Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Wenn es schwer ist, von dem Finanzgetriebe unse¬
rer Zeit eine gewissenhafte Meinung zu fassen, so ist
es deshalb, weil das Ganze so wunderbar der Phan¬
tasie imponirt. Trügerische Begriffe durchkreuzen sich
hier mit offiziellen Thatsachen, Fiktionen mit wesen¬
haften Resultaten, Hypothesen mit erwiesenen Schlu߬
folgen, kurz es ist ein neuer Nominalismus und Rea¬
lismus, der über die Völker gekommen ist, eine Iden¬
tität des Idealen und Realen, welche schlagender ist
als die der Hegel'schen Philosophie.

Was ist Geld? Die Alten glaubten, Geld wäre
Silber oder Gold. Sie glaubten, Geld wäge die Ge¬
genstände auf, welche man aus der gleichen Quanti¬
tät Metall verfertigen kann. Die Alten machten aus
dem Gelde eine Waare. Erst Adam Smith sagte:
Geld ist das Triebrad der Cirkulation. Das ist die

18 *

Wenn es ſchwer iſt, von dem Finanzgetriebe unſe¬
rer Zeit eine gewiſſenhafte Meinung zu faſſen, ſo iſt
es deshalb, weil das Ganze ſo wunderbar der Phan¬
taſie imponirt. Truͤgeriſche Begriffe durchkreuzen ſich
hier mit offiziellen Thatſachen, Fiktionen mit weſen¬
haften Reſultaten, Hypotheſen mit erwieſenen Schlu߬
folgen, kurz es iſt ein neuer Nominalismus und Rea¬
lismus, der uͤber die Voͤlker gekommen iſt, eine Iden¬
titaͤt des Idealen und Realen, welche ſchlagender iſt
als die der Hegel'ſchen Philoſophie.

Was iſt Geld? Die Alten glaubten, Geld waͤre
Silber oder Gold. Sie glaubten, Geld waͤge die Ge¬
genſtaͤnde auf, welche man aus der gleichen Quanti¬
taͤt Metall verfertigen kann. Die Alten machten aus
dem Gelde eine Waare. Erſt Adam Smith ſagte:
Geld iſt das Triebrad der Cirkulation. Das iſt die

18 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0293"/>
        <p><hi rendition="#in">W</hi>enn es &#x017F;chwer i&#x017F;t, von dem Finanzgetriebe un&#x017F;<lb/>
rer Zeit eine gewi&#x017F;&#x017F;enhafte Meinung zu fa&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
es deshalb, weil das Ganze &#x017F;o wunderbar der Phan¬<lb/>
ta&#x017F;ie imponirt. Tru&#x0364;geri&#x017F;che Begriffe durchkreuzen &#x017F;ich<lb/>
hier mit offiziellen That&#x017F;achen, Fiktionen mit we&#x017F;en¬<lb/>
haften Re&#x017F;ultaten, Hypothe&#x017F;en mit erwie&#x017F;enen Schlu߬<lb/>
folgen, kurz es i&#x017F;t ein neuer Nominalismus und Rea¬<lb/>
lismus, der u&#x0364;ber die Vo&#x0364;lker gekommen i&#x017F;t, eine Iden¬<lb/>
tita&#x0364;t des Idealen und Realen, welche &#x017F;chlagender i&#x017F;t<lb/>
als die der Hegel'&#x017F;chen Philo&#x017F;ophie.</p><lb/>
        <p>Was i&#x017F;t Geld? Die Alten glaubten, Geld wa&#x0364;re<lb/>
Silber oder Gold. Sie glaubten, Geld wa&#x0364;ge die Ge¬<lb/>
gen&#x017F;ta&#x0364;nde auf, welche man aus der gleichen Quanti¬<lb/>
ta&#x0364;t Metall verfertigen kann. Die Alten machten aus<lb/>
dem Gelde eine Waare. Er&#x017F;t Adam Smith &#x017F;agte:<lb/>
Geld i&#x017F;t das Triebrad der Cirkulation. Das i&#x017F;t die<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">18 *<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0293] Wenn es ſchwer iſt, von dem Finanzgetriebe unſe¬ rer Zeit eine gewiſſenhafte Meinung zu faſſen, ſo iſt es deshalb, weil das Ganze ſo wunderbar der Phan¬ taſie imponirt. Truͤgeriſche Begriffe durchkreuzen ſich hier mit offiziellen Thatſachen, Fiktionen mit weſen¬ haften Reſultaten, Hypotheſen mit erwieſenen Schlu߬ folgen, kurz es iſt ein neuer Nominalismus und Rea¬ lismus, der uͤber die Voͤlker gekommen iſt, eine Iden¬ titaͤt des Idealen und Realen, welche ſchlagender iſt als die der Hegel'ſchen Philoſophie. Was iſt Geld? Die Alten glaubten, Geld waͤre Silber oder Gold. Sie glaubten, Geld waͤge die Ge¬ genſtaͤnde auf, welche man aus der gleichen Quanti¬ taͤt Metall verfertigen kann. Die Alten machten aus dem Gelde eine Waare. Erſt Adam Smith ſagte: Geld iſt das Triebrad der Cirkulation. Das iſt die 18 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/293
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/293>, abgerufen am 24.11.2024.