nisse mit jungen Lehrlingen unter gewissen Um- ständen im Spiel wiederholen, heisst wohl nicht mit Wissenschaften spielen und sie herabwürdi- gen; sondern sich mit den Wissenschaften an Zeit, Ort, Umstände und Jugend anschmiegen; und wenn Spiele der Art schon die Kenntniss wissentschaftlicher Gegenstände voraussetzen, so kann man ja nicht den Zweck haben, diese zu lehren, sondern nur gelegentlich zu wieder holen. Wer über das Wiederholen etwas nachgedacht und gefunden hat, dass dieses Wiederkäuen schon gehabter, von aller Neuheit entblösster Be- griffe dem menschlichen Geiste, aber besonders der Jugend widerstehend ist, der wird in guten Spielen der Art nichts Anstössiges finden, und für die Gründlichkeit nichts befürchten, weil es denn doch wohl immer gründlicher seyn mag, mit Campen Geographische Kenntnisse zu wie- derholen, als Hübner auswendig zu lernen. Wis- sentschaftliche Spiele sind überdem nichts weni- ger als neue Erfindungen; schon mit dem lech- zehnten Jahrhundert findet man Geographische, Heraldische, Mathematische, Historische, sogar Juristische Spiele, wie man aus Clodii Bibliothe- ca lusoria sehn kann. Alle Spiele dieser Ord- nung sind gesellschaftliche.
niſſe mit jungen Lehrlingen unter gewiſſen Um- ſtänden im Spiel wiederholen, heiſst wohl nicht mit Wiſſenſchaften ſpielen und ſie herabwürdi- gen; ſondern ſich mit den Wiſſenſchaften an Zeit, Ort, Umſtände und Jugend anſchmiegen; und wenn Spiele der Art ſchon die Kenntniſs wiſſentſchaftlicher Gegenſtände vorausſetzen, ſo kann man ja nicht den Zweck haben, dieſe zu lehren, ſondern nur gelegentlich zu wieder holen. Wer über das Wiederholen etwas nachgedacht und gefunden hat, daſs dieſes Wiederkäuen ſchon gehabter, von aller Neuheit entblöſster Be- griffe dem menſchlichen Geiſte, aber beſonders der Jugend widerſtehend iſt, der wird in guten Spielen der Art nichts Anſtöſsiges finden, und für die Gründlichkeit nichts befürchten, weil es denn doch wohl immer gründlicher ſeyn mag, mit Campen Geographiſche Kenntniſſe zu wie- derholen, als Hübner auswendig zu lernen. Wiſ- ſentſchaftliche Spiele ſind überdem nichts weni- ger als neue Erfindungen; ſchon mit dem lech- zehnten Jahrhundert findet man Geographiſche, Heraldiſche, Mathematiſche, Hiſtoriſche, ſogar Juriſtiſche Spiele, wie man aus Clodii Bibliothe- ca luſoria ſehn kann. Alle Spiele dieſer Ord- nung ſind geſellſchaftliche.
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niſſe mit jungen Lehrlingen unter gewiſſen Um-
ſtänden im Spiel wiederholen, heiſst wohl nicht
mit Wiſſenſchaften ſpielen und ſie herabwürdi-
gen; ſondern ſich mit den Wiſſenſchaften an
Zeit, Ort, Umſtände und Jugend anſchmiegen;
und wenn Spiele der Art ſchon die Kenntniſs
wiſſentſchaftlicher Gegenſtände vorausſetzen, ſo
kann man ja nicht den Zweck haben, dieſe zu
lehren, ſondern nur gelegentlich zu wieder holen.
Wer über das Wiederholen etwas nachgedacht
und gefunden hat, daſs dieſes Wiederkäuen
ſchon gehabter, von aller Neuheit entblöſster Be-
griffe dem menſchlichen Geiſte, aber beſonders
der Jugend widerſtehend iſt, der wird in guten
Spielen der Art nichts Anſtöſsiges finden, und
für die Gründlichkeit nichts befürchten, weil es
denn doch wohl immer gründlicher ſeyn mag,
mit Campen Geographiſche Kenntniſſe zu wie-
derholen, als Hübner auswendig zu lernen. Wiſ-
ſentſchaftliche Spiele ſind überdem nichts weni-
ger als neue Erfindungen; ſchon mit dem lech-
zehnten Jahrhundert findet man Geographiſche,
Heraldiſche, Mathematiſche, Hiſtoriſche, ſogar
Juriſtiſche Spiele, wie man aus Clodii Bibliothe-
ca luſoria ſehn kann. Alle Spiele dieſer Ord-
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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/367>, abgerufen am 22.11.2024.
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