lössten die Kanonen zum Ab- schiede und schrieen alle: lebt wohl, es geht nach der schönen Stadt -- -- Wir waren kaum aus dem Hafen, so wurde mir das Herz schwer; ungern sah ich das Land verschwinden, aber der Gedanke an Jevusalem beruhigte mich, auch war eine Seereise für mich etwas neues. Das Wasser wurde nun nach und nach so gross, die See so weit, dass ichs nicht mehr übersehen konnte; der Wind gieng in den Rücken, bliess stark, das Schiff flog davon, und ich dachte, wenn das so fort geht, werden wir bald nach Jerusalem geblasen seyn. u. s. w. Die Hauptsa- che bleibt, jene Wörter recht oft vorzubringen, damit die Zuhörer fleissig im Drehen bleiben; übrigens erdichtet man allerhand Vorfälle von Sturm. Verschlagung, Landung auf einer Insel, von Schiffbruch, Gefechten mit Seeräubern,
ſchlimm als die Stöſse, welche man auf übeln Wegen vom Wagen leidet; denn die Seektank- heit vergeht bald wieder, aber die Wege blei- ben ſchlecht, bis man zu Jeruſalem ankommt; erſt kurz vor Jeruſalem werden ſie beſſer. Un- ſer Schiff lag im Hafen von Portsmouth. Es war ein groſses Schiff; ein Schiff das viele Kanonen führte; das Ankertau, meine Herrn, war ſo dick wie ein Mann. Ich kaufte Proviant, Zwi- back u. dgl.; die Matroſen lichteten den Anker, ſpannten die Seegel, löſsten die Kanonen zum Ab- ſchiede und ſchrieen alle: lebt wohl, es geht nach der ſchönen Stadt — — Wir waren kaum aus dem Hafen, ſo wurde mir das Herz ſchwer; ungern ſah ich das Land verſchwinden, aber der Gedanke an Jevuſalem beruhigte mich, auch war eine Seereiſe für mich etwas neues. Das Waſſer wurde nun nach und nach ſo groſs, die See ſo weit, daſs ichs nicht mehr überſehen konnte; der Wind gieng in den Rücken, blieſs ſtark, das Schiff flog davon, und ich dachte, wenn das ſo fort geht, werden wir bald nach Jeruſalem geblaſen ſeyn. u. ſ. w. Die Hauptſa- che bleibt, jene Wörter recht oft vorzubringen, damit die Zuhörer fleiſsig im Drehen bleiben; übrigens erdichtet man allerhand Vorfälle von Sturm. Verſchlagung, Landung auf einer Inſel, von Schiffbruch, Gefechten mit Seeräubern,
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ſchlimm als die Stöſse, welche man auf übeln
Wegen vom Wagen leidet; denn die Seektank-
heit vergeht bald wieder, aber die Wege blei-
ben ſchlecht, bis man zu Jeruſalem ankommt;
erſt kurz vor Jeruſalem werden ſie beſſer. Un-
ſer Schiff lag im Hafen von Portsmouth. Es war
ein groſses Schiff; ein Schiff das viele Kanonen
führte; das Ankertau, meine Herrn, war ſo
dick wie ein Mann. Ich kaufte Proviant, Zwi-
back u. dgl.; die Matroſen lichteten den Anker,
ſpannten die Seegel, löſsten die Kanonen zum Ab-
ſchiede und ſchrieen alle: lebt wohl, es geht
nach der ſchönen Stadt — — Wir waren kaum
aus dem Hafen, ſo wurde mir das Herz ſchwer;
ungern ſah ich das Land verſchwinden, aber
der Gedanke an Jevuſalem beruhigte mich, auch
war eine Seereiſe für mich etwas neues. Das
Waſſer wurde nun nach und nach ſo groſs, die
See ſo weit, daſs ichs nicht mehr überſehen
konnte; der Wind gieng in den Rücken, blieſs
ſtark, das Schiff flog davon, und ich dachte,
wenn das ſo fort geht, werden wir bald nach
Jeruſalem geblaſen ſeyn. u. ſ. w. Die Hauptſa-
che bleibt, jene Wörter recht oft vorzubringen,
damit die Zuhörer fleiſsig im Drehen bleiben;
übrigens erdichtet man allerhand Vorfälle von
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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/352>, abgerufen am 22.11.2024.
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