[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.Unglückliches Weib, Deinetwegen werd' ich katholisch, und begleite Dich auf der Pilgerfahrt zu des Heiligen Grabe. In Andalusiens Thälern, an den Ufern des Genil erhebt sich ein einsamer Felsen, losgerissen von dem nahen Gebirge, der Stein der Liebenden, ein Denkmal treuer und unglücklicher Liebe. Hier sei Deines Ermordeten Ruhestätte, und die Hütte, die uns müde Lebenswaller berge! Du pflanzest auf den Hügel seines Grabes erst einen süßen Mandelbaum, auf den unsere Trauer dann die bittere Frucht, wie den Dorn auf der Rose impft. Ich benutze die Muße zu einer Abhandlung über das Poetische im Liberalismus. Bei all dem Jammer bin ich gestern noch ins hiesige freie Reichsstadttheater gegangen; das verzeihst Du mir, oder darf die Liebe zürnen? Man gab den kannegießernden Zinngießer. An einer Stelle wollt ich sehen, ob man wohl mit einiger Hoffnung in Deutschland bleiben könne, sie ist aber richtig so ausgefallen, daß ich die Fluren der Heimath um so lieber verlasse. Vor einigen Tagen war hier nämlich eine so entsetzliche Revolution, daß Herr v. Bellinghausen schon mit der Mainzer Besatzung gedroht hatte. Du weißt, daß in Deutschland die meisten Thorflügel in stetigem Parallelismus mit dem Auf- und Unglückliches Weib, Deinetwegen werd’ ich katholisch, und begleite Dich auf der Pilgerfahrt zu des Heiligen Grabe. In Andalusiens Thälern, an den Ufern des Genil erhebt sich ein einsamer Felsen, losgerissen von dem nahen Gebirge, der Stein der Liebenden, ein Denkmal treuer und unglücklicher Liebe. Hier sei Deines Ermordeten Ruhestätte, und die Hütte, die uns müde Lebenswaller berge! Du pflanzest auf den Hügel seines Grabes erst einen süßen Mandelbaum, auf den unsere Trauer dann die bittere Frucht, wie den Dorn auf der Rose impft. Ich benutze die Muße zu einer Abhandlung über das Poetische im Liberalismus. Bei all dem Jammer bin ich gestern noch ins hiesige freie Reichsstadttheater gegangen; das verzeihst Du mir, oder darf die Liebe zürnen? Man gab den kannegießernden Zinngießer. An einer Stelle wollt ich sehen, ob man wohl mit einiger Hoffnung in Deutschland bleiben könne, sie ist aber richtig so ausgefallen, daß ich die Fluren der Heimath um so lieber verlasse. Vor einigen Tagen war hier nämlich eine so entsetzliche Revolution, daß Herr v. Bellinghausen schon mit der Mainzer Besatzung gedroht hatte. Du weißt, daß in Deutschland die meisten Thorflügel in stetigem Parallelismus mit dem Auf- und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0059" n="46"/> <p> Unglückliches Weib, Deinetwegen werd’ ich katholisch, und begleite Dich auf der Pilgerfahrt zu des Heiligen Grabe.</p> <p>In Andalusiens Thälern, an den Ufern des <ref xml:id="TEXTGenil" target="BrN4E.htm#ERLGenil">Genil</ref> erhebt sich ein einsamer Felsen, losgerissen von dem nahen Gebirge, der Stein der Liebenden, ein Denkmal treuer und unglücklicher Liebe. Hier sei Deines Ermordeten <ref xml:id="TEXTRuhestaette" target="BrN4E.htm#ERLRuhestaette">Ruhestätte</ref>, und die Hütte, die uns müde Lebenswaller berge! Du pflanzest auf den Hügel seines Grabes erst einen süßen Mandelbaum, auf den unsere Trauer dann die bittere Frucht, wie den Dorn auf der Rose impft. Ich benutze die Muße zu einer Abhandlung über das Poetische im Liberalismus.</p> <p>Bei all dem Jammer bin ich gestern noch ins hiesige freie Reichsstadttheater gegangen; das verzeihst Du mir, oder darf die Liebe zürnen? <ref xml:id="TEXTMangabdenBISZinngiesser" target="BrN4E.htm#ERLMangabdenBISZinngiesser">Man gab den kannegießernden Zinngießer.</ref> An einer Stelle wollt ich sehen, ob man wohl mit einiger Hoffnung in Deutschland bleiben könne, sie ist aber richtig so ausgefallen, daß ich die Fluren der Heimath um so lieber verlasse.</p> <p> <ref xml:id="TEXTVoreinigenBISabzusperren" target="BrN4E.htm#ERLVoreinigenBISabzusperren">Vor einigen Tagen war hier nämlich eine so entsetzliche Revolution, daß Herr v. Bellinghausen schon mit der Mainzer Besatzung gedroht hatte. Du weißt, daß in Deutschland die meisten Thorflügel in stetigem Parallelismus mit dem Auf- und </ref> </p> </div> </body> </text> </TEI> [46/0059]
Unglückliches Weib, Deinetwegen werd’ ich katholisch, und begleite Dich auf der Pilgerfahrt zu des Heiligen Grabe.
In Andalusiens Thälern, an den Ufern des Genil erhebt sich ein einsamer Felsen, losgerissen von dem nahen Gebirge, der Stein der Liebenden, ein Denkmal treuer und unglücklicher Liebe. Hier sei Deines Ermordeten Ruhestätte, und die Hütte, die uns müde Lebenswaller berge! Du pflanzest auf den Hügel seines Grabes erst einen süßen Mandelbaum, auf den unsere Trauer dann die bittere Frucht, wie den Dorn auf der Rose impft. Ich benutze die Muße zu einer Abhandlung über das Poetische im Liberalismus.
Bei all dem Jammer bin ich gestern noch ins hiesige freie Reichsstadttheater gegangen; das verzeihst Du mir, oder darf die Liebe zürnen? Man gab den kannegießernden Zinngießer. An einer Stelle wollt ich sehen, ob man wohl mit einiger Hoffnung in Deutschland bleiben könne, sie ist aber richtig so ausgefallen, daß ich die Fluren der Heimath um so lieber verlasse.
Vor einigen Tagen war hier nämlich eine so entsetzliche Revolution, daß Herr v. Bellinghausen schon mit der Mainzer Besatzung gedroht hatte. Du weißt, daß in Deutschland die meisten Thorflügel in stetigem Parallelismus mit dem Auf- und
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