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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.

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Chateaubriand.
treffliche Suppen für seine Kameraden, Suppen a la
sauvage
, Suppen a la Hudson, Suppen a l'Atala,
ward geliebt und geherzt von ihnen, und zuletzt ver¬
wundet, von einem brennenden Balken, nicht von ei¬
nem Schusse.

Unter bemitleidenswerthen Umständen kam Chateau¬
briand nach England, wo er den in Belgien schon ge¬
faßten Entschluß zur Schriftstellerei nothgedrungen in
Ausführung brachte. Er schrieb über die Revolution
freier, als man von einem Emigranten erwarten durfte,
freier, als er später selbst billigte. Sein Prinzip, das
Christenthum, stellte sich immer mehr heraus. Er
brachte den Genius desselben schon vollendet über den
Kanal, als er gegen Ende des Jahrhunderts, die gött¬
liche Sendung Napoleons, wie er dessen Konsulat be¬
nannte, benutzend, nach Frankreich zurückkehrte.

Wenn Napoleon wählen sollte, so sah er Chateau¬
briand noch lieber, als Frau von Stael. Diese neckte
ihn mit den Erinnerungen der Revolution, der Ideologie
und mit ihrem Witze; Chateaubriand war ebenso un¬
verbesserlich, aber er nützte den Planen des Konsuls
durch seinen religiösen Enthusiasmus. Napoleon, der
mit dem Papste gewiß Wichtiges zu verhandeln hatte,

Chateaubriand.
treffliche Suppen fuͤr ſeine Kameraden, Suppen à la
sauvage
, Suppen à la Hudson, Suppen à l'Atala,
ward geliebt und geherzt von ihnen, und zuletzt ver¬
wundet, von einem brennenden Balken, nicht von ei¬
nem Schuſſe.

Unter bemitleidenswerthen Umſtaͤnden kam Chateau¬
briand nach England, wo er den in Belgien ſchon ge¬
faßten Entſchluß zur Schriftſtellerei nothgedrungen in
Ausfuͤhrung brachte. Er ſchrieb uͤber die Revolution
freier, als man von einem Emigranten erwarten durfte,
freier, als er ſpaͤter ſelbſt billigte. Sein Prinzip, das
Chriſtenthum, ſtellte ſich immer mehr heraus. Er
brachte den Genius deſſelben ſchon vollendet uͤber den
Kanal, als er gegen Ende des Jahrhunderts, die goͤtt¬
liche Sendung Napoleons, wie er deſſen Konſulat be¬
nannte, benutzend, nach Frankreich zuruͤckkehrte.

Wenn Napoleon waͤhlen ſollte, ſo ſah er Chateau¬
briand noch lieber, als Frau von Staël. Dieſe neckte
ihn mit den Erinnerungen der Revolution, der Ideologie
und mit ihrem Witze; Chateaubriand war ebenſo un¬
verbeſſerlich, aber er nuͤtzte den Planen des Konſuls
durch ſeinen religioͤſen Enthuſiasmus. Napoleon, der
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[68/0086] Chateaubriand. treffliche Suppen fuͤr ſeine Kameraden, Suppen à la sauvage, Suppen à la Hudson, Suppen à l'Atala, ward geliebt und geherzt von ihnen, und zuletzt ver¬ wundet, von einem brennenden Balken, nicht von ei¬ nem Schuſſe. Unter bemitleidenswerthen Umſtaͤnden kam Chateau¬ briand nach England, wo er den in Belgien ſchon ge¬ faßten Entſchluß zur Schriftſtellerei nothgedrungen in Ausfuͤhrung brachte. Er ſchrieb uͤber die Revolution freier, als man von einem Emigranten erwarten durfte, freier, als er ſpaͤter ſelbſt billigte. Sein Prinzip, das Chriſtenthum, ſtellte ſich immer mehr heraus. Er brachte den Genius deſſelben ſchon vollendet uͤber den Kanal, als er gegen Ende des Jahrhunderts, die goͤtt¬ liche Sendung Napoleons, wie er deſſen Konſulat be¬ nannte, benutzend, nach Frankreich zuruͤckkehrte. Wenn Napoleon waͤhlen ſollte, ſo ſah er Chateau¬ briand noch lieber, als Frau von Staël. Dieſe neckte ihn mit den Erinnerungen der Revolution, der Ideologie und mit ihrem Witze; Chateaubriand war ebenſo un¬ verbeſſerlich, aber er nuͤtzte den Planen des Konſuls durch ſeinen religioͤſen Enthuſiasmus. Napoleon, der mit dem Papſte gewiß Wichtiges zu verhandeln hatte,

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/86>, abgerufen am 24.11.2024.