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[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

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Reisen willst Du machen, berühmte Männer von Angesicht zu Angesicht sehen, Dein Stammbuch präsentiren, nach Italien ziehen, Briefe vom Capitol schreiben. Ich spreche nichts von der weltlichen Klugheit, mit der Du Deine Pläne anlegst, nur in so tiefen Irrthümern Dich noch befangen zu sehen, schmerzt mich. Diesmal bist Du auch wirklich schon auf meinen Widerspruch gefaßt, forderst mich auch nicht zur Theilnahme an Deinen Reisen auf, sondern verlangst nur eine Art Programm, das Deine Erscheinung bei unsern noch lebenden, großen Geistern gleichsam einführen soll. Fahre denn also hin in Deinem trüben Sinne, und streue den Weihrauch, den Du in dem Heiligthume unserer Liebe hättest anzünden sollen, auf die Altäre jener Götzen! Siehe zu, was Du mit folgenden Bemerkungen ausrichtest.

Soviel mir bekannt ist, bist Du nie verheirathet gewesen. Doch zwingt mich die große Verehrung, die ich für Dich empfinde, Dir abzustreiten, daß Du noch Jungfrau bist. Ich muß Dich nämlich für die Wahrheit halten. Wozu bedarf es neuer Gründe für diese Behauptung, da mir die alten noch Keiner widerlegt hat! Die Wahrheit erröthet nicht, sie ist im edelsten Sinne schamlos. Warum findet man nun in all den tausend

Reisen willst Du machen, berühmte Männer von Angesicht zu Angesicht sehen, Dein Stammbuch präsentiren, nach Italien ziehen, Briefe vom Capitol schreiben. Ich spreche nichts von der weltlichen Klugheit, mit der Du Deine Pläne anlegst, nur in so tiefen Irrthümern Dich noch befangen zu sehen, schmerzt mich. Diesmal bist Du auch wirklich schon auf meinen Widerspruch gefaßt, forderst mich auch nicht zur Theilnahme an Deinen Reisen auf, sondern verlangst nur eine Art Programm, das Deine Erscheinung bei unsern noch lebenden, großen Geistern gleichsam einführen soll. Fahre denn also hin in Deinem trüben Sinne, und streue den Weihrauch, den Du in dem Heiligthume unserer Liebe hättest anzünden sollen, auf die Altäre jener Götzen! Siehe zu, was Du mit folgenden Bemerkungen ausrichtest.

Soviel mir bekannt ist, bist Du nie verheirathet gewesen. Doch zwingt mich die große Verehrung, die ich für Dich empfinde, Dir abzustreiten, daß Du noch Jungfrau bist. Ich muß Dich nämlich für die Wahrheit halten. Wozu bedarf es neuer Gründe für diese Behauptung, da mir die alten noch Keiner widerlegt hat! Die Wahrheit erröthet nicht, sie ist im edelsten Sinne schamlos. Warum findet man nun in all den tausend

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[126/0139] Reisen willst Du machen, berühmte Männer von Angesicht zu Angesicht sehen, Dein Stammbuch präsentiren, nach Italien ziehen, Briefe vom Capitol schreiben. Ich spreche nichts von der weltlichen Klugheit, mit der Du Deine Pläne anlegst, nur in so tiefen Irrthümern Dich noch befangen zu sehen, schmerzt mich. Diesmal bist Du auch wirklich schon auf meinen Widerspruch gefaßt, forderst mich auch nicht zur Theilnahme an Deinen Reisen auf, sondern verlangst nur eine Art Programm, das Deine Erscheinung bei unsern noch lebenden, großen Geistern gleichsam einführen soll. Fahre denn also hin in Deinem trüben Sinne, und streue den Weihrauch, den Du in dem Heiligthume unserer Liebe hättest anzünden sollen, auf die Altäre jener Götzen! Siehe zu, was Du mit folgenden Bemerkungen ausrichtest. Soviel mir bekannt ist, bist Du nie verheirathet gewesen. Doch zwingt mich die große Verehrung, die ich für Dich empfinde, Dir abzustreiten, daß Du noch Jungfrau bist. Ich muß Dich nämlich für die Wahrheit halten. Wozu bedarf es neuer Gründe für diese Behauptung, da mir die alten noch Keiner widerlegt hat! Die Wahrheit erröthet nicht, sie ist im edelsten Sinne schamlos. Warum findet man nun in all den tausend

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Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/139>, abgerufen am 21.11.2024.