Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Ihren Ahnen schuldig! Auch könnten Sie 'mal eine reiche Erbschaft kriegen, und wenn Sie nicht mehr Ehlerdt, sondern Elert heißen wollten, bekämen Sie sie gar nicht -!

Der Spaß machte Raimund lachen. Er faltete die Correctur zusammen, bestellte für die leeren anderthalb Spalten eine Stelle aus einer Broschüre, die er vom Bücherbord nahm, und entließ den Jungen. Das Blatt war ihm eine Last geworden. Es hinderte ihn in seiner freien Bewegung, wie er auch Mahlo sagte, der sich dem Druckerjungen anschließen wollte und den Freund noch auf dem Eisenbahnperron zu sehen hoffte. Sein schnelles Verschwindenwollen war Raimund verdächtig. Er hatte gewiß etwas annectirt, was Raimund später vermißte. Doch war er wie der Löwe, der nicht immer in der Laune ist, sich auf den Sprung zu stellen.

Im Begriff, ebenfalls auszugehen, noch für seine Reise nach Leipzig auf den Congreß einige Anordnungen zu treffen und sich zu erkundigen, wie weit die Verhandlungen des Strikecomites mit Wolny vorgeschritten seien, hörte er auf dem Vorplatz reden. Wetter! sagte er vor sich hin, ist das nicht meine Schwester? Sie will mir wohl die Leviten lesen -! Und dabei hatte er eine Mahnung des Gewissens an seine Stellung zur Fabrik, aber nicht im Geringsten an die Scene mit Helene Althing. Diese hatte doch mit einem empörten:

Ihren Ahnen schuldig! Auch könnten Sie ’mal eine reiche Erbschaft kriegen, und wenn Sie nicht mehr Ehlerdt, sondern Elert heißen wollten, bekämen Sie sie gar nicht –!

Der Spaß machte Raimund lachen. Er faltete die Correctur zusammen, bestellte für die leeren anderthalb Spalten eine Stelle aus einer Broschüre, die er vom Bücherbord nahm, und entließ den Jungen. Das Blatt war ihm eine Last geworden. Es hinderte ihn in seiner freien Bewegung, wie er auch Mahlo sagte, der sich dem Druckerjungen anschließen wollte und den Freund noch auf dem Eisenbahnperron zu sehen hoffte. Sein schnelles Verschwindenwollen war Raimund verdächtig. Er hatte gewiß etwas annectirt, was Raimund später vermißte. Doch war er wie der Löwe, der nicht immer in der Laune ist, sich auf den Sprung zu stellen.

Im Begriff, ebenfalls auszugehen, noch für seine Reise nach Leipzig auf den Congreß einige Anordnungen zu treffen und sich zu erkundigen, wie weit die Verhandlungen des Strikecomités mit Wolny vorgeschritten seien, hörte er auf dem Vorplatz reden. Wetter! sagte er vor sich hin, ist das nicht meine Schwester? Sie will mir wohl die Leviten lesen –! Und dabei hatte er eine Mahnung des Gewissens an seine Stellung zur Fabrik, aber nicht im Geringsten an die Scene mit Helene Althing. Diese hatte doch mit einem empörten:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0168" n="162"/>
Ihren Ahnen schuldig! Auch könnten Sie &#x2019;mal eine reiche Erbschaft kriegen, und wenn Sie nicht mehr Ehlerdt, sondern Elert heißen wollten, bekämen Sie sie gar nicht &#x2013;! </p>
        <p>Der Spaß machte Raimund lachen. Er faltete die Correctur zusammen, bestellte für die leeren anderthalb Spalten eine Stelle aus einer Broschüre, die er vom Bücherbord nahm, und entließ den Jungen. Das Blatt war ihm eine Last geworden. Es hinderte ihn in seiner freien Bewegung, wie er auch Mahlo sagte, der sich dem Druckerjungen anschließen wollte und den Freund noch auf dem Eisenbahnperron zu sehen hoffte. Sein schnelles Verschwindenwollen war Raimund verdächtig. Er hatte gewiß etwas annectirt, was Raimund später vermißte. Doch war er wie der Löwe, der nicht immer in der Laune ist, sich auf den Sprung zu stellen. </p>
        <p>Im Begriff, ebenfalls auszugehen, noch für seine Reise nach Leipzig auf den Congreß einige Anordnungen zu treffen und sich zu erkundigen, wie weit die Verhandlungen des Strikecomités mit Wolny vorgeschritten seien, hörte er auf dem Vorplatz reden. Wetter! sagte er vor sich hin, ist das nicht meine Schwester? Sie will mir wohl die Leviten lesen &#x2013;! Und dabei hatte er eine Mahnung des Gewissens an seine Stellung zur Fabrik, aber nicht im Geringsten an die Scene mit Helene Althing. Diese hatte doch mit einem empörten:
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[162/0168] Ihren Ahnen schuldig! Auch könnten Sie ’mal eine reiche Erbschaft kriegen, und wenn Sie nicht mehr Ehlerdt, sondern Elert heißen wollten, bekämen Sie sie gar nicht –! Der Spaß machte Raimund lachen. Er faltete die Correctur zusammen, bestellte für die leeren anderthalb Spalten eine Stelle aus einer Broschüre, die er vom Bücherbord nahm, und entließ den Jungen. Das Blatt war ihm eine Last geworden. Es hinderte ihn in seiner freien Bewegung, wie er auch Mahlo sagte, der sich dem Druckerjungen anschließen wollte und den Freund noch auf dem Eisenbahnperron zu sehen hoffte. Sein schnelles Verschwindenwollen war Raimund verdächtig. Er hatte gewiß etwas annectirt, was Raimund später vermißte. Doch war er wie der Löwe, der nicht immer in der Laune ist, sich auf den Sprung zu stellen. Im Begriff, ebenfalls auszugehen, noch für seine Reise nach Leipzig auf den Congreß einige Anordnungen zu treffen und sich zu erkundigen, wie weit die Verhandlungen des Strikecomités mit Wolny vorgeschritten seien, hörte er auf dem Vorplatz reden. Wetter! sagte er vor sich hin, ist das nicht meine Schwester? Sie will mir wohl die Leviten lesen –! Und dabei hatte er eine Mahnung des Gewissens an seine Stellung zur Fabrik, aber nicht im Geringsten an die Scene mit Helene Althing. Diese hatte doch mit einem empörten:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T12:27:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T12:27:44Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-1<a>) (2013-07-01T14:33:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/168
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/168>, abgerufen am 24.11.2024.