Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.hieß es. Meinem Lächeln wurde Befremden entgegengesetzt. Erst als ich sagte: Ich käme als Bote auf ein Billet, das Frau Marloff geschrieben, wurde meine Meldung zum dritten, vierten Male ausgerichtet und nach einiger Zeit angenommen. Es war wohl nur, um Zeit zu gewinnen, Toilette zu machen! sagte Graf Udo gespannt. Möglich! Denn ich mußte denn doch eine Ewigkeit in einem fast dunkeln Vorzimmer warten - Oder sie hatte Besuch - Alles, Alles war möglich. Ich weiß es nicht. Die Einrichtung fand ich in hohem Grade elegant. Seidne Vorhänge, die Möbel, die Teppiche, die Bilderrahmen, Alles gehörte ohne Zweifel den Anordnungen Deines Oheims an -! Auch ein Schachbrett fehlte nicht, und es schien, als wäre eben erst darauf gespielt worden. Graf Udo war denn doch gerührt. Sein guter, geistvoller Onkel, der ihn so innig liebte, der sein Leben für ihn in die Schanze schlug, war ein leidenschaftlicher Schachspieler. Er wußte das. Nun sah er ihn hier in den geheimnißvollen Abendstunden mit einem zweifelhaften Wesen bei seinem Lieblingsspiel - Auf dem Tisch lagen sogar Bücher! Die Gedichte der Ada Christen ergriff ich zuerst! Ein College hieß es. Meinem Lächeln wurde Befremden entgegengesetzt. Erst als ich sagte: Ich käme als Bote auf ein Billet, das Frau Marloff geschrieben, wurde meine Meldung zum dritten, vierten Male ausgerichtet und nach einiger Zeit angenommen. Es war wohl nur, um Zeit zu gewinnen, Toilette zu machen! sagte Graf Udo gespannt. Möglich! Denn ich mußte denn doch eine Ewigkeit in einem fast dunkeln Vorzimmer warten – Oder sie hatte Besuch – Alles, Alles war möglich. Ich weiß es nicht. Die Einrichtung fand ich in hohem Grade elegant. Seidne Vorhänge, die Möbel, die Teppiche, die Bilderrahmen, Alles gehörte ohne Zweifel den Anordnungen Deines Oheims an –! Auch ein Schachbrett fehlte nicht, und es schien, als wäre eben erst darauf gespielt worden. Graf Udo war denn doch gerührt. Sein guter, geistvoller Onkel, der ihn so innig liebte, der sein Leben für ihn in die Schanze schlug, war ein leidenschaftlicher Schachspieler. Er wußte das. Nun sah er ihn hier in den geheimnißvollen Abendstunden mit einem zweifelhaften Wesen bei seinem Lieblingsspiel – Auf dem Tisch lagen sogar Bücher! Die Gedichte der Ada Christen ergriff ich zuerst! Ein College <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0194" n="188"/> hieß es. Meinem Lächeln wurde Befremden entgegengesetzt. Erst als ich sagte: Ich käme als Bote auf ein Billet, das Frau Marloff geschrieben, wurde meine Meldung zum dritten, vierten Male ausgerichtet und nach einiger Zeit angenommen. </p> <p>Es war wohl nur, um Zeit zu gewinnen, Toilette zu machen! sagte Graf Udo gespannt. </p> <p>Möglich! Denn ich mußte denn doch eine Ewigkeit in einem fast dunkeln Vorzimmer warten –</p> <p>Oder sie hatte Besuch –</p> <p>Alles, Alles war möglich. Ich weiß es nicht. Die Einrichtung fand ich in hohem Grade elegant. Seidne Vorhänge, die Möbel, die Teppiche, die Bilderrahmen, Alles gehörte ohne Zweifel den Anordnungen Deines Oheims an –! Auch ein Schachbrett fehlte nicht, und es schien, als wäre eben erst darauf gespielt worden. </p> <p>Graf Udo war denn doch gerührt. Sein guter, geistvoller Onkel, der ihn so innig liebte, der sein Leben für ihn in die Schanze schlug, war ein leidenschaftlicher Schachspieler. Er wußte das. Nun sah er ihn hier in den geheimnißvollen Abendstunden mit einem zweifelhaften Wesen bei seinem Lieblingsspiel –</p> <p>Auf dem Tisch lagen sogar Bücher! Die Gedichte der <ref xml:id="TEXTAdaChristen" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLAdaChristen">Ada Christen</ref> ergriff ich zuerst! Ein College </p> </div> </body> </text> </TEI> [188/0194]
hieß es. Meinem Lächeln wurde Befremden entgegengesetzt. Erst als ich sagte: Ich käme als Bote auf ein Billet, das Frau Marloff geschrieben, wurde meine Meldung zum dritten, vierten Male ausgerichtet und nach einiger Zeit angenommen.
Es war wohl nur, um Zeit zu gewinnen, Toilette zu machen! sagte Graf Udo gespannt.
Möglich! Denn ich mußte denn doch eine Ewigkeit in einem fast dunkeln Vorzimmer warten –
Oder sie hatte Besuch –
Alles, Alles war möglich. Ich weiß es nicht. Die Einrichtung fand ich in hohem Grade elegant. Seidne Vorhänge, die Möbel, die Teppiche, die Bilderrahmen, Alles gehörte ohne Zweifel den Anordnungen Deines Oheims an –! Auch ein Schachbrett fehlte nicht, und es schien, als wäre eben erst darauf gespielt worden.
Graf Udo war denn doch gerührt. Sein guter, geistvoller Onkel, der ihn so innig liebte, der sein Leben für ihn in die Schanze schlug, war ein leidenschaftlicher Schachspieler. Er wußte das. Nun sah er ihn hier in den geheimnißvollen Abendstunden mit einem zweifelhaften Wesen bei seinem Lieblingsspiel –
Auf dem Tisch lagen sogar Bücher! Die Gedichte der Ada Christen ergriff ich zuerst! Ein College
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/194 |
Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/194>, abgerufen am 16.02.2025. |