Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.Resultate der französischen Revolution hatten Kastengeist und Privilegienunbill aus den Thoren vertrieben. Frankfurt hatte mit seiner Selbstständigkeit auch das Recht der Tyranney gegen die Juden verloren. Diese erhielten vom Fürsten Primas, dem Großherzoge von Frankfurt - (auch eine eigne Art von Emanzipation) - für eine sehr bedeutende Summe das Recht, sich frei zu kaufen. Somit eröffnete sich den studirten Söhnen der Juden die Aussicht einer andern als nur medizinischen Wirksamkeit. Börne dachte sogleich an Jurisprudenz, ging aber auch von dieser, da der Beruf eines Advokaten ihn nicht reizen mochte, allmälig ab zur Cameralistik, die ihm eine Anstellung im Regierungsorganismus erwerben durfte. Zu diesen Erwägungen mochte die Selbsterkenntniß kommen, daß ein Arzt zu sein von einer ganz andern Vorliebe für diesen Stand bedingt werden müsse, als sie Börne besaß. So sehr seinen höhern Erkenntnißsinn die aus der Philosophie und allgemeinen Naturkunde hergeleiteten Heischesätze der medizinischen Propädeutik ansprechen mußten, so wenig fühlte er sich in der Medizin heimisch, wenn er den Vorhof verließ und das innere Heiligthum jener Kunst selbst betrat. Seine zarten Nerven gewöhnten sich schwer an den Resultate der französischen Revolution hatten Kastengeist und Privilegienunbill aus den Thoren vertrieben. Frankfurt hatte mit seiner Selbstständigkeit auch das Recht der Tyranney gegen die Juden verloren. Diese erhielten vom Fürsten Primas, dem Großherzoge von Frankfurt – (auch eine eigne Art von Emanzipation) – für eine sehr bedeutende Summe das Recht, sich frei zu kaufen. Somit eröffnete sich den studirten Söhnen der Juden die Aussicht einer andern als nur medizinischen Wirksamkeit. Börne dachte sogleich an Jurisprudenz, ging aber auch von dieser, da der Beruf eines Advokaten ihn nicht reizen mochte, allmälig ab zur Cameralistik, die ihm eine Anstellung im Regierungsorganismus erwerben durfte. Zu diesen Erwägungen mochte die Selbsterkenntniß kommen, daß ein Arzt zu sein von einer ganz andern Vorliebe für diesen Stand bedingt werden müsse, als sie Börne besaß. So sehr seinen höhern Erkenntnißsinn die aus der Philosophie und allgemeinen Naturkunde hergeleiteten Heischesätze der medizinischen Propädeutik ansprechen mußten, so wenig fühlte er sich in der Medizin heimisch, wenn er den Vorhof verließ und das innere Heiligthum jener Kunst selbst betrat. Seine zarten Nerven gewöhnten sich schwer an den <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0117" n="75"/> Resultate der französischen Revolution hatten Kastengeist und Privilegienunbill aus den Thoren vertrieben. Frankfurt hatte mit seiner Selbstständigkeit auch das Recht der Tyranney gegen die Juden verloren. Diese erhielten vom Fürsten Primas, dem Großherzoge von Frankfurt – (auch eine eigne Art von Emanzipation) – für eine sehr bedeutende Summe das Recht, sich frei zu kaufen. Somit eröffnete sich den studirten Söhnen der Juden die Aussicht einer andern als nur medizinischen Wirksamkeit. Börne dachte sogleich an Jurisprudenz, ging aber auch von dieser, da der Beruf eines Advokaten ihn nicht reizen mochte, allmälig ab zur Cameralistik, die ihm eine Anstellung im Regierungsorganismus erwerben durfte.</p> <p>Zu diesen Erwägungen mochte die Selbsterkenntniß kommen, daß ein Arzt zu sein von einer ganz andern Vorliebe für diesen Stand bedingt werden müsse, als sie Börne besaß. So sehr seinen höhern Erkenntnißsinn die aus der Philosophie und allgemeinen Naturkunde hergeleiteten Heischesätze der medizinischen Propädeutik ansprechen mußten, so wenig fühlte er sich in der Medizin heimisch, wenn er den Vorhof verließ und das innere Heiligthum jener Kunst selbst betrat. Seine zarten Nerven gewöhnten sich schwer an den </p> </div> </body> </text> </TEI> [75/0117]
Resultate der französischen Revolution hatten Kastengeist und Privilegienunbill aus den Thoren vertrieben. Frankfurt hatte mit seiner Selbstständigkeit auch das Recht der Tyranney gegen die Juden verloren. Diese erhielten vom Fürsten Primas, dem Großherzoge von Frankfurt – (auch eine eigne Art von Emanzipation) – für eine sehr bedeutende Summe das Recht, sich frei zu kaufen. Somit eröffnete sich den studirten Söhnen der Juden die Aussicht einer andern als nur medizinischen Wirksamkeit. Börne dachte sogleich an Jurisprudenz, ging aber auch von dieser, da der Beruf eines Advokaten ihn nicht reizen mochte, allmälig ab zur Cameralistik, die ihm eine Anstellung im Regierungsorganismus erwerben durfte.
Zu diesen Erwägungen mochte die Selbsterkenntniß kommen, daß ein Arzt zu sein von einer ganz andern Vorliebe für diesen Stand bedingt werden müsse, als sie Börne besaß. So sehr seinen höhern Erkenntnißsinn die aus der Philosophie und allgemeinen Naturkunde hergeleiteten Heischesätze der medizinischen Propädeutik ansprechen mußten, so wenig fühlte er sich in der Medizin heimisch, wenn er den Vorhof verließ und das innere Heiligthum jener Kunst selbst betrat. Seine zarten Nerven gewöhnten sich schwer an den
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