einander zu verbinden. Hieraus ergiebt sichs, dass diess sehr schöne, mit häufigem Lachen verbundene Spiel eine vortreffliche Geistesü- bung der Jugend sey. Für Kinder ist es schwer, aber sie werden schon durch Zuhören unterhal- ten, und will man sie ins Spiel selbst ziehen; so muss man ihnen zu Hülfe kommen; ja ihre kindischen Wendungen und ihre naiven und muntern Einfälle ersetzen alle andern Vollkom- menheiten der Erzählung. Um die Sache an- schaulich zu machen, will ich ein Beyspiel her- setzen. Neun junge Leute geben dem Zehnten jeder ein Wort, diese sind Topf, Lichtputze, Pa- pier, Uhr, Brot, Schreibtafel, Schiebkarren, Pferd, Citrone. Und hieraus macht er folgende Er- zählung.
Fritz war ein sehr gefrässiger Knabe, dem bis dahin das Essen über Alles gieng. Es war daher etwas gewöhnliches, dass er des Morgens an der Küchenthür herumgieng, um mit seiner Nase auszuspüren, was es heute zu essen gebe; und konnte die ihm nicht Bescheid thun, so nahm er, wo möglich, die Augen zu Hülfe und guckte in den Topf; denn mit fragen kam er nicht gut mehr zurecht, die Köchin hatte ihn schon oft ausgelacht und auf die Frage: was essen wir denn heute? zur Antwort gegeben, eine gebrate- ne -- Lichtputze oder fricassirtes -- Papier. Das
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einander zu verbinden. Hieraus ergiebt ſichs, daſs dieſs ſehr ſchöne, mit häufigem Lachen verbundene Spiel eine vortreffliche Geiſtesü- bung der Jugend ſey. Für Kinder iſt es ſchwer, aber ſie werden ſchon durch Zuhören unterhal- ten, und will man ſie ins Spiel ſelbſt ziehen; ſo muſs man ihnen zu Hülfe kommen; ja ihre kindiſchen Wendungen und ihre naiven und muntern Einfälle erſetzen alle andern Vollkom- menheiten der Erzählung. Um die Sache an- ſchaulich zu machen, will ich ein Beyſpiel her- ſetzen. Neun junge Leute geben dem Zehnten jeder ein Wort, dieſe ſind Topf, Lichtputze, Pa- pier, Uhr, Brot, Schreibtafel, Schiebkarren, Pferd, Citrone. Und hieraus macht er folgende Er- zählung.
Fritz war ein ſehr gefräſsiger Knabe, dem bis dahin das Eſſen über Alles gieng. Es war daher etwas gewöhnliches, daſs er des Morgens an der Küchenthür herumgieng, um mit ſeiner Naſe auszuſpüren, was es heute zu eſſen gebe; und konnte die ihm nicht Beſcheid thun, ſo nahm er, wo möglich, die Augen zu Hülfe und guckte in den Topf; denn mit fragen kam er nicht gut mehr zurecht, die Köchin hatte ihn ſchon oft ausgelacht und auf die Frage: was eſſen wir denn heute? zur Antwort gegeben, eine gebrate- ne — Lichtputze oder fricaſſirtes — Papier. Das
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einander zu verbinden. Hieraus ergiebt ſichs,
daſs dieſs ſehr ſchöne, mit häufigem Lachen
verbundene Spiel eine vortreffliche Geiſtesü-
bung der Jugend ſey. Für Kinder iſt es ſchwer,
aber ſie werden ſchon durch Zuhören unterhal-
ten, und will man ſie ins Spiel ſelbſt ziehen; ſo
muſs man ihnen zu Hülfe kommen; ja ihre
kindiſchen Wendungen und ihre naiven und
muntern Einfälle erſetzen alle andern Vollkom-
menheiten der Erzählung. Um die Sache an-
ſchaulich zu machen, will ich ein Beyſpiel her-
ſetzen. Neun junge Leute geben dem Zehnten
jeder ein Wort, dieſe ſind Topf, Lichtputze, Pa-
pier, Uhr, Brot, Schreibtafel, Schiebkarren, Pferd,
Citrone. Und hieraus macht er folgende Er-
zählung.
Fritz war ein ſehr gefräſsiger Knabe, dem bis
dahin das Eſſen über Alles gieng. Es war daher
etwas gewöhnliches, daſs er des Morgens an der
Küchenthür herumgieng, um mit ſeiner Naſe
auszuſpüren, was es heute zu eſſen gebe; und
konnte die ihm nicht Beſcheid thun, ſo nahm er,
wo möglich, die Augen zu Hülfe und guckte in
den Topf; denn mit fragen kam er nicht gut
mehr zurecht, die Köchin hatte ihn ſchon oft
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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/401>, abgerufen am 22.11.2024.
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