Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Kein Spiel enthalte etwas gegen das Gefühl
des Edlen und Schönen, wenn es auch nicht zur
Verstärkung dieses Gefühls beyträgt. Ich hoffe,
man soll hier kein Spiel der Art finden. Hinein
tragen kann man freylich jede Unsittlichkeit, das
wird nicht meine Schuld seyn, sondern die des
Tones der Gesellschaft. Knaben spielen oft Dieb,
sie verurtheilen und hängen, das ist hässlich und
thracisch roh wie die Anchonä.

Ein Spiel kann kindisch seyn, das ist kein Feh-
ler, wenn es für Kinder ist; aber ein Spiel kann
nach dem feinen Tone ehrbar, oder angemessener
gesprochen, reizend und schön seyn, und ist für
Kinder noch unehrbarer als für Erwachsene.
Diess sey meine kurze Schutzrede für kleine Tän-
deleyen, die man hier und dort finden wird.

Gefährliche Spiele taugen nichts, denn mit Ge-
sundheit und Leben ist kein Scherzen. Ich habe
daher manches Spiel, das durch seine Neuheit
gefallen haben würde, unterdrückt. Doch gebe
ich noch zu bedenken, dass gefährlich ein sehr be-
ziehender (relativer) Begriff sey; man ist selbst
im Sofa nicht sicher.

Kein Spiel sey endlich leer von allem Gehal-
te, von allem Nutzen; Niemand handelt gern
ohne Absicht. Spiele müssen daher Uebungen
seyn, die für die Jugend (für die Alten auch) auf
irgend eine Art vortheilhaft sind. Sie müssen den

C 5

Kein Spiel enthalte etwas gegen das Gefühl
des Edlen und Schönen, wenn es auch nicht zur
Verſtärkung dieſes Gefühls beyträgt. Ich hoffe,
man ſoll hier kein Spiel der Art finden. Hinein
tragen kann man freylich jede Unſittlichkeit, das
wird nicht meine Schuld ſeyn, ſondern die des
Tones der Geſellſchaft. Knaben ſpielen oft Dieb,
ſie verurtheilen und hängen, das iſt häſslich und
thraciſch roh wie die Anchonä.

Ein Spiel kann kindiſch ſeyn, das iſt kein Feh-
ler, wenn es für Kinder iſt; aber ein Spiel kann
nach dem feinen Tone ehrbar, oder angemeſſener
geſprochen, reizend und ſchön ſeyn, und iſt für
Kinder noch unehrbarer als für Erwachſene.
Dieſs ſey meine kurze Schutzrede für kleine Tän-
deleyen, die man hier und dort finden wird.

Gefährliche Spiele taugen nichts, denn mit Ge-
ſundheit und Leben iſt kein Scherzen. Ich habe
daher manches Spiel, das durch ſeine Neuheit
gefallen haben würde, unterdrückt. Doch gebe
ich noch zu bedenken, daſs gefährlich ein ſehr be-
ziehender (relativer) Begriff ſey; man iſt ſelbſt
im Sofa nicht ſicher.

Kein Spiel ſey endlich leer von allem Gehal-
te, von allem Nutzen; Niemand handelt gern
ohne Abſicht. Spiele müſſen daher Uebungen
ſeyn, die für die Jugend (für die Alten auch) auf
irgend eine Art vortheilhaft ſind. Sie müſſen den

