[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.freie Bahn und offne Thür, und Niemand kann sie zuschließen. "Halte, was Du hast, daß Niemand Deine Krone nehme!" Die schönste Regel für Könige und Minister! Begnüge Dich mit dem, was Dir zugefallen ist, sonst verlierst Du auch dies noch! Die Nordamericaner folgen diesem Gebote, darum wird Gottes Finger bei ihnen so merklich. Dieses Budget! dieser Finanzzustand! Vor einigen Monaten haben sich alle Finanzminister Europa's auf einen Tag deshalb in Flor gekleidet. Endlich kommen wir auf unser Zeitalter. Der Engel schreibt nach Laodicäa. Mit Ihrer Erlaubniß übersetz' ich Ihnen dies Wort. Es heißt Volksgericht. Wir leben im Zeitalter der Demokratie. Das wollt' ich meinen! Das Volk richtet, seine Stimme ist Gottes Stimme. Jetzt fangen die Sticheleien auf Deutschland an. "Ich weiß Deine Werke, daß Du weder kalt noch warm bist." Müssen wir uns nicht schämen? Die Halben, die da wollen, und nicht können, die weder Fisch noch Fleisch, die hat der Engel in der Off. Joh. 3, 15 schon gekannt! Ist's nicht gerade so, als hätte Wolfgang Menzel jene Stelle geschrieben? "Ach, daß Du kalt oder warm wärest!" freie Bahn und offne Thür, und Niemand kann sie zuschließen. »Halte, was Du hast, daß Niemand Deine Krone nehme!« Die schönste Regel für Könige und Minister! Begnüge Dich mit dem, was Dir zugefallen ist, sonst verlierst Du auch dies noch! Die Nordamericaner folgen diesem Gebote, darum wird Gottes Finger bei ihnen so merklich. Dieses Budget! dieser Finanzzustand! Vor einigen Monaten haben sich alle Finanzminister Europa’s auf einen Tag deshalb in Flor gekleidet. Endlich kommen wir auf unser Zeitalter. Der Engel schreibt nach Laodicäa. Mit Ihrer Erlaubniß übersetz’ ich Ihnen dies Wort. Es heißt Volksgericht. Wir leben im Zeitalter der Demokratie. Das wollt’ ich meinen! Das Volk richtet, seine Stimme ist Gottes Stimme. Jetzt fangen die Sticheleien auf Deutschland an. »Ich weiß Deine Werke, daß Du weder kalt noch warm bist.« Müssen wir uns nicht schämen? Die Halben, die da wollen, und nicht können, die weder Fisch noch Fleisch, die hat der Engel in der Off. Joh. 3, 15 schon gekannt! Ist’s nicht gerade so, als hätte Wolfgang Menzel jene Stelle geschrieben? »Ach, daß Du kalt oder warm wärest!« <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0321" n="308"/> freie Bahn und offne Thür, und Niemand kann sie zuschließen.</p> <p>»Halte, was Du hast, daß Niemand Deine Krone nehme!«</p> <p>Die schönste Regel für Könige und Minister! Begnüge Dich mit dem, was Dir zugefallen ist, sonst verlierst Du auch dies noch! Die Nordamericaner folgen diesem Gebote, darum wird Gottes Finger bei ihnen so merklich. Dieses Budget! dieser Finanzzustand! Vor einigen Monaten haben sich alle Finanzminister Europa’s auf einen Tag deshalb in Flor gekleidet.</p> <p>Endlich kommen wir auf unser Zeitalter. Der Engel schreibt nach <hi rendition="#g">Laodicäa</hi>. Mit Ihrer Erlaubniß übersetz’ ich Ihnen dies Wort. Es heißt <hi rendition="#g">Volksgericht</hi>. Wir leben im Zeitalter der Demokratie. Das wollt’ ich meinen! Das Volk richtet, seine Stimme ist Gottes Stimme.</p> <p>Jetzt fangen die Sticheleien auf Deutschland an.</p> <p>»Ich weiß Deine Werke, daß Du weder kalt noch warm bist.«</p> <p>Müssen wir uns nicht schämen? Die Halben, die da wollen, und nicht können, die weder Fisch noch Fleisch, die hat der Engel in der Off. Joh. 3, 15 schon gekannt! Ist’s nicht gerade so, als hätte Wolfgang Menzel jene Stelle geschrieben?</p> <p>»Ach, daß Du kalt oder warm wärest!«</p> </div> </body> </text> </TEI> [308/0321]
freie Bahn und offne Thür, und Niemand kann sie zuschließen.
»Halte, was Du hast, daß Niemand Deine Krone nehme!«
Die schönste Regel für Könige und Minister! Begnüge Dich mit dem, was Dir zugefallen ist, sonst verlierst Du auch dies noch! Die Nordamericaner folgen diesem Gebote, darum wird Gottes Finger bei ihnen so merklich. Dieses Budget! dieser Finanzzustand! Vor einigen Monaten haben sich alle Finanzminister Europa’s auf einen Tag deshalb in Flor gekleidet.
Endlich kommen wir auf unser Zeitalter. Der Engel schreibt nach Laodicäa. Mit Ihrer Erlaubniß übersetz’ ich Ihnen dies Wort. Es heißt Volksgericht. Wir leben im Zeitalter der Demokratie. Das wollt’ ich meinen! Das Volk richtet, seine Stimme ist Gottes Stimme.
Jetzt fangen die Sticheleien auf Deutschland an.
»Ich weiß Deine Werke, daß Du weder kalt noch warm bist.«
Müssen wir uns nicht schämen? Die Halben, die da wollen, und nicht können, die weder Fisch noch Fleisch, die hat der Engel in der Off. Joh. 3, 15 schon gekannt! Ist’s nicht gerade so, als hätte Wolfgang Menzel jene Stelle geschrieben?
»Ach, daß Du kalt oder warm wärest!«
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