[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.Siehst Du, Vertraute meines Herzens, so geht es im Türkischen Reiche her. Mit solchen Anekdoten füll' ich die Spalten meines Moniteurs. Sonst lebt man hier besser, als bei Euch. Der Brand von Pera ist eine verdammte Lüge, die der östreichische Beobachter ausgeheckt hat, um die Aufmerksamkeit von Westen nach Osten zu lenken, und den Leidenschaften des Hasses und der Erbitterung eine unschädlichere Richtung zu geben. Ich habe gerade von Pera aus die herrlichste Aussicht auf die stolzen Wellen des Marmormeers. Rings um mich her liegen die anmuthigsten Landhäuser, versteckt in bergendes Waldgrün. Dunkle Fichten erheben ihre Riesenhäupter in die wolkenlose Himmelsbläue. Die Trümmer einer verfallenen Burg ragen hinter Bergen, die mit den edelsten Weinen bepflanzt sind, wie Abenddämmerungen der Erinnerung beim Entzücken der Liebe und Freundschaft, hervor. Ach, daß Du in diesem Augenblicke die Rührung meines Herzens theilen könntest! Die friedlichen Klänge der Abendglocke des Klosters hallen aus der Tiefe des Thals zu mir herüber. Sie läutet den schlummernden Sonnengott in die Wiegenruhe seiner Purpurgluthen dort über jene Hügel hinunter. Siehst Du, Vertraute meines Herzens, so geht es im Türkischen Reiche her. Mit solchen Anekdoten füll’ ich die Spalten meines Moniteurs. Sonst lebt man hier besser, als bei Euch. Der Brand von Pera ist eine verdammte Lüge, die der östreichische Beobachter ausgeheckt hat, um die Aufmerksamkeit von Westen nach Osten zu lenken, und den Leidenschaften des Hasses und der Erbitterung eine unschädlichere Richtung zu geben. Ich habe gerade von Pera aus die herrlichste Aussicht auf die stolzen Wellen des Marmormeers. Rings um mich her liegen die anmuthigsten Landhäuser, versteckt in bergendes Waldgrün. Dunkle Fichten erheben ihre Riesenhäupter in die wolkenlose Himmelsbläue. Die Trümmer einer verfallenen Burg ragen hinter Bergen, die mit den edelsten Weinen bepflanzt sind, wie Abenddämmerungen der Erinnerung beim Entzücken der Liebe und Freundschaft, hervor. Ach, daß Du in diesem Augenblicke die Rührung meines Herzens theilen könntest! Die friedlichen Klänge der Abendglocke des Klosters hallen aus der Tiefe des Thals zu mir herüber. Sie läutet den schlummernden Sonnengott in die Wiegenruhe seiner Purpurgluthen dort über jene Hügel hinunter. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0044" n="31"/> <p> Siehst Du, Vertraute meines Herzens, so geht es im Türkischen Reiche her. Mit solchen Anekdoten füll’ ich die Spalten meines Moniteurs. Sonst lebt man hier besser, als bei Euch. <ref xml:id="TEXTDerBrandvonPeraBISzugeben" target="BrN3E.htm#ERLDerBrandvonPeraBISzugeben">Der Brand von Pera ist eine verdammte Lüge, die der östreichische Beobachter ausgeheckt hat, um die Aufmerksamkeit von Westen nach Osten zu lenken, und den Leidenschaften des Hasses und der Erbitterung eine unschädlichere Richtung zu geben</ref>.</p> <p>Ich habe gerade von Pera aus die herrlichste Aussicht auf die stolzen Wellen <ref xml:id="TEXTdesMarmormeers" target="BrN3E.htm#ERLdesMarmormeers">des Marmormeers</ref>. Rings um mich her liegen die anmuthigsten Landhäuser, versteckt in bergendes Waldgrün. Dunkle Fichten erheben ihre Riesenhäupter in die wolkenlose Himmelsbläue. Die Trümmer einer verfallenen Burg ragen hinter Bergen, die mit den edelsten Weinen bepflanzt sind, wie Abenddämmerungen der Erinnerung beim Entzücken der Liebe und Freundschaft, hervor.</p> <p>Ach, daß Du in diesem Augenblicke die Rührung meines Herzens theilen könntest!</p> <p>Die friedlichen Klänge der Abendglocke des Klosters hallen aus der Tiefe des Thals zu mir herüber. Sie läutet den schlummernden Sonnengott in die Wiegenruhe seiner Purpurgluthen dort über jene Hügel hinunter.</p> </div> </body> </text> </TEI> [31/0044]
Siehst Du, Vertraute meines Herzens, so geht es im Türkischen Reiche her. Mit solchen Anekdoten füll’ ich die Spalten meines Moniteurs. Sonst lebt man hier besser, als bei Euch. Der Brand von Pera ist eine verdammte Lüge, die der östreichische Beobachter ausgeheckt hat, um die Aufmerksamkeit von Westen nach Osten zu lenken, und den Leidenschaften des Hasses und der Erbitterung eine unschädlichere Richtung zu geben.
Ich habe gerade von Pera aus die herrlichste Aussicht auf die stolzen Wellen des Marmormeers. Rings um mich her liegen die anmuthigsten Landhäuser, versteckt in bergendes Waldgrün. Dunkle Fichten erheben ihre Riesenhäupter in die wolkenlose Himmelsbläue. Die Trümmer einer verfallenen Burg ragen hinter Bergen, die mit den edelsten Weinen bepflanzt sind, wie Abenddämmerungen der Erinnerung beim Entzücken der Liebe und Freundschaft, hervor.
Ach, daß Du in diesem Augenblicke die Rührung meines Herzens theilen könntest!
Die friedlichen Klänge der Abendglocke des Klosters hallen aus der Tiefe des Thals zu mir herüber. Sie läutet den schlummernden Sonnengott in die Wiegenruhe seiner Purpurgluthen dort über jene Hügel hinunter.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax des Gutzkow Editionsprojekts.
(2013-07-01T14:33:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus dem Gutzkow Editionsprojekt entsprechen muss.
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-07-01T14:33:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung vom Markup des Gutzkow Editionsprojekts nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-07-01T14:33:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |