Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.halten, es mir möglich machte, die Schönheiten einer Sprache zu empfinden, die so süß zum Ohre und zum Herzen tönt." "Leset, leset! würde ich Ihnen zurufen, wie man an Moliere's Grabe den Misanthrop und Tartüffe las, an Börne's Grabe einige jener auserwählten Stücke, die Deutschland in funfzehn Bändchen gesammelt hat, anscheinend eine umfassende Sammlung und doch zu kurz für den Leser. Wie manche nächtige Lampe des im Lesen dieser Sammlung Vertieften erlosch erst beim Beginn des Tages! Wiederholt uns eine jener Allegorien, in welchen Börne mit jedem Federzug eine Wurzel des werdenden Despotismus abschnitt, wiederholt uns, zumal an diesem Orte, wo Thränen fließen, eine einzige jener tausend Seiten, in welchen Börne die Armen die Ergebung und die Reichen die Wohlthätigkeit, die Geächteten die Liebe zu einem Vaterlande lehrte, das sie zu vergessen schien; bewundernswürdige Werke, die man bei Ihnen in den Palästen, wie in der Hütte findet; denn sie zeichneten eine Zukunft, die keine andere Kategorie unter den Menschen gestatten wird, als die der guten Menschen unter einander, die sich gegenseitig hienieden unterstützen." halten, es mir möglich machte, die Schönheiten einer Sprache zu empfinden, die so süß zum Ohre und zum Herzen tönt." "Leset, leset! würde ich Ihnen zurufen, wie man an Molière’s Grabe den Misanthrop und Tartüffe las, an Börne’s Grabe einige jener auserwählten Stücke, die Deutschland in funfzehn Bändchen gesammelt hat, anscheinend eine umfassende Sammlung und doch zu kurz für den Leser. Wie manche nächtige Lampe des im Lesen dieser Sammlung Vertieften erlosch erst beim Beginn des Tages! Wiederholt uns eine jener Allegorien, in welchen Börne mit jedem Federzug eine Wurzel des werdenden Despotismus abschnitt, wiederholt uns, zumal an diesem Orte, wo Thränen fließen, eine einzige jener tausend Seiten, in welchen Börne die Armen die Ergebung und die Reichen die Wohlthätigkeit, die Geächteten die Liebe zu einem Vaterlande lehrte, das sie zu vergessen schien; bewundernswürdige Werke, die man bei Ihnen in den Palästen, wie in der Hütte findet; denn sie zeichneten eine Zukunft, die keine andere Kategorie unter den Menschen gestatten wird, als die der guten Menschen unter einander, die sich gegenseitig hienieden unterstützen." <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0330" n="288"/> halten, es mir möglich machte, die Schönheiten einer Sprache zu empfinden, die so süß zum Ohre und zum Herzen tönt."</p> <p>"Leset, leset! würde ich Ihnen zurufen, wie man an Molière’s Grabe den Misanthrop und Tartüffe las, an Börne’s Grabe einige jener auserwählten Stücke, die Deutschland in funfzehn Bändchen gesammelt hat, anscheinend eine umfassende Sammlung und doch zu kurz für den Leser. Wie manche nächtige Lampe des im Lesen dieser Sammlung Vertieften erlosch erst beim Beginn des Tages! Wiederholt uns eine jener Allegorien, in welchen Börne mit jedem Federzug eine Wurzel des werdenden Despotismus abschnitt, wiederholt uns, zumal an diesem Orte, wo Thränen fließen, eine einzige jener tausend Seiten, in welchen Börne die Armen die Ergebung und die Reichen die Wohlthätigkeit, die Geächteten die Liebe zu einem Vaterlande lehrte, das sie zu vergessen schien; bewundernswürdige Werke, die man bei Ihnen in den Palästen, wie in der Hütte findet; denn sie zeichneten eine Zukunft, die keine andere Kategorie unter den Menschen gestatten wird, als die der guten Menschen unter einander, die sich gegenseitig hienieden unterstützen."</p> </div> </body> </text> </TEI> [288/0330]
halten, es mir möglich machte, die Schönheiten einer Sprache zu empfinden, die so süß zum Ohre und zum Herzen tönt."
"Leset, leset! würde ich Ihnen zurufen, wie man an Molière’s Grabe den Misanthrop und Tartüffe las, an Börne’s Grabe einige jener auserwählten Stücke, die Deutschland in funfzehn Bändchen gesammelt hat, anscheinend eine umfassende Sammlung und doch zu kurz für den Leser. Wie manche nächtige Lampe des im Lesen dieser Sammlung Vertieften erlosch erst beim Beginn des Tages! Wiederholt uns eine jener Allegorien, in welchen Börne mit jedem Federzug eine Wurzel des werdenden Despotismus abschnitt, wiederholt uns, zumal an diesem Orte, wo Thränen fließen, eine einzige jener tausend Seiten, in welchen Börne die Armen die Ergebung und die Reichen die Wohlthätigkeit, die Geächteten die Liebe zu einem Vaterlande lehrte, das sie zu vergessen schien; bewundernswürdige Werke, die man bei Ihnen in den Palästen, wie in der Hütte findet; denn sie zeichneten eine Zukunft, die keine andere Kategorie unter den Menschen gestatten wird, als die der guten Menschen unter einander, die sich gegenseitig hienieden unterstützen."
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/330>, abgerufen am 26.06.2024. |