Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.Talleyrand. Talleyrand fing jetzt an, von Prinzipien zu sprechen,und diese Prinzipien waren für ihn die Bourbons. Er hatte ihnen seit dem polnischen Feldzuge viel Dienste geleistet; er wollte ihnen nun auch die Mittel an die Hand geben, ihn dafür zu belohnen. Er bewies den Alliirten theoretisch und praktisch, wie nothwendig jetzt die weiße Kokarde wäre. Der Kaiser von Rußland ließ sich überreden, und dem Grafen von Provence wurde gehuldigt. Man muß gerecht sein gegen Tal¬ leyrand: die Restauration der Bourbone war seine glän¬ zendste That. Er bot alle Mittel auf, um diesen pre¬ kären Thron zu sichern, und die Ereignisse brachen so seltsam herein, daß er jetzt sogar im Stande war, ei¬ nen vortrefflichen Patriotismus zu zeigen. Er verfiel mit Alexander, der die zweite Restauration haßte, er kämpfte für Frankreichs Unabhängigkeit, und gab den Bourbonen so kühne Vortheile, daß Louis XVIII. selbst davor erschrak. Es war Talleyrand darum zu thun, die Bourbone populair zu machen; wodurch konnte es ihm besser gelingen, als durch die Opposition gegen die Fremden? Ja er scheute sich sogar nicht, von ei¬ ner Waffenentscheidung zu sprechen. Louis zitterte vor diesen guten Diensten, Talleyrands Muth ging zu weit, der Napoleonismus hatte ihn angesteckt, und die dritte Talleyrand. Talleyrand fing jetzt an, von Prinzipien zu ſprechen,und dieſe Prinzipien waren fuͤr ihn die Bourbons. Er hatte ihnen ſeit dem polniſchen Feldzuge viel Dienſte geleiſtet; er wollte ihnen nun auch die Mittel an die Hand geben, ihn dafuͤr zu belohnen. Er bewies den Alliirten theoretiſch und praktiſch, wie nothwendig jetzt die weiße Kokarde waͤre. Der Kaiſer von Rußland ließ ſich uͤberreden, und dem Grafen von Provence wurde gehuldigt. Man muß gerecht ſein gegen Tal¬ leyrand: die Reſtauration der Bourbone war ſeine glaͤn¬ zendſte That. Er bot alle Mittel auf, um dieſen pre¬ kaͤren Thron zu ſichern, und die Ereigniſſe brachen ſo ſeltſam herein, daß er jetzt ſogar im Stande war, ei¬ nen vortrefflichen Patriotismus zu zeigen. Er verfiel mit Alexander, der die zweite Reſtauration haßte, er kaͤmpfte fuͤr Frankreichs Unabhaͤngigkeit, und gab den Bourbonen ſo kuͤhne Vortheile, daß Louis XVIII. ſelbſt davor erſchrak. Es war Talleyrand darum zu thun, die Bourbone populair zu machen; wodurch konnte es ihm beſſer gelingen, als durch die Oppoſition gegen die Fremden? Ja er ſcheute ſich ſogar nicht, von ei¬ ner Waffenentſcheidung zu ſprechen. Louis zitterte vor dieſen guten Dienſten, Talleyrands Muth ging zu weit, der Napoleonismus hatte ihn angeſteckt, und die dritte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0032" n="14"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Talleyrand</hi>.<lb/></fw>Talleyrand fing jetzt an, von Prinzipien zu ſprechen,<lb/> und dieſe Prinzipien waren fuͤr ihn die Bourbons. Er<lb/> hatte ihnen ſeit dem polniſchen Feldzuge viel Dienſte<lb/> geleiſtet; er wollte ihnen nun auch die Mittel an die<lb/> Hand geben, ihn dafuͤr zu belohnen. Er bewies den<lb/> Alliirten theoretiſch und praktiſch, wie nothwendig jetzt<lb/> die weiße Kokarde waͤre. Der Kaiſer von Rußland<lb/> ließ ſich uͤberreden, und dem Grafen von Provence<lb/> wurde gehuldigt. Man muß gerecht ſein gegen Tal¬<lb/> leyrand: die Reſtauration der Bourbone war ſeine glaͤn¬<lb/> zendſte That. Er bot alle Mittel auf, um dieſen pre¬<lb/> kaͤren Thron zu ſichern, und die Ereigniſſe brachen ſo<lb/> ſeltſam herein, daß er jetzt ſogar im Stande war, ei¬<lb/> nen vortrefflichen Patriotismus zu zeigen. Er verfiel<lb/> mit Alexander, der die zweite Reſtauration haßte, er<lb/> kaͤmpfte fuͤr Frankreichs Unabhaͤngigkeit, und gab den<lb/> Bourbonen ſo kuͤhne Vortheile, daß Louis <hi rendition="#aq">XVIII</hi>.<lb/> ſelbſt davor erſchrak. Es war Talleyrand darum zu<lb/> thun, die Bourbone populair zu machen; wodurch konnte<lb/> es ihm beſſer gelingen, als durch die Oppoſition gegen<lb/> die Fremden? Ja er ſcheute ſich ſogar nicht, von ei¬<lb/> ner Waffenentſcheidung zu ſprechen. Louis zitterte vor<lb/> dieſen guten Dienſten, Talleyrands Muth ging zu weit,<lb/> der Napoleonismus hatte ihn angeſteckt, und die dritte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [14/0032]
Talleyrand.
Talleyrand fing jetzt an, von Prinzipien zu ſprechen,
und dieſe Prinzipien waren fuͤr ihn die Bourbons. Er
hatte ihnen ſeit dem polniſchen Feldzuge viel Dienſte
geleiſtet; er wollte ihnen nun auch die Mittel an die
Hand geben, ihn dafuͤr zu belohnen. Er bewies den
Alliirten theoretiſch und praktiſch, wie nothwendig jetzt
die weiße Kokarde waͤre. Der Kaiſer von Rußland
ließ ſich uͤberreden, und dem Grafen von Provence
wurde gehuldigt. Man muß gerecht ſein gegen Tal¬
leyrand: die Reſtauration der Bourbone war ſeine glaͤn¬
zendſte That. Er bot alle Mittel auf, um dieſen pre¬
kaͤren Thron zu ſichern, und die Ereigniſſe brachen ſo
ſeltſam herein, daß er jetzt ſogar im Stande war, ei¬
nen vortrefflichen Patriotismus zu zeigen. Er verfiel
mit Alexander, der die zweite Reſtauration haßte, er
kaͤmpfte fuͤr Frankreichs Unabhaͤngigkeit, und gab den
Bourbonen ſo kuͤhne Vortheile, daß Louis XVIII.
ſelbſt davor erſchrak. Es war Talleyrand darum zu
thun, die Bourbone populair zu machen; wodurch konnte
es ihm beſſer gelingen, als durch die Oppoſition gegen
die Fremden? Ja er ſcheute ſich ſogar nicht, von ei¬
ner Waffenentſcheidung zu ſprechen. Louis zitterte vor
dieſen guten Dienſten, Talleyrands Muth ging zu weit,
der Napoleonismus hatte ihn angeſteckt, und die dritte
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeAb Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie… [mehr] Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |