Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.Gießner Lehrer Dr. Schapper legte, ja er will behaupten, daß Börne selbst später als Schriftsteller nicht frei von Incorrektheit geblieben sey. Wenigstens ist so viel wahr, daß allerdings die frühsten Manuscripte Börne's mit einer etwas unsichern Orthographie geschrieben sind. Für die Erziehung und den Unterricht ihrer Jugend hatte damals die jüdische Gemeinde in Frankfurt noch wenig gethan. Nur zwei Lehrer gab es, die die Häuser der reichern Juden besuchten und dem immer dringender werdenden Bedürfnisse nach Bildung allein nicht abhelfen konnten. Christliche Lehrer giengen nicht in die Judengasse, um dort zu unterrichten. So fieng man denn an, die Knaben den christlichen Lehrern ins Haus zu schicken. Der junge Börne ging zu seinem Schreiblehrer Ernst um so lieber, als er dort mit Toleranz und Schonung behandelt wurde und sich keiner Zurücksetzung gegen christliche Kinder versehen durfte. Als später die Emigrirten in Frankfurt einzogen und sich theilweise durch Lektionen ernähren mußten, boten sich den Juden bessre Aussichten für ihre Kinder dar. Der Klavierlehrer der Familie war ein kurkölnischer Emigrant, Namens Buchwieser. Abbe Marx aus Nancy gab den Unterricht im Fran- Gießner Lehrer Dr. Schapper legte, ja er will behaupten, daß Börne selbst später als Schriftsteller nicht frei von Incorrektheit geblieben sey. Wenigstens ist so viel wahr, daß allerdings die frühsten Manuscripte Börne’s mit einer etwas unsichern Orthographie geschrieben sind. Für die Erziehung und den Unterricht ihrer Jugend hatte damals die jüdische Gemeinde in Frankfurt noch wenig gethan. Nur zwei Lehrer gab es, die die Häuser der reichern Juden besuchten und dem immer dringender werdenden Bedürfnisse nach Bildung allein nicht abhelfen konnten. Christliche Lehrer giengen nicht in die Judengasse, um dort zu unterrichten. So fieng man denn an, die Knaben den christlichen Lehrern ins Haus zu schicken. Der junge Börne ging zu seinem Schreiblehrer Ernst um so lieber, als er dort mit Toleranz und Schonung behandelt wurde und sich keiner Zurücksetzung gegen christliche Kinder versehen durfte. Als später die Emigrirten in Frankfurt einzogen und sich theilweise durch Lektionen ernähren mußten, boten sich den Juden bessre Aussichten für ihre Kinder dar. Der Klavierlehrer der Familie war ein kurkölnischer Emigrant, Namens Buchwieser. Abbé Marx aus Nancy gab den Unterricht im Fran- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0092" n="50"/> Gießner Lehrer <hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">Dr.</hi> Schapper</hi> legte, ja er will behaupten, daß Börne selbst später als Schriftsteller nicht frei von Incorrektheit geblieben sey. Wenigstens ist so viel wahr, daß allerdings die frühsten Manuscripte Börne’s mit einer etwas unsichern Orthographie geschrieben sind.</p> <p>Für die Erziehung und den Unterricht ihrer Jugend hatte damals die jüdische Gemeinde in Frankfurt noch wenig gethan. Nur zwei Lehrer gab es, die die Häuser der reichern Juden besuchten und dem immer dringender werdenden Bedürfnisse nach Bildung allein nicht abhelfen konnten. Christliche Lehrer giengen nicht in die Judengasse, um dort zu unterrichten. So fieng man denn an, die Knaben den christlichen Lehrern ins Haus zu schicken. Der junge Börne ging zu seinem Schreiblehrer <hi rendition="#g">Ernst</hi> um so lieber, als er dort mit Toleranz und Schonung behandelt wurde und sich keiner Zurücksetzung gegen christliche Kinder versehen durfte. Als später die Emigrirten in Frankfurt einzogen und sich theilweise durch Lektionen ernähren mußten, boten sich den Juden bessre Aussichten für ihre Kinder dar. Der Klavierlehrer der Familie war ein kurkölnischer Emigrant, Namens <hi rendition="#g">Buchwieser</hi>. Abbé <hi rendition="#g">Marx</hi> aus Nancy gab den Unterricht im Fran- </p> </div> </body> </text> </TEI> [50/0092]
Gießner Lehrer Dr. Schapper legte, ja er will behaupten, daß Börne selbst später als Schriftsteller nicht frei von Incorrektheit geblieben sey. Wenigstens ist so viel wahr, daß allerdings die frühsten Manuscripte Börne’s mit einer etwas unsichern Orthographie geschrieben sind.
Für die Erziehung und den Unterricht ihrer Jugend hatte damals die jüdische Gemeinde in Frankfurt noch wenig gethan. Nur zwei Lehrer gab es, die die Häuser der reichern Juden besuchten und dem immer dringender werdenden Bedürfnisse nach Bildung allein nicht abhelfen konnten. Christliche Lehrer giengen nicht in die Judengasse, um dort zu unterrichten. So fieng man denn an, die Knaben den christlichen Lehrern ins Haus zu schicken. Der junge Börne ging zu seinem Schreiblehrer Ernst um so lieber, als er dort mit Toleranz und Schonung behandelt wurde und sich keiner Zurücksetzung gegen christliche Kinder versehen durfte. Als später die Emigrirten in Frankfurt einzogen und sich theilweise durch Lektionen ernähren mußten, boten sich den Juden bessre Aussichten für ihre Kinder dar. Der Klavierlehrer der Familie war ein kurkölnischer Emigrant, Namens Buchwieser. Abbé Marx aus Nancy gab den Unterricht im Fran-
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