[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.die sultanische Majestät war auf diplomatischem Wege unterrichtet worden, daß der Bezeichnete zur Classe der Desultoren, denen jeder Sattel gerecht ist, gehörte, überdies daß er das Haager Doppelkreuz wäre. Es kam zu einem Examen, das ich Dir schildern will. Der westöstliche Divan hatte sich versammelt. Der Großherr saß in einer Loge, die mit goldgestickten Sammtvorhängen zum Theil bedeckt war. Ihm zur Seite seine Gemahlin: in Reichsangelegenheiten hält er streng auf Monogamie. Die hoffnungsvollen Prinzen übten sich an hölzernen Puppen im Kopfabschlagen. Wir Candidaten traten ein. Ein blondhaariger, blauäugiger junger Mann--Du kennst mich ja, Liebe, das war ich. Mein Rival nicht minder anziehend, nur etwas stark und wohlgenährt; seine Brille empfahl ihn. Zum Zeichen unserer russischen Gesinnungen schlugen wir mit unsern Armen dreimal ein Andreaskreuz über die Brust. Mein Gegner nahm das Wort, Folgendes sprach er: "Geist und Talente stehen über den Interessen der Machthaber und Völker. Das ist der Vorzug unseres erleuchteten Zeitalters. In den barbarischen Zeiten des Mittelalters trugen Söldner den am meisten Zahlenden ihre körperlichen Kräfte an, ja die Schweizer, denen ich entsprossen zu sein die sultanische Majestät war auf diplomatischem Wege unterrichtet worden, daß der Bezeichnete zur Classe der Desultoren, denen jeder Sattel gerecht ist, gehörte, überdies daß er das Haager Doppelkreuz wäre. Es kam zu einem Examen, das ich Dir schildern will. Der westöstliche Divan hatte sich versammelt. Der Großherr saß in einer Loge, die mit goldgestickten Sammtvorhängen zum Theil bedeckt war. Ihm zur Seite seine Gemahlin: in Reichsangelegenheiten hält er streng auf Monogamie. Die hoffnungsvollen Prinzen übten sich an hölzernen Puppen im Kopfabschlagen. Wir Candidaten traten ein. Ein blondhaariger, blauäugiger junger Mann—Du kennst mich ja, Liebe, das war ich. Mein Rival nicht minder anziehend, nur etwas stark und wohlgenährt; seine Brille empfahl ihn. Zum Zeichen unserer russischen Gesinnungen schlugen wir mit unsern Armen dreimal ein Andreaskreuz über die Brust. Mein Gegner nahm das Wort, Folgendes sprach er: "Geist und Talente stehen über den Interessen der Machthaber und Völker. Das ist der Vorzug unseres erleuchteten Zeitalters. In den barbarischen Zeiten des Mittelalters trugen Söldner den am meisten Zahlenden ihre körperlichen Kräfte an, ja die Schweizer, denen ich entsprossen zu sein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0039" n="26"/> die sultanische Majestät war auf diplomatischem Wege unterrichtet worden, daß der Bezeichnete zur Classe der <ref xml:id="TEXTDesultoren" target="BrN3E.htm#ERLDesultoren">Desultoren</ref>, denen jeder Sattel gerecht ist, gehörte, überdies daß er das <ref xml:id="TEXTHaagerDoppelkreuz" target="BrN3E.htm#ERLHaagerDoppelkreuz">Haager Doppelkreuz</ref> wäre. Es kam zu einem Examen, das ich Dir schildern will.</p> <p><ref xml:id="TEXTDerwestoestlicheBISversammelt" target="BrN3E.htm#ERLDerwestoestlicheBISversammelt">Der westöstliche Divan hatte sich versammelt.</ref> Der Großherr saß in einer Loge, die mit goldgestickten Sammtvorhängen zum Theil bedeckt war. Ihm zur Seite seine Gemahlin: in Reichsangelegenheiten hält er streng auf Monogamie. Die hoffnungsvollen Prinzen übten sich an hölzernen Puppen im Kopfabschlagen.</p> <p>Wir Candidaten traten ein. <ref xml:id="TEXTEinblondhaarigerBISjungerMann" target="BrN3E.htm#ERLEinblondhaarigerBISjungerMann">Ein blondhaariger, blauäugiger junger Mann</ref>—Du kennst mich ja, Liebe, das war ich. Mein Rival nicht minder anziehend, nur etwas stark und wohlgenährt; seine Brille empfahl ihn. <ref xml:id="TEXTZumZeichenBISGesinnungen" target="BrN3E.htm#ERLZumZeichenBISGesinnungen">Zum Zeichen unserer russischen Gesinnungen</ref> schlugen wir mit unsern Armen dreimal ein Andreaskreuz über die Brust. Mein Gegner nahm das Wort, Folgendes sprach er:</p> <p>"Geist und Talente stehen über den Interessen der Machthaber und Völker. Das ist der Vorzug unseres erleuchteten Zeitalters. In den barbarischen Zeiten des Mittelalters trugen Söldner den am meisten Zahlenden ihre körperlichen Kräfte an, <ref xml:id="TEXTjadieSchweizerBISheutefort" target="BrN3E.htm#ERLjadieSchweizerBISheutefort">ja die Schweizer, denen ich entsprossen zu sein </ref></p> </div> </body> </text> </TEI> [26/0039]
die sultanische Majestät war auf diplomatischem Wege unterrichtet worden, daß der Bezeichnete zur Classe der Desultoren, denen jeder Sattel gerecht ist, gehörte, überdies daß er das Haager Doppelkreuz wäre. Es kam zu einem Examen, das ich Dir schildern will.
Der westöstliche Divan hatte sich versammelt. Der Großherr saß in einer Loge, die mit goldgestickten Sammtvorhängen zum Theil bedeckt war. Ihm zur Seite seine Gemahlin: in Reichsangelegenheiten hält er streng auf Monogamie. Die hoffnungsvollen Prinzen übten sich an hölzernen Puppen im Kopfabschlagen.
Wir Candidaten traten ein. Ein blondhaariger, blauäugiger junger Mann—Du kennst mich ja, Liebe, das war ich. Mein Rival nicht minder anziehend, nur etwas stark und wohlgenährt; seine Brille empfahl ihn. Zum Zeichen unserer russischen Gesinnungen schlugen wir mit unsern Armen dreimal ein Andreaskreuz über die Brust. Mein Gegner nahm das Wort, Folgendes sprach er:
"Geist und Talente stehen über den Interessen der Machthaber und Völker. Das ist der Vorzug unseres erleuchteten Zeitalters. In den barbarischen Zeiten des Mittelalters trugen Söldner den am meisten Zahlenden ihre körperlichen Kräfte an, ja die Schweizer, denen ich entsprossen zu sein
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax des Gutzkow Editionsprojekts.
(2013-07-01T14:33:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus dem Gutzkow Editionsprojekt entsprechen muss.
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-07-01T14:33:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung vom Markup des Gutzkow Editionsprojekts nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-07-01T14:33:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |