[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.Punkt da in weiter, blauer Ferne, ist das vielleicht eine Burg? Geliebte, eine Burg? Ohne Burgen kann ich nicht leben, ohne Burgen keine Poesie und ohne Poesie kein Leben. Darum erklär' ich mich auch unbedingt mit Walter Scott gegen die Reform, ich halte den Mann für die letzte Stütze der Romantik, er und sie fallen aber mit den Burgen. Wenn die Reformbill siegt, so ist es mit der Poesie vorbei. Diese braucht die verfallenen Flecken, jene hat ihnen den Untergang geschworen. Sinkt die Aristokratie, so gelten auch die Sitze ihrer Väter nichts mehr. Sie selbst wird dann eilen, Meiereien und Fabriken auf ihren Trümmern anzulegen. Die Erinnerung der Vergangenheit -- und das ist alle Romantik -- beweist für die Gegenwart nichts mehr, für die Gedanken der Zukunft wird diese selbst sorgen. Die Lumpen der Fabrikarbeiter in Manchester und Birmingham sollen künftig die Rolle spielen, die bis jetzt nur der Seide und dem Hermelin zugetheilt war. Der Irrthum, daß der Mensch immer so groß ist, als die Scholle Landes, die er besitzt, ist jetzt erwiesen. Darum wird mit dem Ansehen des Adels auch seine ungeheuere Ländermasse zerfallen. Das Bedürfniß ist jener tribunus plebis, der die neue lex agraria vorschlägt, da es keinen Senat mehr geben wird, da man weiß, wem es gegolten hat, Punkt da in weiter, blauer Ferne, ist das vielleicht eine Burg? Geliebte, eine Burg? Ohne Burgen kann ich nicht leben, ohne Burgen keine Poesie und ohne Poesie kein Leben. Darum erklär’ ich mich auch unbedingt mit Walter Scott gegen die Reform, ich halte den Mann für die letzte Stütze der Romantik, er und sie fallen aber mit den Burgen. Wenn die Reformbill siegt, so ist es mit der Poesie vorbei. Diese braucht die verfallenen Flecken, jene hat ihnen den Untergang geschworen. Sinkt die Aristokratie, so gelten auch die Sitze ihrer Väter nichts mehr. Sie selbst wird dann eilen, Meiereien und Fabriken auf ihren Trümmern anzulegen. Die Erinnerung der Vergangenheit — und das ist alle Romantik — beweist für die Gegenwart nichts mehr, für die Gedanken der Zukunft wird diese selbst sorgen. Die Lumpen der Fabrikarbeiter in Manchester und Birmingham sollen künftig die Rolle spielen, die bis jetzt nur der Seide und dem Hermelin zugetheilt war. Der Irrthum, daß der Mensch immer so groß ist, als die Scholle Landes, die er besitzt, ist jetzt erwiesen. Darum wird mit dem Ansehen des Adels auch seine ungeheuere Ländermasse zerfallen. Das Bedürfniß ist jener tribunus plebis, der die neue lex agraria vorschlägt, da es keinen Senat mehr geben wird, da man weiß, wem es gegolten hat, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0133" n="120"/> Punkt da in weiter, blauer Ferne, ist das vielleicht eine Burg? Geliebte, eine Burg? Ohne Burgen kann ich nicht leben, ohne Burgen keine Poesie und ohne Poesie kein Leben. Darum erklär’ ich mich auch unbedingt mit Walter Scott gegen die Reform, ich halte den Mann für die letzte Stütze der Romantik, er und sie fallen aber mit den Burgen.</p> <p>Wenn die Reformbill siegt, so ist es mit der Poesie vorbei. Diese braucht die verfallenen Flecken, jene hat ihnen den Untergang geschworen. Sinkt die Aristokratie, so gelten auch die Sitze ihrer Väter nichts mehr. Sie selbst wird dann eilen, Meiereien und Fabriken auf ihren Trümmern anzulegen. Die Erinnerung der Vergangenheit — und das ist alle Romantik — beweist für die Gegenwart nichts mehr, für die Gedanken der Zukunft wird diese selbst sorgen. Die Lumpen der Fabrikarbeiter in Manchester und Birmingham sollen künftig die Rolle spielen, die bis jetzt nur der Seide und dem Hermelin zugetheilt war. Der Irrthum, daß der Mensch immer so groß ist, als die Scholle Landes, die er besitzt, ist jetzt erwiesen. Darum wird mit dem Ansehen des Adels auch seine ungeheuere Ländermasse zerfallen. Das Bedürfniß ist jener <hi rendition="#aq">tribunus plebis</hi>, der die neue <hi rendition="#aq">lex agraria</hi> vorschlägt, da es keinen Senat mehr geben wird, da man weiß, wem es gegolten hat, </p> </div> </body> </text> </TEI> [120/0133]
Punkt da in weiter, blauer Ferne, ist das vielleicht eine Burg? Geliebte, eine Burg? Ohne Burgen kann ich nicht leben, ohne Burgen keine Poesie und ohne Poesie kein Leben. Darum erklär’ ich mich auch unbedingt mit Walter Scott gegen die Reform, ich halte den Mann für die letzte Stütze der Romantik, er und sie fallen aber mit den Burgen.
Wenn die Reformbill siegt, so ist es mit der Poesie vorbei. Diese braucht die verfallenen Flecken, jene hat ihnen den Untergang geschworen. Sinkt die Aristokratie, so gelten auch die Sitze ihrer Väter nichts mehr. Sie selbst wird dann eilen, Meiereien und Fabriken auf ihren Trümmern anzulegen. Die Erinnerung der Vergangenheit — und das ist alle Romantik — beweist für die Gegenwart nichts mehr, für die Gedanken der Zukunft wird diese selbst sorgen. Die Lumpen der Fabrikarbeiter in Manchester und Birmingham sollen künftig die Rolle spielen, die bis jetzt nur der Seide und dem Hermelin zugetheilt war. Der Irrthum, daß der Mensch immer so groß ist, als die Scholle Landes, die er besitzt, ist jetzt erwiesen. Darum wird mit dem Ansehen des Adels auch seine ungeheuere Ländermasse zerfallen. Das Bedürfniß ist jener tribunus plebis, der die neue lex agraria vorschlägt, da es keinen Senat mehr geben wird, da man weiß, wem es gegolten hat,
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