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[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

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standen, was Börne darunter meinte, wenn er sagt: der hat das Ziel erreicht, der da ankommt, von wo er ausgegangen ist. Wenn wir einmal 1900 schreiben werden, so müßten wir die Uhr der Zeiten um hundert Jahre zurückstellen, aber die Uebereinkunft darüber muß allgemein sein. Jetzt stehen die Versuche der Fürsten und Regierungen in dieser Art noch zu isolirt, und finden beim Volke nicht die bereitwilligste Theilnahme.

Nicht ohne poetische Kraft und mit höchst blendendem Farbenschmuck schilderst Du mir Deinen Aufenthalt auf dem St. Bernhard, auf dessen Wipfeln Du in dem Hospiz der menschenfreundlichen Klosterbrüder so liebevolle Aufnahme fandest. Die Zelle, wo Du schliefst, ging nach den Gräbern des verschneiten Kirchhofes hinaus, der auf Erden seines Gleichen sucht. Auch mich wolltest Du dort unter den müden Schläfern treffen, und nur, weil ich Dir so lange nicht geschrieben, hast Du die ungeheure Reise gemacht. So viel habe ich daraus gelernt--so führt der erkannte Irrthum immer zur verfehlten und noch zu einer neuen Wahrheit--daß ich dort auf jenem kosmopolitischen Höhepunkte einst am liebsten ruhen möchte. Die Gebeine welcher Menschen lägen dort neben mir! Pilger, müde Wanderer, die vielleicht nicht mehr besaßen, als den Stab, auf den sie sich stützten,

standen, was Börne darunter meinte, wenn er sagt: der hat das Ziel erreicht, der da ankommt, von wo er ausgegangen ist. Wenn wir einmal 1900 schreiben werden, so müßten wir die Uhr der Zeiten um hundert Jahre zurückstellen, aber die Uebereinkunft darüber muß allgemein sein. Jetzt stehen die Versuche der Fürsten und Regierungen in dieser Art noch zu isolirt, und finden beim Volke nicht die bereitwilligste Theilnahme.

Nicht ohne poetische Kraft und mit höchst blendendem Farbenschmuck schilderst Du mir Deinen Aufenthalt auf dem St. Bernhard, auf dessen Wipfeln Du in dem Hospiz der menschenfreundlichen Klosterbrüder so liebevolle Aufnahme fandest. Die Zelle, wo Du schliefst, ging nach den Gräbern des verschneiten Kirchhofes hinaus, der auf Erden seines Gleichen sucht. Auch mich wolltest Du dort unter den müden Schläfern treffen, und nur, weil ich Dir so lange nicht geschrieben, hast Du die ungeheure Reise gemacht. So viel habe ich daraus gelernt—so führt der erkannte Irrthum immer zur verfehlten und noch zu einer neuen Wahrheit—daß ich dort auf jenem kosmopolitischen Höhepunkte einst am liebsten ruhen möchte. Die Gebeine welcher Menschen lägen dort neben mir! Pilger, müde Wanderer, die vielleicht nicht mehr besaßen, als den Stab, auf den sie sich stützten,

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[77/0090] standen, was Börne darunter meinte, wenn er sagt: der hat das Ziel erreicht, der da ankommt, von wo er ausgegangen ist. Wenn wir einmal 1900 schreiben werden, so müßten wir die Uhr der Zeiten um hundert Jahre zurückstellen, aber die Uebereinkunft darüber muß allgemein sein. Jetzt stehen die Versuche der Fürsten und Regierungen in dieser Art noch zu isolirt, und finden beim Volke nicht die bereitwilligste Theilnahme. Nicht ohne poetische Kraft und mit höchst blendendem Farbenschmuck schilderst Du mir Deinen Aufenthalt auf dem St. Bernhard, auf dessen Wipfeln Du in dem Hospiz der menschenfreundlichen Klosterbrüder so liebevolle Aufnahme fandest. Die Zelle, wo Du schliefst, ging nach den Gräbern des verschneiten Kirchhofes hinaus, der auf Erden seines Gleichen sucht. Auch mich wolltest Du dort unter den müden Schläfern treffen, und nur, weil ich Dir so lange nicht geschrieben, hast Du die ungeheure Reise gemacht. So viel habe ich daraus gelernt—so führt der erkannte Irrthum immer zur verfehlten und noch zu einer neuen Wahrheit—daß ich dort auf jenem kosmopolitischen Höhepunkte einst am liebsten ruhen möchte. Die Gebeine welcher Menschen lägen dort neben mir! Pilger, müde Wanderer, die vielleicht nicht mehr besaßen, als den Stab, auf den sie sich stützten,

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  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
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Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/90>, abgerufen am 24.11.2024.