Es ist freylich lehr gut möglich, alles eigentli- che Spiel gänzlich zu vermeiden und sich durch blosse Abwechslung zwischen ernstlicher Anstren- gung des Geistes und jenen spielenden Beschäf- tigungen hinzuhalten; allein ich glaube nicht, dass sich auf diese Art besonders bey der Jugend eine gewisse weibische Weichlichkeit, Unthä- tigkeit und Schlaffheit des Körpers vermeiden lasse. Kurz man beweise erst streng und red- lich, dass die Bildung des Körpers eine Posse sey, die für uns nichts werth ist, dass unser Geist des Körpers nicht bedürfe, dass dieser auf unsre Thätigkeit, auf unsern Charakter und auf Bele- bung oder Erstickung des göttlichen Funken, der in uns glimmt, gar keinen Einfluss habe: wenn man das gethan, die Forderungen der Natur, der grössten Aerzte und der denkendsten Männer widerlegt haben wird, dann will ich schweigen und einsehen lernen, dass ich Thorheit gepredigt habe, dann will ich gern behaupten, dass man die Zeit zur Erholung wohl edler als zu Spielen und Leibesübungen verwenden kön- ne. Kann man das aber nicht, so will ich nicht bloss Aerzte und Denker sondern sogar die Hei- ligen zu Hülfe rufen und mit Franz von Sales *)
*) St. Francois de Sales sogar in seiner introduction a la vie devote part. III. ch. 31.
Es iſt freylich lehr gut möglich, alles eigentli- che Spiel gänzlich zu vermeiden und ſich durch bloſse Abwechslung zwiſchen ernſtlicher Anſtren- gung des Geiſtes und jenen ſpielenden Beſchäf- tigungen hinzuhalten; allein ich glaube nicht, daſs ſich auf dieſe Art beſonders bey der Jugend eine gewiſſe weibiſche Weichlichkeit, Unthä- tigkeit und Schlaffheit des Körpers vermeiden laſſe. Kurz man beweiſe erſt ſtreng und red- lich, daſs die Bildung des Körpers eine Poſſe ſey, die für uns nichts werth iſt, daſs unſer Geiſt des Körpers nicht bedürfe, daſs dieſer auf unſre Thätigkeit, auf unſern Charakter und auf Bele- bung oder Erſtickung des göttlichen Funken, der in uns glimmt, gar keinen Einfluſs habe: wenn man das gethan, die Forderungen der Natur, der gröſsten Aerzte und der denkendſten Männer widerlegt haben wird, dann will ich ſchweigen und einſehen lernen, daſs ich Thorheit gepredigt habe, dann will ich gern behaupten, daſs man die Zeit zur Erholung wohl edler als zu Spielen und Leibesübungen verwenden kön- ne. Kann man das aber nicht, ſo will ich nicht bloſs Aerzte und Denker ſondern ſogar die Hei- ligen zu Hülfe rufen und mit Franz von Sales *)
*) St. François de Sales ſogar in ſeiner introduction à la vie devote part. III. ch. 31.
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Es iſt freylich lehr gut möglich, alles eigentli-
che Spiel gänzlich zu vermeiden und ſich durch
bloſse Abwechslung zwiſchen ernſtlicher Anſtren-
gung des Geiſtes und jenen ſpielenden Beſchäf-
tigungen hinzuhalten; allein ich glaube nicht,
daſs ſich auf dieſe Art beſonders bey der Jugend
eine gewiſſe weibiſche Weichlichkeit, Unthä-
tigkeit und Schlaffheit des Körpers vermeiden
laſſe. Kurz man beweiſe erſt ſtreng und red-
lich, daſs die Bildung des Körpers eine Poſſe ſey, die
für uns nichts werth iſt, daſs unſer Geiſt des
Körpers nicht bedürfe, daſs dieſer auf unſre
Thätigkeit, auf unſern Charakter und auf Bele-
bung oder Erſtickung des göttlichen Funken,
der in uns glimmt, gar keinen Einfluſs habe:
wenn man das gethan, die Forderungen der
Natur, der gröſsten Aerzte und der denkendſten
Männer widerlegt haben wird, dann will ich
ſchweigen und einſehen lernen, daſs ich Thorheit
gepredigt habe, dann will ich gern behaupten,
daſs man die Zeit zur Erholung wohl edler als
zu Spielen und Leibesübungen verwenden kön-
ne. Kann man das aber nicht, ſo will ich nicht
bloſs Aerzte und Denker ſondern ſogar die Hei-
ligen zu Hülfe rufen und mit Franz von Sales *)
*) St. François de Sales ſogar in ſeiner introduction à la vie devote
part. III. ch. 31.
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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/52>, abgerufen am 21.11.2024.
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