[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.zu flüstern, dann stärker zu rufen, bald wieder leiser, wie eine Harmonica, dann war's wie Sturmwind; und doch rauschte kein Blatt, keine Blume fiel. Ach! daß ich Deiner Rede wohlbekannten Ton vergessen, daß ich die Freundin nicht erkannte, wie sie oft schon so aus der Ferne zu mir sprach! Diese leisen Accorde waren die Vocale Deiner Aeolssprache, dieser schwellende Orgelton die bindenden Consonanten, die Du immer so weich und sanft, so lispelnd und westphälisch auszusprechen wußtest. Und ich verstand Deiner süßen Klage bangen Sinn. Vor vielen tausend Jahren solltest Du die Feuerprobe der Zeit überstehen, so war es des Schicksals und des Vesuves Wille. Glühende Lava, feurige Steine und lodernde Schwefelkränze begruben Dich einst in Herculanums Mauern. Die Feuermassen flossen damals in einander, und tauchten Alles, was nicht höher stand als die Bogenspitze Apolls auf der Kuppel seines Tempels, in ihren brennenden Pfuhl unter. So eben saßest Du noch an der Brüstung Deines Fensters, in Gedanken und Briefe an mich versunken; kaum röthete sich der ferne Spiegel des Meeres von den Zornesflammen Vulcans, da warst Du schon weg- zu flüstern, dann stärker zu rufen, bald wieder leiser, wie eine Harmonica, dann war’s wie Sturmwind; und doch rauschte kein Blatt, keine Blume fiel. Ach! daß ich Deiner Rede wohlbekannten Ton vergessen, daß ich die Freundin nicht erkannte, wie sie oft schon so aus der Ferne zu mir sprach! Diese leisen Accorde waren die Vocale Deiner Aeolssprache, dieser schwellende Orgelton die bindenden Consonanten, die Du immer so weich und sanft, so lispelnd und westphälisch auszusprechen wußtest. Und ich verstand Deiner süßen Klage bangen Sinn. Vor vielen tausend Jahren solltest Du die Feuerprobe der Zeit überstehen, so war es des Schicksals und des Vesuves Wille. Glühende Lava, feurige Steine und lodernde Schwefelkränze begruben Dich einst in Herculanums Mauern. Die Feuermassen flossen damals in einander, und tauchten Alles, was nicht höher stand als die Bogenspitze Apolls auf der Kuppel seines Tempels, in ihren brennenden Pfuhl unter. So eben saßest Du noch an der Brüstung Deines Fensters, in Gedanken und Briefe an mich versunken; kaum röthete sich der ferne Spiegel des Meeres von den Zornesflammen Vulcans, da warst Du schon weg- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0282" n="269"/> zu flüstern, dann stärker zu rufen, bald wieder leiser, wie eine Harmonica, dann war’s wie Sturmwind; und doch rauschte kein Blatt, keine Blume fiel.</p> <p>Ach! daß ich Deiner Rede wohlbekannten Ton vergessen, daß ich die Freundin nicht erkannte, wie sie oft schon so aus der Ferne zu mir sprach!</p> <p>Diese leisen Accorde waren die Vocale Deiner Aeolssprache, dieser schwellende Orgelton die bindenden Consonanten, die Du immer so weich und sanft, so lispelnd und westphälisch auszusprechen wußtest.</p> <p>Und ich verstand Deiner süßen Klage bangen Sinn.</p> <p>Vor vielen tausend Jahren solltest Du die Feuerprobe der Zeit überstehen, so war es des Schicksals und des Vesuves Wille. Glühende Lava, feurige Steine und lodernde Schwefelkränze begruben Dich einst in Herculanums Mauern. Die Feuermassen flossen damals in einander, und tauchten Alles, was nicht höher stand als die Bogenspitze Apolls auf der Kuppel seines Tempels, in ihren brennenden Pfuhl unter. So eben saßest Du noch an der Brüstung Deines Fensters, in Gedanken und Briefe an mich versunken; kaum röthete sich der ferne Spiegel des Meeres von den Zornesflammen Vulcans, da warst Du schon weg- </p> </div> </body> </text> </TEI> [269/0282]
zu flüstern, dann stärker zu rufen, bald wieder leiser, wie eine Harmonica, dann war’s wie Sturmwind; und doch rauschte kein Blatt, keine Blume fiel.
Ach! daß ich Deiner Rede wohlbekannten Ton vergessen, daß ich die Freundin nicht erkannte, wie sie oft schon so aus der Ferne zu mir sprach!
Diese leisen Accorde waren die Vocale Deiner Aeolssprache, dieser schwellende Orgelton die bindenden Consonanten, die Du immer so weich und sanft, so lispelnd und westphälisch auszusprechen wußtest.
Und ich verstand Deiner süßen Klage bangen Sinn.
Vor vielen tausend Jahren solltest Du die Feuerprobe der Zeit überstehen, so war es des Schicksals und des Vesuves Wille. Glühende Lava, feurige Steine und lodernde Schwefelkränze begruben Dich einst in Herculanums Mauern. Die Feuermassen flossen damals in einander, und tauchten Alles, was nicht höher stand als die Bogenspitze Apolls auf der Kuppel seines Tempels, in ihren brennenden Pfuhl unter. So eben saßest Du noch an der Brüstung Deines Fensters, in Gedanken und Briefe an mich versunken; kaum röthete sich der ferne Spiegel des Meeres von den Zornesflammen Vulcans, da warst Du schon weg-
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