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Gutzkow, Karl: Brief an Daniel Sanders. Dresden, 25. August 1856. [Abschrift von Heinrich Hubert Houben]

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Geehrter Herr,

schon seit Jahr u. Tag hab' ich eine Verschuldung ge-
gen Sie auf dem Herzen.

Dr. Wolfsohn gab mir eines Tages ein Blättchen, auf dem
Sie eine sehr treffliche Bemerkung über die nothwendige Umstellung in
einem goethischen Gedicht gemacht haben. Ich freute mich es in meinem
Journal abdrucken zu lassen und schäme mich um zu gestehen, ich habe es
verloren.

Ich bin sonst von der größten Gewissenhaftigkeit im Aufbewahren der
mir anvertrauten Manuscripte und mit diesen muß ich das unange-
nehme Begegniß haben!

Nun quält mich schon lange der Gedanke: Was werden Sie von
mir halten? Wie werden Sie sich das Ausbleiben der Benutzung
einer so wertvollen Mittheilung erklären?

Endlich kann ich nicht länger widerstehen. Ich schreibe Ihnen lieber
und gebe Ihnen das offene Geständniß mit Hinzufügung der Bitte, mir
jene Entdeckung noch einmal zu notieren.

Arbeiten Sie an Ihrem großen Werke? Oder welcher andre Gegen-
stand nimmt Ihre Muße in Anspruch? Findet sich nicht einmal eine
geeignete Mittheilung für meine Unterhaltungen? Ich verspreche sie
besser zu wahren, als ich mir mit den fFrüheren habe zu Schulden
kommen lassen.

Ich grüße Sie herzlich und bin hochachtungsvoll und ganz ergebenst
der Ihrige
Gutzkow
(Im Besitz von Sanders' Pflegesohn Alexander Koner, Strelitz in Mecklenburg)
Geehrter Herr,

schon seit Jahr u. Tag hab’ ich eine Verschuldung ge-
gen Sie auf dem Herzen.

Dr. Wolfsohn gab mir eines Tages ein Blättchen, auf dem
Sie eine sehr treffliche Bemerkung über die nothwendige Umstellung in
einem goethischen Gedicht gemacht haben. Ich freute mich es in meinem
Journal abdrucken zu lassen und schäme mich um zu gestehen, ich habe es
verloren.

Ich bin sonst von der größten Gewissenhaftigkeit im Aufbewahren der
mir anvertrauten Manuscripte und mit diesen muß ich das unange-
nehme Begegniß haben!

Nun quält mich schon lange der Gedanke: Was werden Sie von
mir halten? Wie werden Sie sich das Ausbleiben der Benutzung
einer so wertvollen Mittheilung erklären?

Endlich kann ich nicht länger widerstehen. Ich schreibe Ihnen lieber
und gebe Ihnen das offene Geständniß mit Hinzufügung der Bitte, mir
jene Entdeckung noch einmal zu notieren.

Arbeiten Sie an Ihrem großen Werke? Oder welcher andre Gegen-
stand nim̃t Ihre Muße in Anspruch? Findet sich nicht einmal eine
geeignete Mittheilung für meine Unterhaltungen? Ich verspreche sie
besser zu wahren, als ich mir mit den fFrüheren habe zu Schulden
kom̃en lassen.

Ich grüße Sie herzlich und bin hochachtungsvoll und ganz ergebenst
der Ihrige
Gutzkow
(Im Besitz von Sanders‘ Pflegesohn Alexander Koner, Strelitz in Mecklenburg)
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[[1r]/0001] Gutzkow an Daniel Sanders. Geehrter Herr, schon seit Jahr u. Tag hab’ ich eine Verschuldung ge- gen Sie auf dem Herzen. Dr. Wolfsohn gab mir eines Tages ein Blättchen, auf dem Sie eine sehr treffliche Bemerkung über die nothwendige Umstellung in einem goethischen Gedicht gemacht haben. Ich freute mich es in meinem Journal abdrucken zu lassen und schäme mich um zu gestehen, ich habe es verloren. Ich bin sonst von der größten Gewissenhaftigkeit im Aufbewahren der mir anvertrauten Manuscripte und mit diesen muß ich das unange- nehme Begegniß haben! Nun quält mich schon lange der Gedanke: Was werden Sie von mir halten? Wie werden Sie sich das Ausbleiben der Benutzung einer so wertvollen Mittheilung erklären? Endlich kann ich nicht länger widerstehen. Ich schreibe Ihnen lieber u. gebe Ihnen das offene Geständniß mit Hinzufügung der Bitte, mir jene Entdeckung noch einmal zu notieren. Arbeiten Sie an Ihrem großen Werke? Oder welcher andre Gegen- stand nim̃t Ihre Muße in Anspruch? Findet sich nicht einmal eine geeignete Mittheilung für meine Unterhaltungen? Ich verspreche sie besser zu wahren, als ich mir mit den Früheren habe zu Schulden kom̃en lassen. Ich grüße Sie herzlich u. bin hochachtungsvoll u. ganz ergebenst der Ihrige Gutzkow Dresden, 25. Aug. 56. (Im Bes. v. S.’s Pflegesohn Alxdr. Koner, Strelitz i. Me.)

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Brief an Daniel Sanders. Dresden, 25. August 1856. [Abschrift von Heinrich Hubert Houben], S. [1r]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_sanders_1856/1>, abgerufen am 21.11.2024.