Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.ganz neu mußte wiedererzählen lassen und deren oft recht sinnige Bedeutung ihn wohl ansprach. Die Lebensweise im Hause Hetzels war Börnen ganz neu. Einen so freien behaglichen Genuß des Daseins, wie er hier traf, hatte er sich in dem Zwang seiner häuslichen Verhältnisse nie möglich gedacht. Da gab es Besuche, feine Manieren, heitere Unterhaltung, Abendgesellschaften, gesellige Spiele. Gleich die erste Soiree, die Hetzel, ein Lebemann, veranstaltete, regte seine Phantasie wunderbar an. Von dem Essen bei seinem jüdischen Anverwandten war keine Rede mehr. Der Unterrabbiner erhielt seine Bezahlung, ohne daß er das Hetzel'sche Haus je betrat. Die Lehrer Dr. Schapper, Keppel und Andre waren unterrichtete Männer, bei welchen er sich freute, seinen Geist gründlich vervollkommnen zu können. Er schrieb nach Frankfurt die heitersten und wirklich lesenswerthe, gutgesetzte Briefe, die ein untrüglicher Gradmesser seiner zunehmenden geistigen Bildung waren. Je mehr nun Börne dem Jünglingsalter entgegenreifte, desto mehr veränderte sich seine Stellung zur Welt, seine Auffassung der Menschen, sein Urtheil über näher oder entfernt Liegendes. An die Ordnung seiner neuen Lage sich bald gewöhnend, gewann er ganz neu mußte wiedererzählen lassen und deren oft recht sinnige Bedeutung ihn wohl ansprach. Die Lebensweise im Hause Hetzels war Börnen ganz neu. Einen so freien behaglichen Genuß des Daseins, wie er hier traf, hatte er sich in dem Zwang seiner häuslichen Verhältnisse nie möglich gedacht. Da gab es Besuche, feine Manieren, heitere Unterhaltung, Abendgesellschaften, gesellige Spiele. Gleich die erste Soirée, die Hetzel, ein Lebemann, veranstaltete, regte seine Phantasie wunderbar an. Von dem Essen bei seinem jüdischen Anverwandten war keine Rede mehr. Der Unterrabbiner erhielt seine Bezahlung, ohne daß er das Hetzel’sche Haus je betrat. Die Lehrer Dr. Schapper, Keppel und Andre waren unterrichtete Männer, bei welchen er sich freute, seinen Geist gründlich vervollkommnen zu können. Er schrieb nach Frankfurt die heitersten und wirklich lesenswerthe, gutgesetzte Briefe, die ein untrüglicher Gradmesser seiner zunehmenden geistigen Bildung waren. Je mehr nun Börne dem Jünglingsalter entgegenreifte, desto mehr veränderte sich seine Stellung zur Welt, seine Auffassung der Menschen, sein Urtheil über näher oder entfernt Liegendes. An die Ordnung seiner neuen Lage sich bald gewöhnend, gewann er <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0104" n="62"/> ganz neu mußte wiedererzählen lassen und deren oft recht sinnige Bedeutung ihn wohl ansprach.</p> <p>Die Lebensweise im Hause Hetzels war Börnen ganz neu. Einen so freien behaglichen Genuß des Daseins, wie er hier traf, hatte er sich in dem Zwang seiner häuslichen Verhältnisse nie möglich gedacht. Da gab es Besuche, feine Manieren, heitere Unterhaltung, Abendgesellschaften, gesellige Spiele. Gleich die erste Soirée, die Hetzel, ein Lebemann, veranstaltete, regte seine Phantasie wunderbar an. Von dem Essen bei seinem jüdischen Anverwandten war keine Rede mehr. Der Unterrabbiner erhielt seine Bezahlung, ohne daß er das Hetzel’sche Haus je betrat. Die Lehrer <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Schapper, Keppel und Andre waren unterrichtete Männer, bei welchen er sich freute, seinen Geist gründlich vervollkommnen zu können. Er schrieb nach Frankfurt die heitersten und wirklich lesenswerthe, gutgesetzte Briefe, die ein untrüglicher Gradmesser seiner zunehmenden geistigen Bildung waren.</p> <p>Je mehr nun Börne dem Jünglingsalter entgegenreifte, desto mehr veränderte sich seine Stellung zur Welt, seine Auffassung der Menschen, sein Urtheil über näher oder entfernt Liegendes. An die Ordnung seiner neuen Lage sich bald gewöhnend, gewann er </p> </div> </body> </text> </TEI> [62/0104]
ganz neu mußte wiedererzählen lassen und deren oft recht sinnige Bedeutung ihn wohl ansprach.
Die Lebensweise im Hause Hetzels war Börnen ganz neu. Einen so freien behaglichen Genuß des Daseins, wie er hier traf, hatte er sich in dem Zwang seiner häuslichen Verhältnisse nie möglich gedacht. Da gab es Besuche, feine Manieren, heitere Unterhaltung, Abendgesellschaften, gesellige Spiele. Gleich die erste Soirée, die Hetzel, ein Lebemann, veranstaltete, regte seine Phantasie wunderbar an. Von dem Essen bei seinem jüdischen Anverwandten war keine Rede mehr. Der Unterrabbiner erhielt seine Bezahlung, ohne daß er das Hetzel’sche Haus je betrat. Die Lehrer Dr. Schapper, Keppel und Andre waren unterrichtete Männer, bei welchen er sich freute, seinen Geist gründlich vervollkommnen zu können. Er schrieb nach Frankfurt die heitersten und wirklich lesenswerthe, gutgesetzte Briefe, die ein untrüglicher Gradmesser seiner zunehmenden geistigen Bildung waren.
Je mehr nun Börne dem Jünglingsalter entgegenreifte, desto mehr veränderte sich seine Stellung zur Welt, seine Auffassung der Menschen, sein Urtheil über näher oder entfernt Liegendes. An die Ordnung seiner neuen Lage sich bald gewöhnend, gewann er
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