C 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0073" n="41"/>
        <p>Kein Spiel enthalte etwas gegen das Gefühl<lb/>
des <hi rendition="#i">Edlen</hi> und <hi rendition="#i">Schönen</hi>, wenn es auch nicht zur<lb/>
Ver&#x017F;tärkung die&#x017F;es Gefühls beyträgt. Ich hoffe,<lb/>
man &#x017F;oll hier kein Spiel der Art finden. Hinein<lb/>
tragen kann man freylich jede Un&#x017F;ittlichkeit, das<lb/>
wird nicht meine Schuld &#x017F;eyn, &#x017F;ondern die des<lb/>
Tones der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft. Knaben &#x017F;pielen oft Dieb,<lb/>
&#x017F;ie verurtheilen und hängen, das i&#x017F;t hä&#x017F;slich und<lb/>
thraci&#x017F;ch roh wie die Anchonä.</p><lb/>
        <p>Ein Spiel kann <hi rendition="#i">kindi&#x017F;ch</hi> &#x017F;eyn, das i&#x017F;t kein Feh-<lb/>
ler, wenn es für Kinder i&#x017F;t; aber ein Spiel kann<lb/>
nach dem feinen Tone ehrbar, oder angeme&#x017F;&#x017F;ener<lb/>
ge&#x017F;prochen, reizend und &#x017F;chön &#x017F;eyn, und i&#x017F;t für<lb/>
Kinder noch unehrbarer als für Erwach&#x017F;ene.<lb/>
Die&#x017F;s &#x017F;ey meine kurze Schutzrede für kleine Tän-<lb/>
deleyen, die man hier und dort finden wird.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#i">Gefährliche</hi> Spiele taugen nichts, denn mit Ge-<lb/>
&#x017F;undheit und Leben i&#x017F;t kein Scherzen. Ich habe<lb/>
daher manches Spiel, das durch &#x017F;eine Neuheit<lb/>
gefallen haben würde, unterdrückt. Doch gebe<lb/>
ich noch zu bedenken, da&#x017F;s <hi rendition="#i">gefährlich</hi> ein &#x017F;ehr be-<lb/>
ziehender (relativer) Begriff &#x017F;ey; man i&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
im Sofa nicht &#x017F;icher.</p><lb/>
        <p>Kein Spiel &#x017F;ey endlich <hi rendition="#i">leer</hi> von allem Gehal-<lb/>
te, von allem Nutzen; Niemand handelt gern<lb/>
ohne Ab&#x017F;icht. Spiele mü&#x017F;&#x017F;en daher <hi rendition="#i">Uebungen</hi><lb/>
&#x017F;eyn, die für die Jugend (für die Alten auch) auf<lb/>
irgend eine Art vortheilhaft &#x017F;ind. Sie mü&#x017F;&#x017F;en den<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C 5</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0073] Kein Spiel enthalte etwas gegen das Gefühl des Edlen und Schönen, wenn es auch nicht zur Verſtärkung dieſes Gefühls beyträgt. Ich hoffe, man ſoll hier kein Spiel der Art finden. Hinein tragen kann man freylich jede Unſittlichkeit, das wird nicht meine Schuld ſeyn, ſondern die des Tones der Geſellſchaft. Knaben ſpielen oft Dieb, ſie verurtheilen und hängen, das iſt häſslich und thraciſch roh wie die Anchonä. Ein Spiel kann kindiſch ſeyn, das iſt kein Feh- ler, wenn es für Kinder iſt; aber ein Spiel kann nach dem feinen Tone ehrbar, oder angemeſſener geſprochen, reizend und ſchön ſeyn, und iſt für Kinder noch unehrbarer als für Erwachſene. Dieſs ſey meine kurze Schutzrede für kleine Tän- deleyen, die man hier und dort finden wird. Gefährliche Spiele taugen nichts, denn mit Ge- ſundheit und Leben iſt kein Scherzen. Ich habe daher manches Spiel, das durch ſeine Neuheit gefallen haben würde, unterdrückt. Doch gebe ich noch zu bedenken, daſs gefährlich ein ſehr be- ziehender (relativer) Begriff ſey; man iſt ſelbſt im Sofa nicht ſicher. Kein Spiel ſey endlich leer von allem Gehal- te, von allem Nutzen; Niemand handelt gern ohne Abſicht. Spiele müſſen daher Uebungen ſeyn, die für die Jugend (für die Alten auch) auf irgend eine Art vortheilhaft ſind. Sie müſſen den C 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/73
Zitationshilfe: Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/73>, abgerufen am 21.11.2024.