Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.von innen heraus zu beurtheilen. Was mich in der Poesie zum Dramatiker, mußte mich in der Prosa zum Biographen machen. Ich zweifle nicht, daß diesem Buche viel Berichtigungen und Erweiterungen bevorstehen. Erst wenn viele persönliche Freunde Börne's lesen werden, wie sich in seinem Leben eine gewisse Ordnung nachweisen läßt, werden sie sich angeregt fühlen, diese Ordnung zu vervollkommnen. Es werden sich Anekdoten mancherlei Art an das nun vorerst einmal Gegebene ansetzen. Ich zweifle auch nicht, daß die Auffassung, die in diesem Buche herrscht, nicht allseitig genügen wird. Es war mir nicht möglich, mit den Lebensmomenten eines so merkwürdigen Mannes, wie Börne war, erst ein polizeiliches Verfahren anzustellen. Sollt' ich zu Gericht sitzen und von einem abgekühlten Standpunkt herab in Börnes Leben sichten und scheiden, hier einräumen, dort verdammen und aus einer Charakteristik eine gerichtliche Anatomie machen? Es ging nicht. So wenig die Meinungen Börne's von seiner Zeit, der rücksichtslose Ton in dem er von innen heraus zu beurtheilen. Was mich in der Poesie zum Dramatiker, mußte mich in der Prosa zum Biographen machen. Ich zweifle nicht, daß diesem Buche viel Berichtigungen und Erweiterungen bevorstehen. Erst wenn viele persönliche Freunde Börne’s lesen werden, wie sich in seinem Leben eine gewisse Ordnung nachweisen läßt, werden sie sich angeregt fühlen, diese Ordnung zu vervollkommnen. Es werden sich Anekdoten mancherlei Art an das nun vorerst einmal Gegebene ansetzen. Ich zweifle auch nicht, daß die Auffassung, die in diesem Buche herrscht, nicht allseitig genügen wird. Es war mir nicht möglich, mit den Lebensmomenten eines so merkwürdigen Mannes, wie Börne war, erst ein polizeiliches Verfahren anzustellen. Sollt’ ich zu Gericht sitzen und von einem abgekühlten Standpunkt herab in Börnes Leben sichten und scheiden, hier einräumen, dort verdammen und aus einer Charakteristik eine gerichtliche Anatomie machen? Es ging nicht. So wenig die Meinungen Börne’s von seiner Zeit, der rücksichtslose Ton in dem er <TEI> <text> <front> <div type="preface"> <p><pb facs="#f0017" n="XI"/> von innen heraus zu beurtheilen. Was mich in der Poesie zum Dramatiker, mußte mich in der Prosa zum Biographen machen.</p> <p>Ich zweifle nicht, daß diesem Buche viel Berichtigungen und Erweiterungen bevorstehen. Erst wenn viele persönliche Freunde Börne’s lesen werden, wie sich in seinem Leben eine gewisse Ordnung nachweisen läßt, werden sie sich angeregt fühlen, diese Ordnung zu vervollkommnen. Es werden sich Anekdoten mancherlei Art an das nun vorerst einmal Gegebene ansetzen. Ich zweifle auch nicht, daß die Auffassung, die in diesem Buche herrscht, nicht allseitig genügen wird. Es war mir nicht möglich, mit den Lebensmomenten eines so merkwürdigen Mannes, wie Börne war, erst ein polizeiliches Verfahren anzustellen. Sollt’ ich zu Gericht sitzen und von einem abgekühlten Standpunkt herab in Börnes Leben sichten und scheiden, hier einräumen, dort verdammen und aus einer Charakteristik eine gerichtliche Anatomie machen? Es ging nicht. So wenig die Meinungen Börne’s von seiner Zeit, der rücksichtslose Ton in dem er </p> </div> </front> </text> </TEI> [XI/0017]
von innen heraus zu beurtheilen. Was mich in der Poesie zum Dramatiker, mußte mich in der Prosa zum Biographen machen.
Ich zweifle nicht, daß diesem Buche viel Berichtigungen und Erweiterungen bevorstehen. Erst wenn viele persönliche Freunde Börne’s lesen werden, wie sich in seinem Leben eine gewisse Ordnung nachweisen läßt, werden sie sich angeregt fühlen, diese Ordnung zu vervollkommnen. Es werden sich Anekdoten mancherlei Art an das nun vorerst einmal Gegebene ansetzen. Ich zweifle auch nicht, daß die Auffassung, die in diesem Buche herrscht, nicht allseitig genügen wird. Es war mir nicht möglich, mit den Lebensmomenten eines so merkwürdigen Mannes, wie Börne war, erst ein polizeiliches Verfahren anzustellen. Sollt’ ich zu Gericht sitzen und von einem abgekühlten Standpunkt herab in Börnes Leben sichten und scheiden, hier einräumen, dort verdammen und aus einer Charakteristik eine gerichtliche Anatomie machen? Es ging nicht. So wenig die Meinungen Börne’s von seiner Zeit, der rücksichtslose Ton in dem er
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/17 |
Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. XI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/17>, abgerufen am 16.07.2024. |